Nach Blockade
Israel hat wieder Hilfsgüter in den Gaza-Streifen gelassen
Die Vereinten Nationen haben von Israel die Genehmigung erhalten, dass noch im Tagesverlauf etwa 100 weitere Lkw mit Hilfslieferungen in den Gazastreifen fahren dürfen.
Das teilte ein UN-Sprecher in Genf mit. Frankreich, Großbritannien und Kanada drohten in einer gemeinsamen Erklärung vom Montagabend Israel mit "konkreten Maßnahmen". Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) telefoniert am Dienstagnachmittag mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu.
In der gemeinsamen Erklärung hatten Frankreich, Großbritannien und Kanada Israel dazu aufgefordert umfangreiche Hilfe zuzulassen, ohne diese auch nur in irgendeiner Weise zu behindern. Wenn es seine ausgeweitete Gaza-Offensive nicht einstelle und Beschränkungen für Hilfslieferungen aufhebe, würden die drei Staaten Maßnahmen setzen.
Der israelische Ministerpräsident bezeichnete mögliche Maßnahmen Großbritanniens, Frankreichs und Kanadas gegen Israel in einer Stellungnahme als eine "riesige Belohnung für den Völkermordangriff auf Israel vom 7. Oktober" und eine "Einladung zu weiteren Gräueltaten dieser Art".
Hamas verkauft Hilfsgüter
Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Das Land wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.
Am Sonntag hatte das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu allerdings überraschend angekündigt, wieder Hilfslieferungen in das Gebiet zuzulassen.
"Zur Sicherung der internationalen Unterstützung"
Die Grundversorgung mit Lebensmitteln erfolge auf Empfehlung der Armee und um sicherzustellen, dass es zu keiner Hungersnot komme, hieß es in der Erklärung. In seiner Videoansprache betonte Netanyahu zudem, dass die Entscheidung, wieder Hilfsgüter in den Gazastreifen zu lassen, getroffen worden sei, da dies zur Sicherung der internationalen Unterstützung wichtig sei.
Israels "beste Freunde in der Welt" hätten ihm jede Hilfe zur Erreichung der israelischen Kriegsziele zugesagt, allerdings seien für sie die "Bilder des Hungers, des Massenhungers" unerträglich, sagte er. Vor allem der Druck aus den USA dürfte Netanyahu zur Aufhebung der Blockade gebracht haben.
Aus Netanyahus rechtsreligiöser Regierungskoalition hatte es zuvor heftige Kritik an der Entscheidung gegeben. Israels Staatspräsident Izchak Herzog lobte die Entscheidung des Sicherheitskabinetts. Sie sei entscheidend, "damit wir in dieser Tragödie unsere Menschlichkeit bewahren können".
Druck auf Hamas "wird graduell gesteigert"
Nahost-Experte Ben Segenreich im Interview.
In einer Videoansprache hatte Israels Regierungschef am Vormittag betont, dass zunächst nur eine minimale Menge an Lebensmitteln in das Gebiet kommen werde. In der Mitteilung der Cogat-Behörde hieß es, unter den nun in den Gazastreifen gelieferten Hilfsgütern sei unter anderem Babynahrung.
Hilfsgüter wie Mehl und Treibstoff erwartet
Künftig sollen Hilfsgüter wie Mehl, Babynahrung und Treibstoff israelischen Medienberichten zufolge zunächst wie zuvor mit Hilfe internationaler Organisationen in den abgeriegelten Küstenstreifen kommen, bis Ende des Monats ein geplanter neuer Mechanismus der Verteilung vor Ort umgesetzt wird.
Berichten zufolge sollen Güter dann nur noch von wenigen Standorten im Gazastreifen aus verteilt werden. Die UN hatte den neuen Mechanismus kritisiert, unter anderem weil Zivilisten auf dem Weg zu den Verteilungszentren ins Kreuzfeuer geraten und etwa Alte und Kranke diese erst gar nicht erreichen könnten. Netanjahu betonte, dass die ersten Zentren in den kommenden Tagen ihren Betrieb aufnehmen würden.
Die Verteilungszentren sollen laut der "Times of Israel" in einer neuen "humanitären Zone" in der Gegend der Stadt Rafah im Süden des Gebiets errichtet werden. Menschen, die diese Zone betreten, würden vorher von Israels Armee kontrolliert, hieß es. Das israelische Militär wolle auf diese Weise verhindern, dass Mitglieder der Hamas das Gebiet betreten.
Zusammenfassung
- Nach fast dreimonatiger Blockade sind erstmals wieder fünf Lastwagen mit Hilfsgütern, darunter Babynahrung, über den Grenzübergang Kerem Shalom in den Gazastreifen gelangt.
- Seit Anfang März hatte Israel keine Hilfslieferungen mehr in den Gazastreifen gelassen. Das Land wirft der Hamas vor, die Hilfsgüter gewinnbringend weiterzuverkaufen, um ihre Kämpfer und Waffen zu finanzieren.