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Nehammer zu Entminung: Keine Soldaten, aber vielleicht Beteiligung

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Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich zur Debatte rund um eine mögliche Beteiligung Österreichs an Minenräumungen in der Ukraine geäußert. "Kein österreichischer Soldat" solle ukrainischen Boden betreten. Aber eine Beteiligung an Einsätzen von privaten Unternehmen werde geprüft.

"Es wird kein österreichischer Soldat für so einen operativen Einsatz ukrainischen Boden betreten, solange das ein Kriegsgebiet ist", erteilte Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) entsprechenden Wünschen eine Absage.

"Wer österreichische Soldaten in ein Kriegsgebiet schicken will, der riskiert, dass sie nicht mehr lebend zurückkommen. Dieser Preis ist zu hoch", wird Nehammer in einer Aussendung zitiert. Auch sei ein solches Vorhaben "im Hinblick auf Österreichs Neutralität problematisch".

Bundespräsident brachte Debatte in Gang

Davor hatte Bundespräsident Alexander Van der Bellen eine Debatte über einen solchen Einsatz angeregt. Im Rahmen des am Mittwoch zu Ende gegangenen Europarats-Gipfels in Reykjavik sprach sich der Präsident für eine österreichische Unterstützung bei der Entminung ziviler Bereiche in der Ukraine aus. Eine Absage kam sofort von Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP).

Auch FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach sich mit Verweis auf die österreichische Neutralität dagegen aus. Der Sicherheits- und Verteidigungssprecher der NEOS, Douglas Hoyos, unterstützte hingegen die Aussagen Van der Bellens. Der Völkerrechtler Ralph Janik sah zuletzt durch den EU-Ratsbeschluss über die Unterstützung der Ukraine Hilfe bei der Entminung verfassungsrechtlich gedeckt.

Finanzielle Beteiligung an privater Operation?

Nehammer stellt nun aber eine andere Möglichkeit in den Raum: "In der Regel werden derartige Einsätze von privaten Unternehmen durchgeführt. Österreich prüft derzeit eine finanzielle Beteiligung an so einer Initiative", teilte das Bundeskanzleramt in einer Aussendung mit. 

Der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk hingegen appellierte am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal" an Österreich, Entminungshilfe als "humanitäre Geste" zu leisten. Er forderte dazu auf, Van der Bellens Bitte zu unterstützen, da diese der Neutralität nicht widerspreche. 30 Prozent der Fläche der Ukraine - darunter ganze Dörfer und Felder - seien wegen der Okkupation Russlands vermint worden, so Melnyk. Und das auch in Gegenden, in denen es seit über einem Jahr keine Kampfhandlungen mehr gegeben habe.

Melnyk: "Sehr enttäuschend"

Das Vorgehen Österreichs bezeichnete Melnyk als "sehr enttäuschend", die österreichische Neutralität als "aus der Zeit gefallen". Als Ukrainer könne er es nicht verstehen, in einem Krieg, in dem es um die "Vernichtung des ukrainischen Volkes" gehe, neutral zu bleiben - vor allem im Hinblick darauf, dass Österreich im Bereich der Entminung "weltweit federführend" sei.

Tatsächlich wäre das Bundesheer laut Major Heinrich Lindner aufgrund seiner Erfahrungen bei der Entminung am Westbalkan gut gerüstet. Er sagte gegenüber Ö1, dass Österreich im internationalen Vergleich über "sehr umfassende Fähigkeiten" verfüge und "am Stand der Technik" sei.

Grünen-Wehrsprecher für Minenräumung

Unterdessen sprach sich auch der grüne Wehrsprecher David Stogmüller in einer Stellungnahme gegenüber der APA für Unterstützung bei der Minenräumung in der Ukraine aus. "Wer dem Bundespräsidenten zugehört hat weiß, dass Unterstützung bei Minenräumung nicht im unmittelbaren Kriegsgebiet, sondern bei Kindergärten, Schulen oder Feldern ein humanitärer Akt und keine Frage der Neutralität sind", so Stogmüller. Bei der humanitären Entminung seien nicht nur zahlreiche NGOs und auch die OSZE im Einsatz, sondern auch die neutralen Staaten Irland und die Schweiz würden aktiv unterstützen.

"Jedes dritte Minenopfer ist nämlich ein Kind. Wieso sollte sich Österreich im Sinne einer aktiven Neutralität nicht auch mit Geld, Ausbildung und Gerät solidarisch zeigen und somit etwas beitragen, um Menschen in der Ukraine vor Minenexplosionen zu schützen", führte er weiter aus und wies auf die Expertise des Bundesheeres im Zusammenhang mit Minenräumung hin.

SPÖ fordert zu Partnerschaften auf

Die SPÖ fordert den Bundeskanzler, den Außenminister und die Verteidigungsministerin auf, in einem internationalen Prozess Partnerschaften für eine breite humanitäre Allianz zu schmieden, die UNHCR und EU unterstützt. Diese Gruppe solle eine gemeinsame Strategie und ein gemeinsames Vorgehen für humanitäre Hilfe in der Ukraine entwickeln und umsetzen, regte SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer am Freitag in einer Aussendung an.

"Russland produziert mit seinen ständigen Raketenschlägen auf zivile Ziele laufend mehr Tote, Verletzte, Flüchtlinge und Obdachlose und verschärft die Versorgungslage in der Ukraine immer mehr", sagte Laimer. "Als Spitzenreiter für humanitäre Hilfe kann Österreich mit Partnern innerhalb und außerhalb der EU gerade jetzt viel bewirken. Eine humanitäre Allianz kann einen entscheidenden Beitrag leisten, um die Not der ukrainischen Bevölkerung zu lindern und einen wichtigen Beitrag zur europäischen Sicherheits- und Stabilitätspolitik zu leisten."

ribbon Zusammenfassung
  • Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat sich zur Debatte rund um eine mögliche Beteiligung Österreichs an Minen-Räumungen in der Ukraine geäußert.
  • "Kein österreichsicher Soldat" solle ukrainischen Boden betreten.
  • Aber eine Beteiligung ein Einsätzen von privaten Unternehmen werde geprüft.
  • Auch der ukrainische Vizeaußenminister Andrij Melnyk appellierte am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal" an Österreich, Entminungshilfe als "humanitäre Geste" zu leisten.

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