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Moskau für Nord-Stream-Ermittlung nach US-Blogartikel

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Der Kreml hat nach einem Bericht über eine angebliche Sprengung der Nord-Stream-Gaspipelines durch das US-Militär erneut eine Beteiligung an internationalen Ermittlungen gefordert. "Sie wissen, dass es auch von unserer Seite Erklärungen zu Informationen gab, die auf eine Beteiligung der Angelsachsen an der Organisation dieses Sabotageakts hindeuten", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Donnerstag der Nachrichtenagentur Interfax zufolge.

Leider sei Russland nicht gehört worden, doch die neuen Informationen sollten als Grundlage für eine internationale Aufklärung dienen, forderte er. Zuvor hatte der Vorsitzende der Staatsduma, Wjatscheslaw Wolodin, verlangt, der Bericht solle Basis für Untersuchungen werden. Die Regierung in Washington hat den vom US-Journalisten Seymour Hersh erhobenen Vorwurf der Sprengung der Pipelines klar zurückgewiesen. Hersh hatte berichtet, dass US-Marinetaucher für die Explosionen der Gaspipelines in der Ostsee verantwortlich seien.

Der 85-jährige Reporter, der vor Jahrzehnten durch die Aufdeckung eines Massakers in Vietnam durch US-Truppen bekannt wurde, fiel zuletzt durch fragwürdige Recherchen auf. Der Bericht zu Nord Stream scheint in weiten Teilen nur auf einer anonymen Quelle zu basieren. Seriöse US-Medien gingen zunächst nicht auf den Bericht ein. Das angeblich an der Aktion beteiligte Norwegen hat den Bericht scharf zurückgewiesen.

"Einige Momente (in dem Artikel) kann man bestreiten, andere brauchen Beweise, aber er ist bedeutsam durch die Tiefe der Analyse und die Klarheit der Auslegung", lobte dagegen Peskow die Recherche. Gerade Deutschland als Geschädigter dürfe nicht über den Bericht hinwegsehen, meinte er. Die russische Führung wiederum steht selbst im Verdacht, hinter den Explosionen zu stehen. Die von Russland nach Deutschland führenden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren Ende September durch Explosionen schwer beschädigt worden.

"US-Präsident Joe Biden und seine Komplizen sollen zur Rechenschaft gezogen werden", sagte Wolodin. Auf seinem Telegram-Kanal ging Wolodin noch weiter und bezeichnete den US-Präsidenten als Terroristen. "Biden schreibt sich in die Geschichte als Terrorist ein", teilte der Duma-Vorsitzende am Donnerstag mit.

"Wenn (US-Präsident Harry) Truman zum Verbrecher wurde, indem er Atomwaffen gegen die Zivilbevölkerung in Hiroshima und Nagasaki einsetzte, so ist Biden zum Terroristen geworden, der den Befehl zur Zerstörung der Energie-Infrastruktur seiner strategischen Partner Deutschland, Frankreich und Niederlande gegeben hat", so der Vorsitzende des russischen Parlaments. Die Bombardierung der ukrainischen Energie-Infrastruktur durch Russland als Teil des russischen Angriffskriegs hatte Wolodin zuvor gerechtfertigt.

Die russische Führung steht selbst im Verdacht, hinter den Explosionen zu stehen. Russland hatte Nord Stream 1 zum Zeitpunkt der Explosionen wegen angeblicher technischer Probleme bereits abgeschaltet. Die laut Moskau trotz Beschädigung weiter einsatzfähige Leitung Nord Stream 2 hat bis heute keine Zulassung von deutschen Behörden erhalten. Den Untersuchungen zufolge wurden die Detonationen durch Sabotage hervorgerufen. Bis heute gibt es keinen klaren Beweis für die Urheberschaft.

Das US-Präsidialamt wies am Mittwoch den Blogartikel zurück, wonach US-Marinetaucher die Sprengsätze an den Pipelines in der Ostsee bei einer NATO-Übung im Juni auf Befehl von Biden angebracht und später durch Norwegen unterstützt gesprengt hätten. Die Quellenlage zu Nord Stream ist ungesichert, die USA und Norwegen haben den Bericht scharf zurückgewiesen. "Das ist gänzlich falsch und reine Fiktion", sagte eine Sprecherin des Sicherheitsrats im Weißen Haus.

Der frühere Leiter der Russland-Operationen des US-Geheimdienstes CIA wies Hershs Darstellung entschieden zurück. "Das ist einfach traurig. Ich werde nicht einmal meine Zeit damit verschwenden, das zu lesen", wird John Sipher vom deutschen Nachrichtenportal t-online zitiert. Hersh habe durchaus seine Verdienste, aber: "In den vergangenen Jahren beschäftigte er sich zunehmend mit Verschwörungen und Unsinn." Für ihn sei es unvorstellbar, "dass eine so lächerliche Idee ihren Weg durch die Bürokratie und Aufsicht finden könnte. Das ergibt auf keiner Ebene Sinn und ist niemandes Zeit wert". In Moskau wird der Bericht in Medien und Politik jedoch breit diskutiert.

ribbon Zusammenfassung
  • Die von Russland nach Deutschland führenden Ostsee-Pipelines Nord Stream 1 und 2 waren Ende September durch Explosionen schwer beschädigt worden.
  • Die russische Führung steht selbst im Verdacht, hinter den Explosionen zu stehen.
  • Russland hatte Nord Stream 1 zum Zeitpunkt der Explosionen wegen angeblicher technischer Probleme bereits abgeschaltet.
  • In Moskau wird der Bericht in Medien und Politik jedoch breit diskutiert.

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