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Klima-Razzia: Bald auch in Österreich?

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Deutsche Behörden führten am Dienstag eine Großrazzia gegen Mitglieder der "Letzten Generation" durch. Steht eine solche Aktion auch in Österreich bevor?

"Radikale Klimaaktivisten" stünden "selbstverständlich" unter Beobachtung des Staatsschutzes, erklärte Innenminister Gerald Karner (ÖVP) vor rund zwei Wochen bei der Präsentation des Verfassungsschutzberichts für das Jahr 2022. Die "Letzte Generation" wurde im Bericht konkret allerdings nicht als extrem oder extremistisch eingestuft.

Auch der Innenminister betonte bei der Präsentation, dass mit "radikalen Klimaaktivisten" nicht jene der "Letzten Generation" gemeint seien.

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In Deutschland hat sich aktuell die Wahrnehmung zur Gruppe offenbar geändert, die Sicherheitsbehörden greifen zu härteren Mitteln. 170 Beamte in sieben Bundesländern führten eine Großrazzia bei Mitgliedern der "Letzten Generation" durch. Sieben Personen wird die "Bildung einer kriminellen Vereinigung" und geplante Sabotage an kritischer Infrastruktur vorgeworfen. 

Die bayrische Polizei bezeichnete die "Letzte Generation" in einer Bekanntmachung bereits als eine "kriminelle Vereinigung", obwohl dieser Vorwurf bisher noch nicht gerichtlich bestätigt wurde.

Der Rechtsanwalt Bernd Wiesinger erklärt im PULS 24-Gespräch, dass dieses Verhalten "sehr, sehr bedenklich" sei. "Es gibt bisher keine rechtskräftigen Verurteilungen", betont er. "Die Unschuldsvermutung gilt in Deutschland genauso wie in Österreich. 

Auf Nachfrage von NDR-Recherche erklärte die Generalstaatsanwaltschaft München ein, dass die Formulierung unzutreffend sei.

Razzien auch in Österreich?

Ob in Österreich ähnliche Ermittlungshandlungen zu erwarten sind, ist aktuell unklar. Das Innenministerium betont auf PULS 24 Anfrage, dass nicht der "Klima- und Umweltaktivismus als solcher" im Fokus der Behörden stehe, sondern "jene Elemente, die sich zu einer ernstzunehmenden Bedrohung entwickeln können". Sollten Gruppierungen beginnen, "Gewalt als probates Mittel" zu sehen, befinde man sich im extremistischen Bereich.

Dort würde der Verfassungsschutz "entsprechende Maßnahmen setzen, die zum aktuellen Standpunkt nicht spekulativ vorausgesagt werden können". Zu möglichen Ermittlungen gegen konkrete Organisationen oder Personen oder Austausch mit ausländischen Behörden könne man keine Auskunft geben.

"Letzte Generation Österreich" betont gewaltfreien Konsens

Die "Letzte Generation" selbst erklärt gegenüber PULS 24, dass es einen "starken und sehr klaren Konsens" in ihre Gruppe gebe "unbedingt gewaltfrei und friedlich" zu bleiben. Angst davor, in Österreich als "terroristische Vereinigung" eingestuft zu werden, haben sie - auch mit Blick auf die andere Rechtslage, die solche Einstufungen erschwert - nicht. 

Der Rechtsanwalt Wiesinger stützt die Aussagen der Klima-Aktivist:innen und erklärt die unterschiedliche Rechtslage in Deutschland und Österreich. "In Deutschland geht man davon aus, dass das Hinkleben auf die Straße eine Kriminalstraftat sein kann", betont er. Diese Kriminalstraftat sei das "Vehikel", über das man zur kriminellen Vereinigung komme. "Nach österreichischem Recht fehlt die Anlasstat, die Kriminalstraftat, die so eine Vereinigung begründen kann."

Stimmungsmache mit Klima-Aktivismus-Kritik

Österreichische Politiker:innen haben wiederholt versucht, mit Stimmungsmache und Kriminalisierung von Klima-Aktivist:innen im Wahlkampf Zuspruch zu erzielen. Das prominenteste Beispiel lieferte Johanna Mikl-Leitner im Niederösterreich-Wahlkampf. Sie forderte - nach deutschem Vorbild -  härtere Strafen für Aktivist:innen.

Der Vorschlag wurde von zahlreichen Expert:innen für Strafrecht kritisiert, in Niederösterreich hatte es zum damaligen Zeitpunkt noch keine einzige Klima-Blockade gegeben.

Wiesinger zu "Letzte Generation": "Es fehlt die Kriminalstraftat"

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  • Der deutsche Verfassungsschutz führte am Dienstag eine Großrazzia gegen Mitglieder der "Letzten Generation" durch. Steht eine solche Aktion auch in Österreich bevor?