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Justizakten: Pilnacek wollte offenbar Ibiza-Staatsanwalt beschatten lassen

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"Die Truppe ist das Letzte": Ex-Justiz-Sektionsleiter Christian Pilnacek plante laut einem Medienbericht, den Ibiza-Staatsanwaltschaft beschatten zu lassen und wollte Handys der Korruptions-Staatsanwälte beschlagnahmen lassen.

Bevor er suspendiert wurde, war Christian Pilnacek ein mächtiger Justiz-Sektionschef. Ebenso einflussreich war Johann Fuchs, Chef der Oberstaatsanwaltschaft Wien, der auch die Dienstaufsicht über die WKStA innehat. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck ermittelt gegen die beiden wegen Geheimnisverrats. Justizakten aus Innsbruck und Chats, die dem "Falter" vorliegen, legen nahe, dass die beiden offenbar planten, Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic überwachen zu lassen. Der WKStA-Staatsanwalt ermittelt aktuell gegen Sebastian Kurz.

Auch sein Handy und das von WKStA-Kollegen sollten beschlagnahmt werden. Adamovic und seine Ehefrau, jene Beamtin, das Beinschab-Österreich-Tool entdeckte und ebenfalls mit dem Fall Ibiza beschäftigt war, sollten offenbar in den Medien diskreditiert werden.

WKStA-Anwälte "das Letzte"

"Wir müssen jetzt scharf eingreifen, die Truppe ist das Letzte", schrieb Pilnacek über die WKStA. Es sollte "ein Exempel" statuiert werden. Auch von einer "Observation" ist laut "Falter" in den Chats zwischen Pilancek und Fuchs zu lesen. 

Interna der WKStA sollen sie von einer dort arbeitenden Staatsanwältin bekommen haben, die inzwischen ins Anwaltsbüro von Manfred Ainedter wechselte. Die Kanzlei vertritt etwa Gerald Fleischmann, unter Kanzler Sebastian Kurz für Medien zuständig, in der Inseraten-Affäre

Die WKStA kritisierte schon in der Vergangenheit Interventionen von Seiten von Fuchs und Pilnacek. Christina Jilek sprach im Ibiza-U-Ausschuss über "Störfeuer", warf nach 13 Jahren in der WKStA das Handtuch, ist inzwischen aber wieder als Ermittlerin bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft tätig. 

Klenk: "Dieses Land ist schon richtig korrupt"

Für "Falter"-Chefredakteur Florian Klenk ist die Pilnacek, der die Ermittlungen der WKStA "torpediert" und die Strafverfolgung erschwert nur ein Teil des Korruptions-Problems von dem ÖVP und FPÖ betroffen sind. Die SPÖ, so Klenk, sei wahrscheinlich ähnlich gestrickt, nur schon lange nicht mehr in der Position, ähnlich zu agieren.

Soko als Bremse für WKStA

Pilnacek wollte laut "Falter" gegen die WKStA-Staatsanwälte vorgehen, weil diese vermuteten, Polizisten der "Soko Tape" seien befangen. Mit diesem Sonderkommando wollte das Innenministerium die Ibiza-Drahtzieher ausfindig machen. Chats zwischen Fuchs und Pilnacek legen nahe, dass die Soko die WKStA bei den Ermittlungen bremsen hätte sollen. "Vielleicht bietet hier die Soko für uns eine Möglichkeit, um Unverhältnismäßiges in den Ermittlungen zu verhindern", schrieb Fuchs kurz nach dem Aufkommen der Ibiza-Causa am 3.6.2019 an Pilnacek. Der stimmte zu, dass das eine Möglichkeit wäre. Die WKStA hatte einen anonymen Hinweis bekommen, dass einige Polizisten der "Soko Tape" mit Beschuldigten Befreundet und wegen ihrer Parteinähe befangen seien. 

Dass Niko Reith, einer der Soko-Chefermittler einen Tag nach dem das Ibiza-Video öffentlich wurde, per SMS HC Strache zum Rücktritt vom Rücktritt aufforderte ("Die Republik braucht Dich!") ist bereits länger bekannt. Sein Chef Andreas Holzer sah darin allerdings keine Befangenheit. Einwände der WKStA hatten keinen Erfolg. Von den Vorwürfen erfuhren auch die Medien, Pilnacek und Fuchs hatten die WKStA im Verdacht, die Information geleakt zu haben. 

"Stelle mir eine Observation vor"

OStA-Wien-Chef Fuchs dazu am 22.8.2019 spätabends an Pilnacek: "Wir müssen irgendwie unser undichte Stelle finden; beginnen würde ich mit G.A." Damit gemeint ist Gregor Adamovic. Pilnacek fand das "so arg, das kann man sich nicht gefallen lassen" und wollte mit dem Chef des Bundeskriminalamts Franz Lang darüber reden. "Ich stelle mir eine Observation vor." Fuchs empfahl daraufhin, ein Verfahren wegen Geheimnisverrats einzuleiten und Daten des internen Justiz-EDV-Systems bezüglich des BVT-Verfahrens auswerten zu lassen. Pilnacek war für "scharfes Eingreifen". 

"Ein Exempel statuieren"

Auch auf Daten von Adamavics Handy wollte Pilnacek laut einer E-Mail an Fuchs Zugriff. "Es wird auch einmal notwendig sein, eine Rufdatenauswertung anzuordnen und dienstlich und privat genutzte Mobiltelefone sowie E-Mailaccounts von Adamovic für den fraglichen Zeitraum sicherzustellen und auszuwerten." In einem weiteren Mail wollte er "irgendeinmal ein Exempel statuieren" (sic!), "dh. die Telefone und dienstlichen Mailaccounts von Adamovic & Co durch unsere IT auswerten lassen". 

Ermittlungen gegen die WKStA gab es schlussendlich keine. Der Verdacht war zu dünn. Stattdessen wurden - wenn auch aus anderen Gründen - die Handys von Fuchs und Pilnacek eingesammelt. Ihre Chats sind nun ein Fall für den ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss. 

SPÖ fordert Untersuchung von Zadic

"Die neuen Enthüllungen über die Methoden, die sich im Justizministerium unter ÖVP-nahen Beamten eingebürgert haben, haben mit einer demokratischen Gesellschaft nichts mehr zu tun", findet SPÖ-Justizsprecherin Selma Yildirim. Unter Pilnacek habe sich ein System im Justizministerium gebildet, das nur dem Zweck diene, den Machterhalt der ÖVP mit allen Mitteln zu sichern. "Justizministerin Zadić muss umgehend interne Untersuchungen einleiten, die dieses System aufdecken und zur Strecke bringen. So etwas darf in einem entwickelten Rechtsstaat nicht existieren", so Yildirim per Aussendung. 

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  • "Die Truppe ist das Letzte": Ex-Justiz-Sektionsleiter Christian Pilnacek plante laut einem Medienbericht, den Ibiza-Staatsanwaltschaft beschatten zu lassen und wollte Handys der Korruptions-Staatsanwälte beschlagnahmen lassen.

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