"Madleen"
Thunberg an Bord: Israel stoppt Aktivistenschiff nach Gaza
Das Schiff werde zur israelischen Küste gebracht, die Passagiere sollten in ihre Heimatländer zurückkehren, teilte das Israels Außenministerium am Montag auf X mit.
Zuvor hatte das Bündnis Freedom Flotilla Coalition mitgeteilt, die israelische Armee sei an Bord des Schiffes "Madleen" gegangen.
Aktivist:innen wird mediale Provokation unterstellt
Das israelische Außenministerium teilte weiter mit, die Aktivist:innen hätten versucht, eine mediale Provokation zu inszenieren mit dem einzigen Zweck, öffentliche Aufmerksamkeit zu erregen.
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Ihre Ladung sei so geringfügig gewesen, dass sie nicht einmal einer Lkw-Lieferung mit Hilfsgütern entspreche. "Es gibt Wege, Hilfe in den Gazastreifen zu bringen - ohne Instagram-Selfies", hieß es in der Stellungnahme.
Der israelische Verteidigungsminister Israel Katz hatte die Armee am Sonntag angewiesen, die Ankunft des Schiffes zu verhindern. "Der Staat Israel wird niemandem erlauben, die Seeblockade des Gazastreifens zu durchbrechen", verkündete Katz.
Israel hatte Aktivist:innen auch in früheren Fällen schon die Genehmigung verweigert, mit ihren Schiffen an der Küste des abgeschotteten Gazastreifens anzulegen.
"Selfie-Jacht"
Das israelische Außenministerium erklärte, die Zone vor der Küste des Gazastreifens sei für nicht autorisierte Schiffe gesperrt. Damit begründete Israel den Stopp des Schiffs. Medien berichteten zudem, man habe Sorge vor "Nachahmern", hätten die Aktivisten es tatsächlich nach Gaza geschafft.
Nach der gewaltsamen Übernahme der Kontrolle im Gazastreifen durch die palästinensische Terrororganisation Hamas im Jahr 2007 hatte Israel seine Blockade des Küstenstreifens nochmals verschärft. Die von Ägypten mitgetragene Maßnahme wird von Israel mit Sicherheitserwägungen begründet. Die Hamas hat sich die Zerstörung Israels auf die Fahne geschrieben.
Nach der Aktion in internationalen Gewässern teilte das Außenministerium mit, alle Passagiere des – abschätzig als "Selfie-Jacht" und "Promi-Jacht" bezeichneten – Schiffs seien sicher und unversehrt. Sie seien mit Wasser und Sandwiches versorgt worden. "Die Show ist vorbei", hieß es in einem X-Post. In einem weiteren Beitrag auf der Plattform teilte das Ministerium ein Foto von Thunberg, wie diese lächelt, während ein Soldat ihr ein Sandwich überreicht.
Aktivisten-Bündnis übt scharfe Kritik an Israel
Die Freedom Flotilla Coalition sprach von einem "eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht". "Das Schiff wurde rechtswidrig geentert, ihre unbewaffnete zivile Besatzung entführt und seine lebensrettende Ladung (...) beschlagnahmt", hieß es in einer Mitteilung.
Nach Angaben des Bündnisses war das Schiff 200 Kilometer von der Küste des Gazastreifens in internationalen Gewässern gestoppt worden. Das Bündnis veröffentlichte in den Sozialen Medien mehrere aufgezeichnete Videos, in denen die Aktivisten ihre jeweiligen Heimatländer um Hilfe bitten. Sie wollen es trotz allem erneut versuchen.
"Hamas-Anhänger"
Mehrere Stunden nach dem Stopp auf hoher See wurde die "Madleen" in den Hafen der israelischen Stadt Ashdod geschleppt. Den Aktivisten sollten dort nach den Worten von Verteidigungsminister Israel Katz Videoaufnahmen der Gräueltaten der islamistischen Hamas in Israel am 7. Oktober 2023 gezeigt werden.
In einer scharf formulierten Mitteilung bezeichnete er Thunberg erneut als "Antisemitin" und die Aktivisten als "ihre Freunde – die Hamas-Anhänger".
Wie mehrere israelische Medien berichteten, sollen die insgesamt zwölf Aktivisten anschließend zum internationalen Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv gebracht werden.
Tagelange Fahrt durchs östliche Mittelmeer
Thunberg war mit elf weiteren Aktivistinnen und Aktivisten am 1. Juni von Sizilien aus in See gestochen, um mit dem Schiff des Bündnisses Freedom Flotilla Coalition dringend benötigte Hilfsgüter wie Babynahrung und medizinische Güter nach Gaza zu bringen.
Zugleich wollten sie mit der Aktion internationale Aufmerksamkeit auf die humanitäre Notlage in dem dicht besiedelten Küstengebiet mit rund zwei Millionen Bewohnern richten.
Nach ihrer tagelangen Fahrt durch das östliche Mittelmeer wollten sie planmäßig eigentlich am Montagmorgen an der Küste Gazas eintreffen.
Thunberg ist mit ihrem rigorosen Kampf für mehr Klimaschutz weltbekannt geworden. Die mittlerweile 22-jährige Schwedin setzt sich seit längerem aber auch - und inzwischen vor allem - für die Belange der palästinensischen Bevölkerung ein.
Ihr Credo: Ohne soziale Gerechtigkeit könne es auch keine Klimagerechtigkeit geben.
Israel wirft sie dabei immer wieder vor, einen Völkermord an den Palästinensern zu begehen. Kritiker:innen halten ihr dagegen vor, bei ihren Anschuldigungen das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 außer Acht zu lassen, das den Gaza-Krieg ausgelöst hat.
Israel lockerte Blockade zuletzt etwas
Israel hat die Lieferung von Nahrungsmitteln, Medikamenten und anderen lebenswichtigen Gütern in den Gazastreifen im Zuge des Krieges gegen die islamistische Hamas fast drei Monate lang unterbunden, die Blockade zuletzt aber etwas gelockert.
Die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu will die Hamas nach eigenen Angaben unter Druck setzen, damit sie die von ihr festgehaltenen Geiseln freilässt.
Zusammenfassung
- Greta Thunberg und elf weitere Aktivist:innen wurden am Montag von israelischen Behörden gestoppt, als sie mit dem Segelschiff "Madleen" Hilfsgüter für Gaza bringen wollten.
- Das Schiff war am 1. Juni von Sizilien gestartet, um dringend benötigte Babynahrung und medizinische Güter in das dicht besiedelte Küstengebiet mit rund zwei Millionen Bewohnern zu liefern.
- Israel bezeichnete die Aktion als mediale Provokation, ließ das Schiff zur eigenen Küste bringen und betonte, dass die Blockade des Gazastreifens trotz zuletzt gelockerter Hilfslieferungen aufrechterhalten werde.