Auch in Wien spioniert
Marsaleks Russen-Spione zu hohen Haftstrafen verurteilt
Der Anführer des Spionagerings wurde zu zehn Jahren und acht Monaten Haft verurteilt, wie die britische Nachrichtenagentur PA meldete. Der 47-Jährige hatte sich gemeinsam mit zwei weiteren Männern schuldig bekannt. Drei weitere Angeklagte wurden im Laufe des Verfahrens schuldig gesprochen, darunter zwei Frauen.
Verhängt wurden Haftstrafen von etwas mehr als fünf Jahren bis zu mehr als zehn Jahren. Ziel der Gruppe von Bulgaren war auch eine Militärbasis in Deutschland, aber auch Prominente in Wien.
Spionage auch in Wien
Verbindungsmann des Spionagerings nach Moskau soll der im Skandal um den Finanzdienstleister Wirecard abgetauchte frühere Vertriebsvorstand des Unternehmens, der Österreicher Jan Marsalek, gewesen sein. Er wird seit 2020 von Interpol gesucht und soll enge Verbindungen zum russischen Militärgeheimdienst GRU haben. Im Londoner Prozess ging es um Tausende Nachrichten zwischen dem mutmaßlichen Anführer der Gruppe und Marsalek.
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Die Spionageaktivitäten sollen in London sowie in Stuttgart, Wien, Valencia und dem Balkanstaat Montenegro stattgefunden haben. In Wien sollen sich die Spionage-Tätigkeiten unter anderem gegen den Investigativjournalisten Christo Grozev, DSN-Chef Omar Haijawi-Pirchner, ÖVP-Wien-Obmann Karl Mahrer und "Profil"-Chefredakteurin Anna Thalhammer gerichtet haben.
Für ihre Tätigkeiten hätten die Angeklagten beträchtliche Geldsummen erhalten, hatte die Staatsanwältin im Verlauf des Prozesses in London gesagt. In Österreich laufen noch Ermittlungen - unter anderem gegen eine Bulgarin, die auf freiem Fuß ist.
In Österreich soll es auch zu prorussischen Desinformationskampagnen gekommen sein. So wurden etwa vermeintlich proukrainische Sticker mit Nazi-Symbolik in Wien verteilt, etwa in Nähe von Redaktionen, um das Kreml-Narrativ der vermeintlichen Nazi-Regierung in Kiew zu verfestigen.
Bei Festnahme nackt im Bett
Vor Gericht in London war auch eine romantische Dreiecksbeziehung innerhalb der Spionagegruppe ein Thema. Einer der Angeklagten wurde bei seiner Festnahme nackt im Bett mit einer anderen Angeklagten angetroffen, nicht aber an seiner eigentlichen Adresse, wo er mit der zweiten Angeklagten wohnte.
Eine der Angeklagten sollte den Ausführungen zufolge zudem als Lockvogel benutzt werden - als Spionin, die eine Zielperson verführt, um diese erpressen zu können oder an Informationen zu kommen. Die Angeklagte wies das zurück und gab an, benutzt worden zu sein.
In Chatnachrichten soll zudem offen über den Plan geschrieben worden sein, einen Russland-kritischen Journalisten zu ermorden. Zumindest wurde beim Kreml-kritischen Investigativ-Journalisten Christo Grozev, der damals in Wien lebte, eingebrochen. Er soll über längere Zeit von einem Airbnb aus observiert worden sein.
Dem Fernsehsender Sky News zufolge wurden bei der Razzia im Versteck der Gruppe in Großbritannien unter anderem 495 SIM-Karten gefunden sowie 221 Telefone, 258 Festplatten, 11 Drohnen und Abhörgeräte, versteckt in Alltagsgegenständen - etwa in Spielzeug und Krawatten. Die Chats führten auch zu den Ermittlungen in Österreich.
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Zusammenfassung
- Sechs Bulgaren, die von Großbritannien aus in mehreren europäischen Ländern - auch in Österreich - für Russland spioniert haben, sind zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden.
- Im Prozess ging es auch um eine romantische Dreiecksbeziehung. In Österreich laufen die Ermittlungen noch.