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Europarat: "Unsere Institutionen werden auf Probe gestellt"

Heute, 10:44 · Lesedauer 3 min

Der Generalsekretär des Europarates, Alain Berset, hat vor demokratischen Rückschritten in Europa gewarnt. "Unsere Institutionen werden auf die Probe gestellt", sagte er Donnerstag vor dem Ständigen Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien. Herausforderungen seien der Krieg in der Ukraine, Desinformation, Luftraum-Verletzungen, Gesetze gegen ausländische Einflussnahme, ethnische Spannungen, Übergriffe auf Richter, Klimawandel und die KI.

Berset erinnerte daran, dass der Europarat vor 76 Jahren geschaffen wurde, um Frieden in Europa zu garantieren, die Menschenrechte zu achten und Rechtsstaatlichkeit zu gewährleisten. Die OSZE ihrerseits habe erst vor kurzem den 50. Jahrestag der Schlussakte von Helsinki gefeiert - ein historischer Durchbruch auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges. Und in Kürze feiere die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) ihr 75-jähriges Bestehen. Europarat und OSZE hätten sich im Laufe der Jahre durchgesetzt, weil ihre Werte und Prinzipien weiter Gültigkeit hätten, sagte Berset.

Doch gebe es mittlerweile "überall warnende Hinweise", so der Europarats-Generalsekretär weiter. Russlands Krieg in Ukraine etwa sorge für eine Wiederaufrüstung in Europa. Wenngleich diese massiven Investitionen legitim seien, so Berset, "erleben wir demokratische Rückschritte".

"Was bedeutet das für die Sicherheit?", fragte der Europaratschef. "Was passiert, wenn sich extremistische Gruppen durchsetzen in einem hochmilitarisierten Kontext? Wir reden von einem Zeitraum von fünf bis zehn Jahren, das ist keine Ewigkeit", warnte Berset.

"Wir müssen die Sicherheitsarchitektur neu überdenken", forderte der Generalsekretär des Europarats. Echte Sicherheit bedeute resiliente Institutionen, Gesetze, die für alle gelten und Stabilität, in der Demokratie gedeihen könne. Dabei müssten mehrere Themen unverblümt angesprochen werden, etwa Migration, Cybersicherheit, Terrorismus und Menschenhandel. "Man muss die Grenzen zwischen harter und softer Sicherheit aufweichen", Berset weiter.

In der Ukraine etwa unterstütze der Europarat die Rechenschaftspflicht, etwa durch ein Schadensregister und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Auch Moldau brauche Resilienz, sagte Berset, ohne die Bedrohung durch Russland ausdrücklich zu erwähnen. Armenien und Aserbaidschan arbeiteten an einem Dialog zum Frieden.

"Demokratische Sicherheit ist erste Verteidigungslinie"

Berset stellte die Frage, wie sich die Demokratie weiter entwickeln müsse, um technologische und andere aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen. Dabei nannte er drei Säulen: Bildung, Schutz und Innovation. Er verwies auch auf Arbeiten an einem Abkommen gegen Desinformation. Europarat und OSZE ergänzten einander und könnten gemeinsam Bedrohungen angehen, die kein Land allein bewältigen könne. Genau deshalb braucht es weiterhin den Multilateralismus. Europarat und OSZE seien beides Friedensprojekte. "Die demokratische Sicherheit ist unsere erste Verteidigungslinie", so Berset.

Berset stattete am Nachmittag auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen einen Besuch ab. Den Europarat und Österreich "verbindet eine lange Tradition der Verteidigung von Werten, die auch über die heutigen Krisen hinaus Bestand haben. Europas Geschichte, sein Leid und seine Hoffnung erinnern uns daran. Wir stehen zusammen mit #Ukraine für Menschenrechte und Frieden", schrieb der Generalsekretär auf X.

Zusammenfassung
  • Europarat und OSZE feiern 2024 bedeutende Jubiläen: 76 Jahre Europarat, 50 Jahre Schlussakte von Helsinki und 75 Jahre EMRK, wobei Berset die anhaltende Bedeutung multilateraler Zusammenarbeit und gemeinsamer Werte betonte.