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Druck auf Israel steigt

UN: Sexuelle Gewalt gegen palästinensische Gefangene

Heute, 03:43 · Lesedauer 4 min

Israelische Sicherheitskräfte sollen palästinensischen Gefangenen sexuelle Gewalt zugefügt haben. UN-Generalsekretär António Guterres beurteilt die Angaben als glaubwürdig und zeigt sich äußerst besorgt.

Die Vorwürfe, die er in einem Brief an Israels UN-Botschafter Danny Danon äußerte, beziehen sich auf angebliche Vorfälle in mehreren Gefängnissen, einem Haftzentrum und einer Militärbasis. Danon wies die Anschuldigungen zurück.

Guterres' Brief geht der Veröffentlichung des jährlichen UN-Berichts zu sexualisierter Gewalt voraus. Er schreibt, es sei schwierig gewesen, Hinweise zu sammeln, weil den UN-Beobachtern der Zugang zu den besagten Gebäuden verweigert worden sei. "Ich fordere die israelische Regierung dringend auf, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um die sofortige Einstellung aller Akte sexueller Gewalt sicherzustellen", so Guterres.

Danon, der den Brief veröffentlicht hatte, kritisierte Guterres auf der Plattform X: Der UN-Generalsekretär habe sich erneut "auf unbegründete Anschuldigungen gestützt, die auf tendenziösen Veröffentlichungen basieren". Die Vereinten Nationen sollten sich auf "die schockierenden Kriegsverbrechen der Hamas" und die "sofortige Freilassung aller Geiseln" konzentrieren.

Druck auf Israel nimmt zu

Der internationale Druck auf Israel wegen der katastrophalen humanitären Lage im umkämpften Gazastreifen nimmt derweil zu. 

"Alle Grenzübergänge und Routen müssen genutzt werden, um eine Flut von Hilfsgütern nach Gaza zu ermöglichen", fordern 26 westliche Staaten und die EU-Kommission in einer gemeinsamen Erklärung. Deutschland schloss sich dem Appell nicht an.

"Vor unseren Augen breitet sich eine Hungersnot aus", heißt es in der Erklärung - um die Zivilbevölkerung zu schützen, seien dringende Maßnahmen notwendig. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte dagegen jüngst: "Es gibt keine Politik des Aushungerns im Gazastreifen, und es gibt keinen Hunger im Gazastreifen."

Unterzeichnet wurde die Erklärung von drei EU-Kommissarinnen - darunter die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas - sowie den Außenminister:innen der meisten EU-Länder, Australiens, Kanadas, Islands, Japans, Norwegens, der Schweiz und Großbritanniens.

Gebraucht würden unter anderem Nahrung, Unterkünfte, Treibstoff, sauberes Wasser und Medikamente, heißt es in dem Appell. Außerdem müssten Zivilisten und Helfer an den Verteilungsstellen geschützt werden.

Tote bei Verteilung von Hilfsgütern

Immer wieder gibt es Berichte über tödliche Zwischenfälle in der Nähe der von der umstrittenen Gaza Humanitarian Foundation (GHF) betriebenen Verteilstellen. Die Stiftung wird von Israel und den USA unterstützt und hatte ihren Einsatz in dem abgeriegelten Küstengebiet im Mai nach einer fast dreimonatigen israelischen Blockade von Hilfslieferungen begonnen.

Das US-Außenministerium hatte nach eigenen Angaben 30 Millionen Dollar für die GHF genehmigt. Davon seien bisher "mehr als die Hälfte" ausgezahlt worden, wie eine Sprecherin des Ministeriums erklärte. US-Präsident Donald Trump wolle zur Verbesserung der Lage beitragen – aufbauend auf dem Einsatz der GHF.

Internationale Organisationen sehen jedoch die GHF nicht als geeignet, die Lage der Notleidenden in dem weitgehend verwüsteten Küstengebiet zu verbessern. Dies könne nur über die eingespielten Mechanismen der UN und anderer Organisationen mit entsprechender Erfahrung bewerkstelligt werden.

Die israelische Regierung müsse den UN- und Nichtregierungsorganisationen dauerhaften Zugang zu dem Gebiet ermöglichen, forderten die 26 westlichen Staaten und die EU-Kommission. Israel hatte den neuen Verteilmechanismus der GHF eingeführt, um UN-Hilfsorganisationen und andere Initiativen zu umgehen. Nach Angaben der Regierung Netanyahus soll auf diese Weise verhindert werden, dass die Hamas humanitäre Hilfsgüter für sich abzweigt.

Israelische Kampfpiloten fordern Ende des Kriegs

In Israel demonstrierten rund 200 ehemalige und aktive israelische Kampfpiloten vor dem Militärhauptquartier in Tel Aviv für ein Ende der Kämpfe und eine Vereinbarung zur Freilassung der Geiseln. Die Regierung verfolgt jedoch einen neuen Kriegsplan, der nach Angaben von Ministerpräsident Netanyahu neben der Einnahme der Stadt Gaza auch die Zerschlagung der Hamas in den zentralen Flüchtlingslagern vorsieht.

Neben den USA bemühen sich laut Medienberichten auch Katar und Ägypten derzeit um eine Wiederaufnahme der indirekten Gespräche zwischen Israel und der Hamas über eine Waffenruhe und Geiselfreilassung. Nach Angaben aus ägyptischen Sicherheitskreisen kam am Dienstag eine Hamas-Delegation zu Gesprächen in die ägyptische Hauptstadt Kairo. Die Gespräche sollten heute fortgesetzt werden, zitierte die "Times of Israel" einen arabischen Diplomaten.

Zusammenfassung
  • UN-Generalsekretär António Guterres äußert sich besorgt über glaubwürdige Hinweise auf sexuelle Gewalt israelischer Sicherheitskräfte gegen palästinensische Gefangene, während Israel diese Anschuldigungen zurückweist.
  • 26 westliche Staaten und die EU-Kommission fordern in einer gemeinsamen Erklärung, dass alle Grenzübergänge und Routen für eine massive Lieferung von Hilfsgütern nach Gaza geöffnet werden, wobei Deutschland sich dem Appell nicht anschließt.