Nehammer: "Führer der FPÖ hat sich massiv radikalisiert"

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Ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs spricht Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn über seine eindringlichsten Erlebnisse in der Ukraine, die Rolle der FPÖ und die Gas-Abhängigkeit von Russland.

Dass die FPÖ "der verlängerte Arm des Kremls" sei, wie sein außenpolitischer Sprecher Reinhold Lopatka es im Nationalrat formulierte, wollte Nehammer so nicht sagen. Allerdings meinte der Kanzler: "Ich sehe, dass zumindest der Führer der FPÖ sich massiv radikalisiert hat und eine Sprache wählt, die wenig Zwischentöne zulässt."

"Was ich sehe, ist, dass die freiheitliche Partei ein Narrativ bedient, das von der russischen Seite entwickelt worden ist", sieht der Kanzler und er konkretisiert: "nämlich, dass die Sanktionen das Problem sind und nicht der Krieg. Das sprechen die Freiheitlichen nach, das halte ich für nicht glücklich." Die FPÖ würde nicht differenzieren, denn "die Freiheitlichen sprechen davon, dass sie gerne Frieden hätten, sagen aber nicht wie", so Nehammer.

Nehammer zu möglichen Friedensverhandlungen

Gefragt zu den Bedingungen für Friedensverhandlungen, sagte Nehammer: Zu welchen Bedingungen Verhandlungen aufgenommen werden sollten, das könnten nur die Kriegsparteien selbst entscheiden. Er hoffe zumindest auf eine baldige Waffenruhe, die die Kampfhandlungen aussetze und als Anfangspunkt für Verhandlungen dienen könnte. Aber dies könne den Kriegsparteien nicht von außen diktiert werden und hänge vom Kriegsverlauf ab.

Zu möglichen weiteren Reisen nach Moskau meint Nehammer, es würde in der jetzigen Situation - in der Putin keinerlei Interesse an Verhandlungen zeige und weitere Kampfhandlungen vorbereite - keinen Sinn machen, einen ähnlichen Vermittlungsversuch zu starten.

Im April 2022 war Nehammer zunächst nach Kiew, dann aber zur Konsternierung vieler westlicher Staaten und der Ukraine direkt nach Moskau weitergereist. Er wolle Putin mit der Realität des Krieges konfrontieren und versuchen zu vermitteln, rechtfertigte Nehammer den Schritt damals. Tatsächlich holte er sich wohl hauptsächlich die Zusicherung Putins, dass die Gasversorgung Österreichs gesichert sei.

Sein eindringlichstes Erlebnis

Gefragt zu seinem eindringlichsten Erlebnis des inzwischen einjährigen Krieges erinnerte sich Nehammer zum einen an sein erstes Telefonat mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Damals sei nicht klar gewesen, ob Selenskyj die nächsten Tage überhaupt überleben werde. Auch sein Besuch im Kiewer Vorort Butscha, wo russische Truppen Kriegsverbrechen und Massaker verübt hatten, habe ihn sehr geprägt.

Zur österreichischen Gas-Abhängigkeit von Russland meinte Nehammer, man habe eine strategische Reserve angelegt, die Speicher seien gefüllt und damit die von Moskau zurückgehaltenen Gaslieferungen kompensiert. Um die Verträge mit Gazprom endgültig zu kündigen, müsse man vorher aber ausreichende Versorgung durch andere Zulieferer sichern. Denn die Energiesicherheit Österreichs gehe vor.

ribbon Zusammenfassung
  • Ein Jahr nach Beginn des Ukraine-Kriegs spricht Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit PULS 24 Infochefin Corinna Milborn über seine eindringlichsten Erlebnisse in der Ukraine, die Rolle der FPÖ und die Gas-Abhängigkeit von Russland.
  • Dabei meint der Kanzler: "Ich sehe, dass zumindest der Führer der FPÖ sich massiv radikalisiert hat und eine Sprache wählt, die wenig Zwischentöne zulässt."

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