Entscheidung über Änderung von NS-Straßennamen in Braunau
Das Mauthausen Komitee Österreich (MKÖ) hat nun wenige Tage vor der Gemeinderatssitzung ein beim Verfassungsexperten Markus Vasek in Auftrag gegebenes Gutachten der Stadt übermittelt, das aus MKÖ-Sicht die Notwendigkeit der Umbenennung belegt. Der Professor der Johannes Kepler Universität kam zu folgendem Ergebnis: "Straßennamen, die - wie in Braunau - schwer belastete Nationalsozialisten würdigen, müssen entfernt werden. Ihre Beibehaltung würde gegen Artikel 9 des Staatsvertrages verstoßen und wäre damit verfassungswidrig", zitiert MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi aus der Expertise. So müsse bei entsprechender Verdachtslage jede Gemeinde die Biografien von Namensgebern wissenschaftlich untersuchen lassen. Bestätige sich "der Verdacht einer schweren NS-Belastung, sind avisierte Bezeichnungen zu verwerfen und bestehende zu ändern", so der Verfassungsexperte.
Im Auftrag der Stadt Braunau hat der Historiker und Leiter des Gedenkorts Schloss Hartheim, Florian Schwanninger, bereits vergangenes Jahr die Rolle von vier Namensgebern in der Zeit des Nationalsozialismus sowie auch deren mögliche illegale nationalsozialistische Betätigung vor dem "Anschluss" Österreichs im März 1938 wissenschaftlich erforscht. Außer der Josef-Reiter-Straße und der Eduard-Kriechbaum-Stiege, benannt nach dem "Gauheimatpfleger" Kriechbaum, waren das noch die Franz-Resl-Straße sowie die Dr.-Wilhelm-Scheuba-Gasse, benannt nach einem Arzt aus Steyr und Mitglied des NS-Fliegerkorps. Schwanninger stufte Reiter, Kriechbaum und Resl in die Kategorie 1 ("sehr belastet") ein und Scheuba in Kategorie 2 ("belastet").
Im März dieses Jahres hat der Gemeinderat dann zumindest die Aberkennung der Ehrenbürgerschaft von Reiter (erhalten 1922) und Kriechbaum (erhalten 1952) beschlossen. Als nächster Schritt steht Mittwochabend auf der Tagesordnung des Gemeinderats als erster Punkt "Belastete Straßennamen - Konkrete Maßnahmen". Es geht dabei erst einmal nur um die Josef-Reiter- und die Franz-Resl-Straße. Findet eine Umbenennung trotz sehr belasteter Namen nicht die Mehrheit, sollen Hinweistafeln kommen, über deren Text im Kulturausschuss beraten wird. Die Entscheidung für Letzteres wäre laut dem Rechtsgutachten verfassungswidrig.
Das Ergebnis der Expertise habe aber auch "Auswirkungen in ganz Österreich", betont Robert Eiter, Sprecher des OÖ. Netzwerks gegen Rassismus und Rechtsextremismus. "Weil alle staatlichen Organe, also auch alle Gemeinderäte und Stadträte, an die Verfassung gebunden sind, ist die Beibehaltung von NS-belasteten Straßennamen, ob mit oder ohne Zusatztafeln, keine Option. Das wird zahlreiche Gemeinden betreffen."
Zusammenfassung
- Der Braunauer Gemeinderat entscheidet Mittwochabend über die Umbenennung der Josef-Reiter-Straße und der Franz-Resl-Straße, nachdem ein Historikerbericht vier belastete Straßennamen untersucht und beide Namensgeber als 'sehr belastet' eingestuft hat.
- Ein vom Mauthausen Komitee Österreich beauftragtes Gutachten sieht die Beibehaltung von NS-belasteten Straßennamen als verfassungswidrig und verweist dabei auf Artikel 9 des Staatsvertrags.
- Die Entscheidung könnte Signalwirkung für ganz Österreich haben, da laut Gutachten alle Gemeinden zur Änderung verpflichtet wären, wenn eine schwere NS-Belastung vorliegt.