Neue russische Drohnenangriffe gegen Kiew
Angesichts der bereits zuvor gesichteten Drohnenschwärme war laut Behörden in Kiew schon frühzeitig Luftalarm ausgelöst worden. Über eventuelle Schäden oder Opfer der Angriffe lagen zunächst keine Informationen vor.
Das Verteidigungsministeriums in Moskau vermeldete am Sonntag einen Armeevorstoß in das ukrainische Gebiet Dnipropetrowsk. Einheiten der 90. Panzerdivision hätten die westliche Grenze des Donezker Gebiets erreicht und "entwickeln weiter ihre Offensive auf dem Territorium des Gebiets Dnipropetrowsk", teilte das Ministerium mit.
Der ukrainische Generalstab in Kiew widersprach der russischen Darstellung. "Die Information entspricht nicht den Tatsachen", sagte ein Vertreter des Generalstabs im Gespräch mit ukrainischen Medien. "Der Feind ist nicht in die Region Dnipropetrowsk eingedrungen."
Bereits im Mai hatten kremlnahe Blogger berichtet, dass die russischen Truppen die Verwaltungsgrenze des Gebiets Dnipropetrowsk erreicht hätten. Der dortige Militärgouverneur Serhij Lyssak bezeichnete das als Falschnachricht. Der Feind verbreite solche Falschmeldungen, "um den Menschen unserer Region Angst zu machen, Panik zu verbreiten und die Lage zu destabilisieren", sagte er im Mai.
Dagegen meinten unabhängige Kriegsexperten, dass ein Eindringen der Russen in das Gebiet drohe. Für Moskau habe das allerdings eher einen propagandistischen und psychologischen Wert und keinen militärischen Nutzen, weil in dem Gebiet an der Grenze zu Donezk nur Feld sei, hieß es.
Medwedew: Ukraine bekommt neue Realität am Boden
Die Ukraine sei bei den jüngsten direkten Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges gewarnt worden, sagte am Sonntag der Vizechef des russischen nationalen Sicherheitsrates, Dmitri Medwedew. Kiew habe die Wahl gehabt, sich auf den Verlust der vier Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja einzulassen – oder bei einer Fortsetzung der Kämpfe weitere Gebiete zu verlieren.
"Wer die Realität des Krieges nicht anerkennen will bei den Verhandlungen, erhält eine neue Wirklichkeit auf dem Boden", schrieb der Ex-Kremlchef bei Telegram. "Unsere Streitkräfte haben die Offensive im Gebiet Dnipropetrowsk begonnen."
Russland hatte die Ukraine aufgefordert, ihre Truppen aus den nicht von Russland kontrollierten Teilen der vier annektierten Regionen abzuziehen und dann in Friedensverhandlungen zu treten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte einen Verzicht auf Gebiete für einen Friedensschluss mit Russland kategorisch abgelehnt.
In den mehr als drei Jahren des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine wurde die Region Dnipropetrowsk mit der Gebietshauptstadt Dnipro wiederholt Ziel von Luftangriffen.
Selenskyj: Putin will totale Niederlage der Ukraine
Kremlchef Wladimir Putin wiederum ist nach Meinung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nicht an einem Waffenstillstand interessiert. Er strebe vielmehr eine "totale Niederlage" der Ukraine an, sagte Selenskyj in einem Interview des US-Senders ABC. Nur harter Druck der USA und Europas könnten Putin zum Einlenken bewegen.
Selenskyj wies den von US-Präsident Donald Trump aufgestellten Vergleich zurück, der den Ukraine-Krieg als erbitterten Streit zwischen Kleinkindern eingestuft hatte. "Wir sind mit Putin keine Kinder auf dem Spielplatz im Park", betonten Selenskyj. "Daher sage ich, dass er ein Mörder ist, der in diesen Park gekommen ist, um Kinder zu töten."
Die Ansicht Trumps, dass ein Ende des Kriegs und ein Einlenken Moskaus möglich sei, teile er nicht. "Mit allem Respekt vor Präsident Trump, aber ich glaube, dass dies nur seine persönliche Meinung ist", sagte Selenskyj. "Ich bin fest überzeugt, dass Putin diesen Krieg nicht beenden will. In Putins Gedanken sei ein Ende des Kriegs ohne die totale Niederlage der Ukraine nicht möglich. Die Ukraine verstehe die Mentalität der Russen besser als die Amerikaner. "Wir sind schließlich schon ewig Nachbarn."
Eine Neuauflage von Friedensgesprächen zwischen der Ukraine und Russland unter türkischer Vermittlung hat bisher kaum Fortschritte gebracht. Bisher wurde in zwei Treffen lediglich der Austausch von Kriegsgefangenen vereinbart - und auch darüber gibt es nun Streit.
Zusammenfassung
- Während das russische Verteidigungsministerium einen Vorstoß der 90. Panzerdivision in das Gebiet Dnipropetrowsk meldete, widerspricht der ukrainische Generalstab dieser Darstellung deutlich und spricht von Falschmeldungen zur Destabilisierung.
- Der ukrainische Präsident Selenskyj wirft Kremlchef Putin vor, auf eine "totale Niederlage" der Ukraine zu setzen und einen Waffenstillstand abzulehnen, während Friedensgespräche unter türkischer Vermittlung bislang kaum Fortschritte bringen.