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Platter mit scharfer Kritik an Kontrollen-Verlängerung

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Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat mit scharfen Worten auf die von Deutschland angekündigte Verlängerung der Grenzkontrollen zu Tirol reagiert. Tirol werde "bewusst an den Pranger gestellt", erklärte Platter in einer Aussendung und wies unter anderem erneut auf den vergleichsweise viel höheren Südafrika-Anteil im deutschen Saarland hin. Zudem sah der Landeshauptmann die Europäische Kommission sowie die österreichische Bundesregierung in der Pflicht.

"Ich erwarte mir, dass die Europäische Kommission und die Österreichische Bundesregierung nun ein Ende dieser ungerechtfertigten Schikane gegen Tirol erwirken und Deutschland diese Kontrollen umgehend beendet", forderte Platter. Die Entscheidung, die Grenzkontrollen zu verlängern, sei "durch nichts rechtfertigbar". Platter wies erneut darauf hin, dass nur mehr 3,5 Prozent aller Covid-Infektionen in Tirol auf die südafrikanische Variante zurückzuführen seien. Bereits vor der deutschen Entscheidung hatte er gegenüber der APA auf die Situation im Saarland Bezug genommen, wo der Südafrika-Anteil bereits über 15 Prozent beträgt und damit viermal Mal so hoch ist wie in Tirol. Auch auf den Verzicht Deutschlands auf strenge Kontrollmaßnahmen zur direkt angrenzenden französischen Region Moselle spielte er an.

Auch die Tiroler Grünen, Koalitionspartner Platters, übten heftige Kritik und sahen vor allem Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) nun in der Pflicht. Dieser müsse bei seinem Besuch in Deutschland am Donnerstag "eine sofortige Aufhebung erreichen", erklärte Klubobmann Gebi Mair. "Es kann nicht sein, dass Deutschland den TirolerInnen ohne nachvollziehbare Begründung die Einreise verwehrt. Hier werden die europäischen Grundrechte einfach außer Kraft gesetzt", so Mair. Dieser "Akt der Willkür" sei nicht länger hinzunehmen", betonte Mair, der sich "mehr Unterstützung von Bundeskanzler Kurz und Europaministerin Karoline Edtstadler" erwartet hätte.

Nicht weniger verärgert zeigte sich Tirols FPÖ-Chef Markus Abwerzger. "Die grenzpolitische Kriegspolitik Deutschlands und Bayerns gegenüber Tirol ist ein europäischer Skandal", fuhr der FPÖ-Obmann schwere Geschütze auf. "Der bayerische Löwe zerfetzt den Tiroler Adler, und beide schauen tatenlos zu", sagte Abwerzger in Richtung Bundeskanzler Kurz und Landeshauptmann Platter.

Mit "vollkommenem Unverständnis" reagierte NEOS-Klubobmann Dominik Oberhofer auf die Entscheidung Deutschlands. Dass durch die strengen Kontrollen tausende Menschen in Tirol und Bayern leiden würden, sei Fakt. Der pinke Klubobmann wartete zudem mit einem ihm zugetragenen Fall auf: "Ein Tiroler kann die Sachwalterschaft seiner kranken Tante, die in einem bayrischen Hospiz liegt, nicht wahrnehmen, da es selbst für ihn keine Ausnahmeregelung für einen Grenzübertritt gibt". Familien müssten endlich als systemrelevant angesehen werden, damit zumindest eine Ausnahmeregelung geschaffen werden könne.

Deutschland hatte am Mittwoch angekündigt, seine stationären Kontrollen an der Grenze zu Tirol sowie zu Tschechien um weitere zwei Wochen zu verlängern. "Wir haben die Hoffnung, dass wir die Kontrollen zu Österreich etwas früher beenden können, vielleicht sogar noch im Lauf des März", sagte der deutsche Innenminister Horst Seehofer in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Am Donnerstag trifft Seehofer Kurz in Berlin. "Wir werden auch über die Kontrollen reden", sagte dazu Seehofer.

Schwieriger ist die Lage demnach weiterhin an der deutsch-tschechischen Grenze. Seehofer betonte, wegen der extrem hohen Infektionszahlen in Tschechien gebe es dort bisher keine Entspannung. Grundsätzlich verteidigte der Innenminister die Kontrollen. "Ausbruchsorte zu identifizieren und Infektionsketten zu unterbrechen, gehört zu den wichtigsten Reaktionen in einer Pandemie. Das nicht zu tun, führt zu einem bösen Erwachen." Auch sei der Warenverkehr nie gestoppt worden, und auch die Pendler kämen weiter über die Grenze.

"Es ist wirklich keine Zumutung, in einer Pandemie einen Negativtest zu verlangen", sagte Seehofer. Die stationären Kontrollen seien so angelegt, dass es nicht zu nennenswerten Staus komme. "Das sind heute nicht mehr die alten Schlagbaum-Kontrollen, sondern hochintelligente Steuerungsprozesse", hob der Minister hervor.

Bayerns stellvertretender Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hatte sich zuvor für ein Ende der Grenzkontrollen ausgesprochen. Er verwies gegenüber der "Tiroler Tageszeitung" (Mittwoch-Ausgabe) darauf, dass die Grenzregion ein gemeinsamer Wirtschaftsraum sei. "Berlin muss deshalb zumindest die Grenzkontrollen zum 17. März aufheben", forderte er. Diese Botschaft habe er so auch an Ministerpräsident Markus Söder (CSU) weitergegeben.

Zuletzt war die Stimmung zwischen Bayern und Tirol aufgrund der Grenzkontrollen angespannt. Es hatte immer wieder Beschwerden über Schikanen an der bayerisch-tirolerischen Grenze gegeben. Nicht zuletzt verweigerte die bayerische Staatskanzlei Landeshauptmann Platter die Durchfahrt durch Deutschland. Seine berufliche Reise nach Wien zu Bundeskanzler Kurz würde unter "keine der definierten Ausnahmen" fallen, hieß es. Dazu sagte Aiwanger, von Schikanen könne "nicht die Rede sein".

Deutschland hatte Tschechien, die Slowakei und weite Teile Tirols Mitte Februar zu sogenannten Virusvariantengebieten erklärt. Von dort sowie aus anderen Gebieten, in denen ansteckendere und ersten Studien zufolge häufiger schwere Verläufe verursachende Varianten des Coronavirus stark verbreitet sind, dürfen aktuell nur noch Deutsche sowie Ausländer mit Wohnsitz und Aufenthaltserlaubnis in Deutschland einreisen. Ausnahmen gibt es etwa für Lastwagenfahrer und Grenzgänger mit systemrelevanten Berufen. Sie müssen einen negativen Corona-Test vorlegen, der nicht älter als 48 Stunden ist.

ribbon Zusammenfassung
  • Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) hat mit scharfen Worten auf die von Deutschland angekündigte Verlängerung der Grenzkontrollen zu Tirol reagiert.
  • Tirol werde "bewusst an den Pranger gestellt", erklärte Platter in einer Aussendung und wies unter anderem erneut auf den vergleichsweise viel höheren Südafrika-Anteil im deutschen Saarland hin.
  • Schwieriger ist die Lage demnach weiterhin an der deutsch-tschechischen Grenze.

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