Israel-Iran-Konflikt
Aufruf zur Evakuierung, Staatssender in Teheran angegriffen
In einem X-Posting auf Farsi warnten die israelischen Streitkräfte am Montagnachmittag mehrere Bezirke der iranischen Hauptstadt vor weiteren Angriffen.
"In den kommenden Stunden wird die israelische Armee in diesem Gebiet Maßnahmen ergreifen und die militärische Infrastruktur des iranischen Regimes angreifen, so wie sie es in den letzten Tagen rund um Teheran getan hat", hieß es in dem Beitrag zunächst. Anwohner:innen sollen den betroffenen Bezirk verlassen.
Angriff auf staatlichen TV-Sender
Der Stadtteil ist rund 30 Quadratkilometer groß. In dem dicht besiedelten Gebiet befinden sich unter anderem Botschaften - unter anderem von Katar, Oman und Kuwait, sowie UNO-Büros - und das Büro der Nachrichtenagentur AFP, Einkaufszentren und einige der exklusivsten Wohnviertel. In dem vornehmen Stadtteil befinden sich zudem mindestens vier Kliniken sowie ein Polizeigebäude. Rund 300.000 Menschen leben dort.
Wie zunächst Augenzeugen berichteten, waren im Westen der Millionenmetropole Explosionen zu hören. Auch im Osten der Stadt kam es laut übereinstimmenden Medienberichten zu Luftangriffen.
Die Ziele der Angriffe waren zunächst unklar. Nach iranischen Angaben sei aber während einer Livesendung der Staatssender IRIB angegriffen worden. Auf einem Videoausschnitt des Senders war zu hören und sehen, wie laute Explosionsgeräusche plötzlich eine Sendung unterbrachen. Die Moderatorin dürfte Israel während der Sendung scharf kritisiert haben - sie verließ dann das Studio, die Übertragung brach abrupt ab.
Der Sender setzte seine Ausstrahlung nach kurzer Unterbrechung fort. Mittlerweile ist der Kanal wieder auf Sendung gegangen.
Israel habe nicht gewusst, "dass die Stimme der Islamischen Revolution und des großen Iran nicht von einer Militäroperation zum Schweigen gebracht werden kann", erklärte ein hochrangiger Mitarbeiter.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz bestätigte später, dass die iranische Rundfunkbehörde angegriffen worden sei. Israel werde "den iranischen Diktator überall angreifen", verkündete Katz mit Bezug auf Irans geistliches Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei.
Schon an den vergangenen Tagen gab es größere Fluchtbewegungen aus Teheran, wie Bilder von Autokonvois zeigen.
Augenzeugen berichteten von verstopften Autobahnen in der Metropole mit ihren mehr als 15 Millionen Einwohnern. An den Tankstellen bildeten sich teils kilometerlange Schlangen. In anderen Teilen der Megacity wirkte gespenstische Stille auf den Straßen. Inzwischen gibt es kaum noch Benzin. Geschäfte haben kaum noch geöffnet, Bankautomaten sind häufig leer oder funktionieren nicht. Teilweise ist die Wasserversorgung unterbrochen.
Flucht in den Osten
Viele Iranerinnen und Iraner packten nur das Nötigste und flohen in den Osten des Landes, der noch als vergleichsweise sicher gilt. Im Westen, wo sich an der Grenze zahlreiche militärische Einrichtungen befinden, fliegt Israels Luftwaffe seit Freitag massive Angriffe. Auch der Norden am Kaspischen Meer, sonst eine beliebte Urlaubsregion, wurde zum Zufluchtsort.
Indes forderte der Iran zur Evakuierung von Tel Aviv auf. In Haifa wurde Luftalarm ausgelöst. Am Montag starben in Israel nach Zahlen des Büros des Regierungschefs elf Menschen.
Flucht aus Teheran am Sonntag.
Im eskalierten Konflikt zwischen Israel und dem Iran setzen beide Länder ihre Luftangriffe am Montag mit unverminderter Härte fort und drohen mit einer Ausweitung der Attacken.
