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Grüne Felipe zu möglicher Kurz-Anklage: "Ganz ehrlich: Schwierig"

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Tirols LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) befürchtet ein negatives Echo für Österreich auf internationaler Ebene, sollte es zu einer Anklage gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen mutmaßlicher Falschaussage kommen.

Auf die Frage, ob ein angeklagter Kanzler noch tragbar sei, fragt sich die Grüne, was dann wohl in der Washington Post stünde. "Ganz ehrlich: Schwierig", antwortete sie im APA-Sommerinterview auf die Frage. Auch wenn "da nichts rauskommt", wäre die Situation im Hinblick auf die internationale Reputation "durchwachsen". Sie vertraue jedenfalls "zu hundert Prozent der unabhängigen Justiz". Während laut einer PULS 24 Umfrage 60 Prozent der Österreicher im Fall einer Anklage für einen Rücktritt des Kanzlers sind, sprach sich Kurz selbst dafür aus, auch dann im Amt bleiben zu wollen. 

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"Langzeitmodell" Koalition 

Trotz Differenzen fand sie lobende Worte für die türkis-grüne Zusammenarbeit, die sie durchaus als "Langzeitmodell" sah. Auch wenn die Grünen auf Bundesebene in Hinblick auf die Justiz einige politische Kröten schlucken mussten, zeigte sich die grüne Landeshauptmannstellvertreterin mit der Bundesregierung zumindest "in meinen Zuständigkeiten sehr zufrieden". Lobend hob sie die Unterstützung des Kanzlers und der ÖVP in der Verkehrspolitik hervor.

Sie hoffe, dass die grüne Regierungsbeteiligung über die nächste Nationalratswahl hinaus Bestand hat. Jenen, die meinen, dass die Koalition den Grünen geschadet hätte, entgegnete sie, dass man nun eben nicht mehr "nur für die Grünen, sondern für das ganze Land verantwortlich" sei. 

ÖVP bei Straßen-Evaluierung "fürchterlich emotional"

Viel getan habe sich mit den Grünen in der Regierung in puncto Klimaschutzpolitik, sowohl im Land als auch im Bund, und zwar trotz Corona. Die von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne) angestoßene Evaluierung von Straßenbauprojekten beurteilte Felipe als "klug". "Einigermaßen verwundert" war sie über die Reaktionen der ÖVP, da doch schon in Regierungsgesprächen darüber gesprochen worden sei. Im Übrigen würden Projekte "wenn sie wirklich so wichtig sind, den Prüfungen ja wohl standhalten".

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Felipe mahnte, Entscheidungen in Bezug auf Klimaschutz - die ja schließlich die nächsten Jahrzehnte beträfen - "ganz nüchtern und rational auf Basis von Fakten zu treffen" und verwies auf den Bundeskanzler und andere ÖVP-Vertreter, die bei der Thematik neuerdings "so fürchterlich emotional" agieren und "mit Steinzeitvergleichen aufwarten" würden.

Klimaschutz gehe nicht ganz ohne Verbote.  Oft gehe es gar nicht um Verbote, sondern um die Sicherstellung von Kostenwahrheit: "Kein Mensch würde mehr fliegen, wenn Kerosin besteuert werden würde." Klimaschutzpolitik gehe jedenfalls nicht mit der Brechstange, sondern müsse demokratisch legitimiert sein. "Letztlich sind wir darauf angewiesen, dass die Menschen mitmachen." Der Wunsch nach Klimaschutz sei heute in der Bevölkerung viel größer als vor zehn Jahren - "da wird auch die türkise, oft sehr Umfragen-gesteuerte ÖVP nicht umhinkommen, mitzumachen".

Grün-Türkis in Tirol nach 2023

Auch auf Landesebene befürwortete Felipe die Fortführung von Schwarz-Grün nach der Landtagswahl 2023. Die Entscheidung über die grüne Spitzenkandidatur soll im Frühjahr 2022 fallen. Sie sei noch "hin- und hergerissen", ob sie abermals zur Verfügung steht. Selbstverständlich hänge ihre Entscheidung auch davon ab, inwiefern sie "von den Mitgliedern und der Basis getragen wird". "Unumstritten" sei sie nicht, räumte Felipe ein und erklärte: "Wir haben nicht diesen Führerkult, wo alle dann sagen es gibt keinen Widerspruch und wir sind alle brav und falten die Hände und halten die Goschen". Kritik gehöre dazu. 

ribbon Zusammenfassung
  • Ingrid Felipe (Grüne) befürchtet ein negatives Echo für Österreich auf internationaler Ebene, sollte es zu einer Anklage gegen Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) wegen mutmaßlicher Falschaussage kommen.
  • Viel getan habe sich mit den Grünen in der Regierung in puncto Klimaschutzpolitik, sowohl im Land als auch im Bund, und zwar trotz Corona.
  • Klimaschutzpolitik gehe jedenfalls nicht mit der Brechstange, sondern müsse demokratisch legitimiert sein.

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