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Kreml: Verhaltene Reaktionen auf den "Ukraine-Gipfel"

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Der Kreml zeigt sich grundsätzlich offen für einen Gipfel von Russlands Präsident Wladimir Putin mit US-Präsident Joe Biden inmitten der schweren Spannungen um die Ukraine, dämpft aber zugleich die Erwartungen.

Die russische Armee tötete nach eigenen Angaben fünf aus der Ukraine kommende "Saboteure" auf russischem Boden. Russische Nachrichtenagenturen meldeten am Montag unter Berufung auf die Armee, die "fünf Personen" hätten die russische Grenze verletzt und seien "eliminiert" worden. Zudem hätten bei dem Vorfall in der Früh in der Region von Rostow zwei ukrainische Militärfahrzeuge versucht, die Grenze zu überqueren. Die Ukraine dementierte die Darstellung. Es handle sich um Fake News, Ukrainer seien nicht in Rostow präsent. "Wir können sie nicht daran hindern, Falschnachrichten zu produzieren - aber wir betonen immer, dass wir nicht auf zivile Infrastruktur schießen oder auf Gebiet in der Region Rostow oder was auch immer", sagte der ukrainische Militärsprecher Pawlo Kowaltschuk.

Grundsätzlich seien Gespräche aber möglich - sowohl am Telefon als auch persönlich, sagte Peskow. "Es gibt soweit keine konkreten Pläne dazu." Die Initiative für den Gipfel ging vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron aus, der am Sonntag zweimal Putin und einmal mit Biden telefoniert hatte. Biden stimmte nach Angaben des Weißen Hauses "im Prinzip" einem Treffen bereits zu. Die Ukraine will ebenfalls teilnehmen. "Niemand kann unser Problem ohne uns lösen", sagt der Chef des Obersten Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, Oleksij Danilow. "Alles sollte mit unserer Beteiligung geschehen."

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Rahmenbedingungen aus Frankreich

Das Treffen "kann nur stattfinden, wenn Russland nicht in die Ukraine einmarschiert", hieß es am Sonntagabend aus dem Elysee-Palast. Das Treffen zwischen den Präsidenten der USA und Russlands soll von den jeweiligen Außenministern, Antony Blinken und Sergej Lawrow, bei ihrem Treffen diese Woche in Genf (nach verschiedenen Angaben Mittwoch oder Donnerstag, Anm.) vorbereitet werden. Der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian berät mit Lawrow noch am Montag, teilte Le Drian per Twitter mit.

Europäische Bemühungen

Auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will erneut mit Putin telefonieren. Das Gespräch werde am späteren Nachmittag stattfinden, kündigte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit am Montag in Berlin an. Bereits zuvor telefonierte Scholz mit Bundeskanzler Karl Nehammer, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und OSZE-Generalsekretärin Helga Schmid. Nehammer erklärte anschließend: "Die Situation ist brandgefährlich."

Am Wochenende hatte das Außenministerium eine Reisewarnung für die Ukraine verhängt und Österreicher in der Ukraine zur Ausreise aufgerufen. Derzeit sind rund 180 österreichische Staatsbürger in der Ukraine registriert.

Nehammer wird mit den Parlamentsklubs zu einem Sicherheitsbriefing mit den Nachrichtendiensten zusammentreffen. Darüber hinaus findet am Montagnachmittag eine Sondersitzung des Ständigen Rates der OSZE in Wien. Für Österreich nimmt der Generalsekretär des Außenministeriums, Botschafter Peter Launsky-Tieffenthal, an der Sitzung teil.

Die britische Außenministerin Liz Truss hält eine russische Invasion der Ukraine nach wie vor für sehr wahrscheinlich. Die diplomatischen Bemühungen müssten aber weitergehen. Großbritannien und seine Verbündeten verstärkten ihre Vorbereitungen auf das schlimmste Szenario, schreibt Truss auf Twitter nach Beratungen mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

Der mögliche Angriff

Russland hat nach westlichen Angaben etwa 150.000 Soldaten an der Grenze zum Nachbarland Ukraine zusammengezogen. Befürchtet wird ein Angriff. Das streitet Moskau seit Wochen vehement ab.

Separatistengebiete unter Spannung 

In den vergangenen Tagen hatte sich die Lage in den Gebieten Donezk und Luhansk zugespitzt. Internationale Beobachter hatten zuletzt von einer massiven Zunahme von Verstößen gegen einen geltenden Waffenstillstand gesprochen. Die Aufständischen sprachen am Montag von mindestens zwei Toten und neuen Gefechten. Die ukrainische Armee sprach am Samstag von zwei getöteten Soldaten. In den ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk unweit der russischen Grenze kämpfen seit 2014 vom Westen ausgerüstete Regierungstruppen gegen von Russland unterstützte Separatisten. Nach Schätzungen der Vereinten Nationen wurden bereits mehr als 14.000 Menschen getötet.

