APA/HELMUT FOHRINGER

Neuer Früharbeiter-Bonus bringt bis zu 840 Euro pro Jahr

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Die Koalition hat sich am Dienstag auf die Wiedereinführung von Abschlägen bei der "Hacklerregelung" verständigt. Im Gegenzug wird ein Bonus für jene eingeführt, die schon früh, konkret im Alter zwischen 15 und 20 Jahren, zu arbeiten begonnen haben. Dieser kann die Pension um bis zu 840 Euro im Jahr aufwerten. Von der Regierungsmehrheit - plus NEOS - abgeschmettert wurden die Anträge von SPÖ und FPÖ, die auf eine Rettung der "Hacklerpension" abzielten.

Konkret sieht die Regelung, die von den Klubchefs August Wöginger (ÖVP) und Sigrid Mauer (Grüne) in einer Pressekonferenz berichtet wurde, vor, dass man für jeden Monat, den man zwischen 15 und 20 gearbeitet hat, einen Euro auf die Pension dazu bekommt. Allerdings muss man in dieser Periode zwölf Monate beschäftigt gewesen sein und gesamt 25 Jahre Versicherungsbeiträge geleistet haben, um vom "Frühstarterbonus" profitieren zu können.

Damit können jene, die sogar durchgängig gearbeitet haben, bis zu 840 Euro im Jahr lukrieren, wenn man die 13. und 14. Zahlung einrechnet. Kommen wird der Bonus erst 2022, denn bis zum Beginn dieses Jahres läuft wegen des Vertrauensschutzes noch die abschlagsfreie "Hacklerregelung" weiter, wie Wöginger berichtete. Die Langzeitversicherten-Pension bleibt auch nachher bestehen, aber wie bis zum heurigen Jahr mit Abschlägen von 4,2 Prozent.

Für Maurer ist die nun gefundene Lösung das adäquatere Modell. Denn nun würden nicht de facto nur Männer sondern jeweils zur Hälfte beide Geschlechter profitieren können. Die "Hacklerregelung" wird ja erst mit 62 abschlagsfrei und Frauen können schon mit 60 in den Ruhestand. Dementsprechend habe heuer eine einzige Frau bei mehr als 7.000 Männern die abschlagsfreie "Hacklerregelung" in Anspruch genommen. Maurer meint, dass mit dem Bonus ein wichtiger Beitrag zur Bekämpfung der Altersarmut von Frauen gesetzt werde.

Dass die sogenannten "Hackler" nicht die Ärmsten unter den Pensionisten sind, ist seit langem bekannt. Darauf wies auch Wöginger hin, habe der Bezug 2019 - also noch mit Abschlägen - im Schnitt mehr als 2.400 Euro betragen, rund das 2,3-fache einer durchschnittlichen Frauenpension. Daher bringe die neue Regelung einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit. Es sei auch ein Signal an Frauen, die früh zu arbeiten begonnen hätten, etwa Verkäuferinnen, Bürokauffrauen und Friseurinnen.

Kosten wird das Ganze laut Koalition 37 Millionen Euro und damit in etwa so viel wie die abschlagsfreie "Hacklerregelung". Dass der Einmalbetrag dereinst valorisiert wird, wenn dies die Inflation quasi verlangt, sicherte Maurer auf Nachfrage zu. Beschlossen wird die Vorlage am Freitag im Nationalrat.

Nicht viel Federlesens machte Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) im Nationalrat mit der Beantwortung des "Dringlichen Antrags" der SPÖ zur "Hacklerregelung". So sehr sich davor FSG-Chef Rainer Wimmer mit teils wilden Angriffen ins Zeug geworden hatte, so kurz und bündig begründete der ÖVP-Obmann, warum man bei der Langzeitversicherten-Pension wieder Abschläge einführe: "Was ungerecht ist, das gehört repariert."

Wimmer, Chef der Facharbeiter-starken Gewerkschaft pro-ge, griff die Regierung vehement an. Kurz fragte er etwa: "Warum jagen sie die Arbeitnehmer wie Hasen?" ÖVP-Arbeitnehmer-Obmann Wöginger ist für ihn der Bock, der zum Gärtner gemacht wurde: "Du hast die Arbeitnehmer nicht nur einmal bodenlos verraten."