- Mehr lesen: Wie nah ist Iran wirklich an einer Atomwaffe?
Über Opfer und Schäden bei dem Angriff auf den TV-Sender am Montagabend wurden zunächst keine offiziellen Angaben gemacht, es soll aber Dutzende Tote gegeben haben. Informierten Quellen zufolge soll es sich dabei um Techniker gehandelt haben.
Netanyahu ruft zur Evakuierung auf
Die Einwohner Teherans sind nach den Worten des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu dazu aufgerufen, während der israelischen Angriffe die iranische Hauptstadt zu verlassen. Bei einem Besuch auf einem israelischen Luftwaffenstützpunkt sagte Netanyahu: "Wir sind auf dem Weg, unsere beiden Ziele zu erreichen: die Beseitigung der nuklearen Bedrohung und die Beseitigung der Raketenbedrohung."
Der 75-Jährige sagte weiter: "Wenn wir den Luftraum über Teheran beherrschen, treffen wir diese Ziele - Ziele des Regimes." Dem Iran warf er vor, Zivilisten in Israel anzugreifen. "Wir sagen den Bürgern Teherans: "Verlasst die Gegend!" - und wir handeln." Auch im Iran kamen bereits Zivilist:innen ums Leben.
Der Angriff auf den Iran, der am Freitag begann, wird damit begründet, dass Teheran unmittelbar vor der Entwicklung von Atomwaffen stünde.
Iran will offenbar verhandeln
Der Iran signalisiert unterdessen einem Zeitungsbericht zufolge seinen Wunsch, den militärischen Konflikt mit Israel zu beenden und Gespräche über sein Atomprogramm wieder aufzunehmen. Eine entsprechende Botschaft sei Israel und den USA über arabische Vermittler überbracht worden, berichtete das "Wall Street Journal".
US-Präsident Donald Trump drängte den Iran unterdessen erneut zu Verhandlungen. "Sie müssen einen Deal abschließen, und das ist für beide Seiten schmerzhaft, aber ich würde sagen, dass der Iran gerade nicht dabei ist, diesen Krieg zu gewinnen, sie sollten verhandeln, und zwar sofort, bevor es zu spät ist", sagte Trump am Montag am Rande des G7-Gipfels in Kanada vor Journalisten.
Eine gemeinsame Gipfelerklärung zum Krieg zwischen Israel und dem Iran will der US-Präsident nach Angaben eines US-Offiziellen nicht unterzeichnen.
Netanyahu geht nach eigenen Worten im Interview mit dem US-Fernsehsender ABC News davon aus, dass die Tötung von Irans geistlichem Oberhaupt Ayatollah Ali Khamenei den Konflikt zwischen Israel und dem Iran "beenden" würde. Auf die Frage, ob Israel Khameini ins Visier nehmen werde, sagte er, Israel tue "was wir tun müssen".
Er sei nicht an Gesprächen mit dem Iran zur Deeskalation des Krieges interessiert. "Ich meine, sie wollen weiterhin diese Scheingespräche führen, in denen sie lügen, betrügen und die USA hinhalten. Und, wissen Sie, wir haben sehr solide Informationen darüber."
Der Iran kündigte laut Außenminister Abbas Araqchi wiederum an, so lange auf Israel "einzuprügeln", bis die Angriffe aufhören.
Israelische "Bevölkerung steht hinter Entscheidung"
PULS 24 Israel-Korrespondent Ben Segenreich schildert die aktuelle Lage im Tel Aviv.
Zusammenfassung
- Die israelische Armee (IDF) ruft die Bevölkerung Teherans dazu auf, bestimmte Bezirke zu verlassen.
- Angeblich wurde das iranische Staatsfernsehen angegriffen.
- Der Iran will offenbar verhandeln, rief aber zur Evakuierung Tel Avivs auf.
- Seit Freitag wurden bei iranischen Angriffen auf Israel 27 Menschen getötet, während israelische Angriffe im Iran mindestens 224 Tote und über 1.000 Verletzte forderten.