In Donezk rief Separatistenführer Denis Puschilin alle Männer zu den Waffen, um gegen ukrainische Regierungstruppen zu kämpfen. Die Ukraine hatte immer wieder betont, keine Offensive gegen die prorussischen Separatisten zu planen. Puschilin wiederum sprach von massivem Beschuss von ukrainischer Seite. Überprüfbar waren diese Angaben nicht. In Donezk seien zwei Schulen, ein Krankenhaus und ein Umspannwerk getroffen worden, teilten die Behörden dort mit.

Eine vom ukrainischem Territorium aus abgeschossene Granate zerstörte nach Darstellung des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB einen Grenzposten in der russischen Region Rostow. Es sei aber niemand verletzt oder getötet worden. Der Vorfall habe sich 150 Meter von der Grenze entfernt ereignet, berichtet die russische Nachrichtenagentur Interfax unter Berufung auf den FSB.

Die Separatisten hatten die Bevölkerung angesichts des Konflikts zwischen Moskau und Kiew zur Flucht nach Russland aufgerufen. Nach russischen Angaben sind inzwischen mehr als 61.000 Menschen dorthin ausgereist, teilte das Zivilschutzministerium mit.

Termin des nationalen Sicherheitsrat

Putin wollte sich am Montag an den nationalen Sicherheitsrat wenden, wie Präsidialamtssprecher Peskow ankündigte. Die Lage im Donbass sei "extrem angespannt". Auf die Frage, ob Russland direkt im Donbass eingreifen werde, sollten die dortigen prorussischen Separatisten darum bitten, gab Peskow keine Antwort. Im Westen wird befürchtet, dass Moskau eine solche Bitte als Vorwand nehmen könnte.

Neue Truppen an der Grenz

Neu aufgenommene Satellitenbilder zeigen neue militärische Aktivitäten in Russland in der Nähe der Grenze zur Ukraine. Das in den USA ansässige Unternehmen Maxar Technologies meldete die Stationierung weiterer Truppen und Panzerausrüstung an mehreren Orten entlang des Grenzverlaufs. Die neue Aktivität stelle eine Änderung in der Struktur der zuvor beobachteten Stationierung von russischen Kampfeinheiten dar, hieß es.

Der US-Regierung liegen Medienberichten zufolge zudem Geheimdienstinformationen vor, wonach Moskau seinem Militär an der Grenze zur Ukraine den Befehl gegeben haben soll, mit Einmarschplänen fortzufahren. Diese Information von voriger Woche soll US-Präsident Biden am Freitag zu der Aussage veranlasst haben, dass Putin die Entscheidung zum Angriff getroffen habe, berichteten "New York Times" und der Sender CBS am Sonntag unter Berufung auf Beamte. Der Befehl bedeute aber nicht, dass eine Invasion sicher sei, da Putin seine Meinung immer noch ändern könne.

US-Präsident Biden war am Sonntag nach Angaben des Weißen Hauses mit seinem Nationalen Sicherheitsrat zusammengekommen. Es seien die jüngsten Entwicklungen im Zusammenhang mit Russlands militärischer Aufrüstung an der Grenze zur Ukraine erörtert worden, hieß es. Weitere Angaben zu der Sitzung machte das Weiße Haus nicht.

Sanktionspaket in Planung

Zugleich bereitet die US-Regierung Insidern zufolge aber ein erstes Sanktionspaket gegen Russland vor, das auf den Bankensektor abzielt. Vorgesehen sei unter anderem, US-Finanzinstituten die Abwicklung von Transaktionen für große russische Banken zu verbieten, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit der Angelegenheit vertrauten Personen. Ziel der Maßnahmen sei es, der russischen Wirtschaft zu schaden. Die Sanktionen sollen den Angaben zufolge nur im Falle einer russischen Invasion der Ukraine umgesetzt werden. Auch EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen drohte, die geplanten Finanzsanktionen seien darauf abgerichtet, dass "Russland im Prinzip abgeschnitten wird von den internationalen Finanzmärkten".

Keine Flüge

Angesichts des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine setzte der Lufthansa-Konzern, zu dem auch die AUA gehört, am Montag seine Flüge in die ukrainischen Städte Kiew und Odessa aus. Die Maßnahme gilt nach Angaben einer Konzernsprecherin zunächst bis Ende des Monats. Die Stadt Lwiw (Lemberg) im Westen des Landes werde weiterhin angeflogen. Zur Lufthansa-Gruppe gehören neben der Austrian Airlines, auch die Fluggesellschaften Swiss, Brussels Airlines sowie Eurowings. Auch Air France sagte ihre Flugverbindung von Paris Richtung Kiew und zurück für Dienstag ab.

ribbon Zusammenfassung
  • Im Bemühen um eine Deeskalation in der Ukraine-Krise ist US-Präsident Joe Biden laut Angaben aus Washington "jederzeit" zu einem Treffen mit Russlands Präsident Wladimir Putin bereit.
  • Der Kremlchef und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vereinbarten telefonisch, rasch an einem Waffenstillstand in der Ostukraine zu arbeiten.
  • Noch am Sonntag will Macron mit Biden und Deutschlands Kanzler Olaf Scholz beraten.

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