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EU-Gericht wies Österreichs Klage zu Gas und Atom ab

Heute, 07:21 · Lesedauer 3 min

Das EU-Gericht in Luxemburg hat am Mittwoch die Klage Österreichs gegen die Einstufung von Atomenergie und Gas als nachhaltig abgewiesen. Anfang 2022 war die EU-Taxonomie-Verordnung nach langen Diskussionen erweitert worden. Damit sollen wirtschaftliche Aktivitäten nach ökologischen Standards klassifiziert werden und so Investitionen angekurbelt werden. Umwelt- und Klimaminister Norbert Totschnig fand die Entscheidung in einer ersten Reaktion "sehr bedauerlich".

"Wir haben das Urteil zur Kenntnis genommen", sagte Totschnig am Mittwoch am Rande einer Pressekonferenz. "Für uns ist völlig klar, dass Atomkraft sicher nicht zu einer nachhaltigen Energieform gehört", so der Minister. Mit Blick auf die Klimaneutralität sei auch klar, dass fossile Energieträger nicht nachhaltig seien. Man werde sich die Ausformulierung nun genau anschauen und über weitere Schritte nachdenken.

Für Grünen-Chefin Leonore Gewessler ist "Atomkraft nicht grün". Sie forderte, dass die Regierung das Urteil anfechten müsse. Die SPÖ-EU-Abgeordneten Evelyn Regner und Günther Sidl zeigten sich enttäuscht. Sie sprachen von einer "bitteren Pille" für die Umwelt.

GLOBAL 2000 kritisierte diese Entwicklung auf das Schärfste", so Patricia Lorenz, Anti-Atom-Sprecherin der Umweltschutzorganisation. Herbert Stoiber, Geschäftsführer von "atomstopp_atomkraftfrei leben!", sprach von einem "grauen Tag für den Klimaschutz". Für Wiens Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky schlägt die EU einen "gefährlichen Weg" ein.

Das Gericht sieht laut einer Pressemitteilung in der Einbeziehung von Kernenergie und fossilem Gas in die Regelung für nachhaltige Investitionen durch die EU-Kommission keine Überschreitung der ihr vom Unionsgesetzgeber wirksam übertragenen Befugnisse. Insbesondere sei die Kommission zu der Annahme berechtigt gewesen, dass die Erzeugung von Kernenergie nahezu keine Treibhausgasemissionen verursache und dass derzeit keine technisch machbaren und wirtschaftlichen CO2-armen Alternativen wie erneuerbare Energiequellen in ausreichendem Umfang zur Verfügung stünden, um den Energiebedarf kontinuierlich und zuverlässig zu decken, hieß es.

Bestimmte Investitionen in Gas- oder Atomkraftwerke gelten dann als nachhaltig, wenn sie die modernsten Technologien nutzen und - im Fall von Gas - noch klimaschädlichere Kohlekraftwerke ersetzen. Die Taxonomie-Verordnung hat vor allem Bedeutung für die Finanzbranche, weil dadurch auch festgelegt wird, welche Investitionen als "grün" gelten können. Österreich, das schon 1978 die Nutzung der Atomenergie ausgeschlossen hatte, will erreichen, dass das Gericht die Verordnung für nichtig erklärt. Dieses hatte im Juni 2023 bereits die Klage eines deutschen EU-Abgeordneten abgewiesen, da einzelne Abgeordnete hier nicht klagen könnten.

Die Republik führte 16 Klagegründe ins Feld. Der EU-Kommission wird unter anderem vorgeworfen, sie "verkenne die Risiken einer erheblichen Beeinträchtigung mehrerer der geschützten Umweltziele durch schwere Reaktorunfälle und die hoch radioaktiven Abfälle." Nach dem EuG-Urteil kann eine der Verfahrensparteien Einspruch beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) einlegen.

Zusammenfassung
  • Das EU-Gericht in Luxemburg hat am Mittwoch die Klage Österreichs gegen die Einstufung von Atomenergie und Gas als nachhaltig abgewiesen.
  • Die EU-Taxonomie-Verordnung, die Anfang 2022 erweitert wurde, legt fest, dass bestimmte Investitionen in Gas- oder Atomkraftwerke als nachhaltig gelten, wenn sie modernste Technologien nutzen und etwa Kohlekraftwerke ersetzen.
  • Österreich hatte 16 Klagegründe vorgebracht, darunter die Risiken schwerer Reaktorunfälle und radioaktiver Abfälle, und prüft nun weitere rechtliche Schritte gegen das Urteil.