Was Wimmer so in Rage brachte, ist, dass durch die Wiedereinführung der Abschläge sehr viel Geld für die Betroffenen verloren gehe: "4.500 Euro im Jahr, Jahr für Jahr, lebenslang." Dies sei eine Pensionskürzung, die schäbig sei: "Wir werden Widerstand leisten."

Der FSG-Vorsitzende trug dann diverse Aussagen von ÖVP-Arbeitnehmervertretern vor, die sich ebenfalls für den Erhalt der abschlagsfreien Variante eingesetzt hätten. Kurz dagegen mache die Schaumweinsteuer billiger: "Schampus trinken wird billiger gemacht und auf der anderen Seite nehmen sie den Arbeitnehmern das Geld aus der Tasche." In die Pflicht nahm Wimmer auch die Grünen, die ja früher ebenfalls Forderungen für die Arbeitnehmer vertreten hätten.

Die SPÖ-Reihen bejubelten den reschen Vortrag ihres Parteifreunds frenetisch, was Kurz freilich eher belustigte. Beinahe hätte er selbst applaudiert, meinte der Kanzler, habe die Rede doch "wirklich Unterhaltungswert" gehabt. Inhaltlich betonte der VP-Chef, dass unter seiner Kanzlerschaft die Steuerlast vor allem für kleine Einkommen massiv gesenkt worden sei und es höhere Inflationsanpassungen vor allem für Bezieher niedriger Pensionen als bei Kanzlern vor ihm gegeben habe.

Die "Hacklerregelung" jedoch sei ungerecht gegenüber jungen Menschen, gegenüber jenen, die noch vor kurzem mit Abschlägen in Pension gegangen seien und gegenüber Frauen, hätten doch Männer mit ohnehin hohen Pensionen noch etwas dazu bekommen. Daher gehöre diese abschlagsfreie Regelung beendet. Dafür gebe es den Früheinsteiger-Bonus und damit würden sich die Pensionen für die erhöhen, die schon lange gearbeitet und einen überproportionalen Anteil geleistet hätten. Dies sei ein Schritt für mehr Gerechtigkeit, von dem Männer und Frauen gleichermaßen profitieren würden.

Lautstark, mit vielen empörten Zwischenrufen und teils ziemlich angriffig fiel Dienstagnachmittag die Debatte über den Dringlichen Antrag der SPÖ auf Beibehaltung der "Hacklerregelung" aus. Die Klubobleute von ÖVP und Grünen traten an, um den von der Regierung stattdessen vorgesehenen Früharbeiter-Bonus zu rühmen - während SPÖ und FPÖ ihnen vorwarfen, Politik gegen die Arbeiter zu machen.

"Still und heimlich" hätte Türkis-Grün das versucht, ohne Begutachtung und ohne Debatte im Sozialausschuss - aber die SPÖ werde dafür sorgen, "dass die Menschen wissen, wer ihnen diese Pension gestohlen hat", antwortete der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried auf die Ausführungen des Kanzlers. Ex-Sozialminister Alois Stöger sah die Frauen bei der abschlagsfreien Frühpension für Langzeitversicherte nicht benachteiligt, auch wenn diese erst ab dem 60. Lebensjahr gewährt wird. Denn: "Frauen gehen mit 60 abschlagsfrei in Pension."

"Die Hacklerregelung abzuschaffen ist eine Schweinerei", sah der Freiheitliche Peter Wurm "typische" ÖVP- und Grün-Politik: Die Arbeiter zählten nicht zu deren Wählerklientel, "das interessiert euch nicht". Mit dem Frühstarterbonus bekämen die Betroffenen 60 Euro, aber 300 Euro nehme ihnen die Regierung weg.

ribbon Zusammenfassung
  • Die Koalition hat sich am Dienstag auf die Wiedereinführung von Abschlägen bei der "Hacklerregelung" verständigt.
  • Im Gegenzug wird ein Bonus für jene eingeführt, die schon früh, konkret im Alter zwischen 15 und 20 Jahren, zu arbeiten begonnen haben.
  • Dementsprechend habe heuer eine einzige Frau bei mehr als 7.000 Männern die abschlagsfreie "Hacklerregelung" in Anspruch genommen.
  • Daher bringe die neue Regelung einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit.

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