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FPÖ verlässt bei Selenskyj-Rede Nationalrat, Kritik auch an SPÖ

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Schon bei den ersten Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj haben die Abgeordneten der FPÖ am Donnerstag den Nationalrat verlassen. Auf ihren Plätzen stellten sie Schilder auf. Auch einige SPÖ-Abgeordnete dürften mit Abwesenheit glänzen, kritisieren NEOS und Grüne.

Der ukrainische Präsident Wolodomyr Selenskyj schilderte am Donnerstag im österreichischen Nationalrat Kriegsleid und bedankte sich bei Österreich für humanitäre Hilfe. Die FPÖ wollte das nicht hören. Aus Protest verließen die Abgeordneten den Saal. Auf ihren Plätzen hinterließen sie Schilder mit der Aufschrift "Platz für Neutralität". 

Alle Parteien applaudierten am Ende der Rede, nur nicht die FPÖ. Schon im März des Vorjahres war die Rede des ukrainischen Präsidenten im Nationalrat am Widerstand der FPÖ gescheitert. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) wollte die NEOS-Initiative umsetzen, jedoch nur bei Einvernehmen unter den Parteien. Die SPÖ hatte sich nach ursprünglichem Zögern später nicht dagegen ausgesprochen, die FPÖ schon.

Statt Selenskyj trat schließlich der ukrainische Parlamentspräsident Ruslan Stefantschuk Mitte Juni persönlich im Parlament auf. Nun wurde die Rede auf offizielle Einladung Sobotkas nachgeholt. 

FPÖ-Chef Herbert Kickl sprach von einem "Taschenspielertrick". Er kritisierte, dass dem "Präsidenten einer kriegsführenden Nation" der Sitzungssaal des Nationalrats zur Verfügung gestellt werde. Die FPÖ werde keine Beitragstäterschaft zu diesem "Anschlag auf Österreichs Neutralität leisten", kündigte er schon vorab an. 

Gute Beziehungen zu Russland

Die FPÖ hat traditionell gute Beziehungen zu Russland, 2016 hatten die Freiheitlichen einen Freundschaftsvertrag mit der Kreml-Partei Einiges Russland abgeschlossen. Kickl wollte diesen 2021 nicht mehr verlängern. Obwohl dafür eigentlich eine Kündigungsfrist versäumt wurde, bestätigte der Einiges Russland-Funktionär Andrej Klimow auf APA-Anfrage, dass der Kooperationsvertrag trotz der versäumten Frist keine Gültigkeit mehr habe.

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Kritik an SPÖ

Neben der FPÖ fielen aber auch in den Reihen der SPÖ leere Sitzplätze auf. NEOS und Grüne kritisieren das scharf: "Es ist eine Schande was die FPÖ heute im Nationalrat während der Selenskji Rede getan hat, aber dass auch die hälfte des SPÖ-Klubs fehlt ist unwürdig", schreibt David Stögmüller (Grüne) auf Twitter.

Der NEOS-Abgeordnete Yannick Shetty prangert an: "Nicht nur die FPÖ führt sich heute unmöglich (peinlich & geschichtsvergessen) auf. Auch die Hälfte — scheinbar ihre Moskau-freundliche Fraktion — des SPÖ-Klubs ist heute abwesend. Unfassbar!"

"Bei der SPÖ fehlt rund die Hälfte der Abgeordneten bei der Rede von Selenskyj. Radio Moskau wohl nicht nur bei der FPÖ", kritisiert Douglas Hoyos (NEOS).

Die außenpolitische Sprecherin und Parteichefin der SPÖ, Pamela Rendi-Wagner, ist laut PULS 24 Informationen krank. Für des Fehlen anderer Abgeordneter gibt es keine Erklärung der SPÖ.

"Ausschließlich 30 pro-russische Anträge"

Vizeklubchef Jörg Leichtfried schloss sich im Nationalrat aber der Kritik an der FPÖ an: "Wenn man in einem Jahr ausschließlich 30 pro-russische Anträge hier einbringt, ist das weder ein Signal für Frieden noch ein Signal für Neutralität", schloss sich auch der Kritik an der FPÖ an. Österreich habe von Beginn an schnell und entschlossen auf den Krieg Russlands gegen die Ukraine reagiert. Er hoffte, dass die "Konfliktspirale" bald gestoppt werden kann.

Auf der Regierungsbank wohnten Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP), Sozialminister Johannes Rauch (Grüne), Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP), Justizministerin Alma Zadic (Grüne) und Staatssekretär Florian Tursky (ÖVP) der Veranstaltung bei. Von der Galerie aus verfolgten unter anderen Bundespräsident Alexander Van der Bellen, der ukrainische Botschafter Wassyl Chymynez und der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Oskar Deutsch die Rede.

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Weitere Proteste

Fast zeitgleich mit Selenskyjs Rede beginnt am Donnerstag zudem die Hauptversammlung der Raiffeisen Bank International (RBI). Dort dürfte es um das umstrittene Russland-Geschäft der Bank gehen, das auch der Ukraine missfällt. Die Bank bekommt deswegen zunehmend Druck von der Europäischen Zentralbank (EZB). Sowohl vor dem Parlament als auch vor der RBI-Zentrale sind Demonstrationen geplant. Während vor dem Hohen Haus linke Gruppierungen und Friedensaktivisten gegen die Rede des "ukrainischen Kriegspräsidenten" protestieren, gehen vor der Bank Ukrainer auf die Straße.

ribbon Zusammenfassung
  • Schon bei den ersten Worten des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj haben die Abgeordneten der FPÖ am Donnerstag den Nationalrat verlassen. Auf ihren Plätzen stellten sie Schilder auf.
  • Auch einige SPÖ-Abgeordnete dürften mit Abwesenheit glänzen, kritisieren NEOS und Grüne.

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