Fußi über Berchtold: "Auch Fremdenführer kennen den Kreml"

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Bei "WildUmstritten" diskutierten die Politikberater Rudolf Fußi und Wolfgang Rosam mit "Profil"-Journalistin Eva Linsinger unter anderem über die Bestellung von Ex-Kurz-Sprecher Berchtold zum Botschafter in den Emiraten.

Bei "WildUmstritten" ging es am Montag auch um die Ernennung des ehemaligen Kurz-Pressesprechers Etienne Berchtold zum Botschafter in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE). Ein unterlegener Kandidat konnte für die Gleichbehandlungskommission nachweisen, dass er besser qualifiziert gewesen wäre als der langjährige Vertraute von Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP).

Politikberater Rudolf Fußi sieht die Vorgänge rund um Berchtolds Karrieresprung nach Abu Dhabi höchst kritisch. "Es geht nicht darum, ob der Herr Berchtold per se qualifiziert ist. Das Thema ist, es gab einen Kandidaten, der laut Gleichbehandlungskommission viel qualifizierter gewesen wäre als der Herr Berchtold und daher zu präferieren gewesen wäre", sagte Fußi. In der Begutachtungskommission im Außenministerium, die Berchtold den Posten gab, seien "ausschließlich ÖVPler" gesessen, darunter ein ehemaliger Kabinettskollege des heutigen VAE-Botschafters, behauptete Fußi. Daher ortete er einen klaren "Postenschacher der ÖVP".

"Hetzjagd"

Wolfgang Rosam, wie Fußi ein weithin bekannter Politikberater, bekrittelte dagegen "eine wahnsinnig unfaire Diskussion" in den Medien. Dass der unterlegene Kandidat bisher anonym geblieben ist, mache für die Öffentlichkeit jeden Vergleich unmöglich. "Derzeit findet eine Hetzjagd auf einen hochqualifizierten Mann statt", konstatierte Rosam. Er machte sich Sorgen, dass Berchtolds Karriere Gefahr laufe, zerstört zu werden. Er habe außerdem gehört, dass der leer ausgegangene Bewerber ein enger Berater von Ex-Außenministerin Karin Kneissl gewesen sei, und erinnerte an deren fatale Hochzeitseinladung an den russischen Kriegstreiber Wladimir Putin.

Recht auf Anonymität

Rosam forderte daher, der unterlegene – und bisher anonym gebliebene – Kandidat solle sich zu erkennen geben. "Profil"-Journalistin Eva Linsinger widersprach. Jener Bewerber, der nicht zum Zug gekommen ist, habe natürlich das Recht, anonym zu bleiben. Generell seien Postenbesetzungen in Österreich "immer ein Politikum" gewesen, erinnerte Linsinger auch an entsprechende Deals in Zeiten großer Koalitionen.

Fußi stieß sich in der von Werner Sejka geleiteten Diskussion auf PULS 24 auch an einem Tweet von Kurz vom vergangenen Sonntag, in dem dieser geschrieben hatte, Berchtold sei "einer der wenigen", die die Machtzentren in Washington, Moskau und anderen Hauptstädten von innen kennen. Der frühere Regierungschef halte Berchtold für bestens geeignet, weil dieser "im Gegensatz zu vielen anderen das Weiße Haus und Institutionen wie den Kreml von innen kenne. Nun, das tun viele Fremdenführer auch. Das allein kann kein Kriterium sein", spottete Fußi. Er blieb dabei, dass es sich bei der Botschafter-Bestellung um Postenschacher handelte.

Kommission: "Weltanschauliche" Motive

Hintergrund: Berchtold ist seit dem Vorjahr Botschafter in den Emiraten. Sein Jobwechsel wurde im Dezember 2021 bekannt – und bereits damals von medialer Kritk begleitet. Ein in der Ausscheidung unterlegener Bewerber für den Posten in Abu Dhabi wandte sich später an die Gleichbehandlungskommission, die eine "Diskriminierung" feststellte. Darüber berichtete am Sonntag zunächst "Der Standard".

Der unterlegene Kandidat konnte laut dem Zeitungsbericht nachweisen, dass er über eine bessere Qualifikation verfügt habe als Berchtold, der den Posten in Abu Dhabi im August des Vorjahrs angetreten hatte. Berchtold, laut Homepage des Außenministeriums ein studierter Jurist, habe zwar "vor langer Zeit" bei der Ständigen Vertretung Österreichs bei der EU in Brüssel Auslandserfahrung gesammelt, in den Jahren vor seiner Bestellung sei er aber "lediglich als Sprecher im Außenministerium und der ÖVP" tätig gewesen.

Das Außenministerium habe die Gleichbehandlungskommission "nicht davon überzeugen" können, "dass die getroffene Personalentscheidung auf einer sachlichen und objektiven Grundlage und eben nicht auf einem weltanschaulichen Motiv beruht", hieß es im "Standard". Der unterlegene Kandidat sah sich "weltanschaulich diskriminiert".

Berchtold selbst hatte in einer Stellungnahme an die Gleichbehandlungskommission argumentiert, er habe als Pressesprecher Führungserfahrung gesammelt. Im Gutachten heißt es wiederum, Berchtolds berufliche Laufbahn "lässt nicht gerade auf eine Höchstqualifikation für die Leitung einer Botschaft schließen". Es bestehe "kein Zweifel", dass ein "parteipolitisches Motiv" den Ausschlag gegeben habe.

ribbon Zusammenfassung
  • Bei "WildUmstritten" diskutierten die Politikberater Rudolf Fußi und Wolfgang Rosam mit "Profil"-Journalistin Eva Linsinger unter anderem über die Personalie Berchtold.
  • Rosam ortete eine "Hetzjagd", Fußi "Postenschacher".