APA/Ernst Haas Estate/Ernst Haas/Getty Images

Wiener Westlicht zeigt Farbfoto-Pionier Ernst Haas

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Dass Fotostrecken auch in Farbe abgedruckt werden, war zu Ernst Haas Zeiten nichts Selbstverständliches. Die bunten Pionierarbeiten des großen österreichischen Fotografen, der sich Mitte des 20. Jahrhunderts die USA zur Heimat wählte, zeigt das Wiener Westlicht ab morgen, Donnerstag. Von Bildern eines sich wieder mit Leben füllenden Nachkriegs-Wiens bis zu seinen bunten New Yorker Straßen widmet das Fotomuseum dem 1986 verstorbenen Künstler eine umfassende Retrospektive.

Die Kriegsheimkehrer machten Haas bekannt. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam der Fotograf, der seine erste Kamera am Schwarzmarkt im Tausch gegen kiloweise Margarine erwarb, zufällig am Südbahnhof vorbei, erzählte Kurator Fabian Knierim. Vor allem die Masse der Menschen, die auf die Rückkehr ihrer Angehörigen hoffte, fing er ein - bekannt wurde etwa das Foto einer älteren Frau, die einem Heimkehrer mit ängstlichem Gesichtsausdruck das Bild eines jungen Mannes entgegenhielt. Ein Abbild der dramatischen Gegensätze der vom Krieg gezeichneten österreichischen Hauptstadt zeichnen die "Sonnenbadenden" - eine Frau und drei Kinder, die im Badeanzug bzw. nackt vor einer Ruine im Gras liegen.

Die Veröffentlichung der Fotos 1949 stellte für den 1921 geborenen Wiener den Durchbruch dar, der ihn in die USA führte und ihm eine Mitgliedschaft - später Präsidentschaft - bei der Fotoagentur Magnum einbrachte. Haas sei in zwei Bereichen bedeutsam gewesen, nämlich im Fotojournalismus und als Pionier der Farbfotografie, so Knierim. Denn Farbe sei damals "verpönt" gewesen und vor allem mit Werbung in Verbindung gebracht worden. Doch die Billboards und Neonreklamen der Vereinigten Staaten schrien für Haas nach Abbildung in Farbe.

Nach wenigen schwarz-weißen Aufnahmen wie jener einer Drive-In-Kirche in Massachusetts widmet sich das Westlicht Haas Farbfotografien aus Übersee. Dieser begab sich auf die Straßen: etwa auf die berühmte Route 66, hier als Allee von Reklamen, die sich in der nassen Fahrbahn widerspiegeln, oder nach New York, wo ein klassisch-gelbes Taxi vor seiner Linse vorbeifuhr. Eine 1953 im Magazin "Life" veröffentlichte Strecke beweist die Kraft der Farbe: Nur so kann man den sich in den New Yorker Hochhäusern spiegelnden blauen Himmel, die Farbexplosion hinter einem Maler am Broadway darstellen.

Dabei blieb Haas stets "Autorenfotograf", berichtete Knierim. Eine Festanstellung beim "Life"-Magazin habe er abgelehnt, um seine Motive weiterhin frei wählen zu können. Unter diesen findet sich etwa ein Stierkampf im spanischen Pamplona, dessen verschwommene, bunte Protagonisten Dynamik und Schnelligkeit suggerieren. Seine Kunst des Sehens ("The Art of Seeing" ist nicht nur der Titel der Westlicht-Ausstellung, sondern auch einer Fernsehserie, in der der Fotograf seine ästhetischen Vorstellungen preisgab) zelebrierte auch die Kunstwelt: 1962 widmete das New Yorker Museum of Modern Art dem Wahl-Amerikaner als erstem Farbfotografen eine Einzelausstellung. Nun ist er auch in seiner Geburtsstadt wieder präsent.

(S E R V I C E - "Ernst Haas. The Art of Seeing" von 17. November 2022 bis 12. Februar 2023 im Fotomuseum Westlicht, Wien, www.westlicht.com)

ribbon Zusammenfassung
  • Dass Fotostrecken auch in Farbe abgedruckt werden, war zu Ernst Haas Zeiten nichts Selbstverständliches.
  • Die bunten Pionierarbeiten des großen österreichischen Fotografen, der sich Mitte des 20. Jahrhunderts die USA zur Heimat wählte, zeigt das Wiener Westlicht ab morgen, Donnerstag.
  • Denn Farbe sei damals "verpönt" gewesen und vor allem mit Werbung in Verbindung gebracht worden.
  • Dabei blieb Haas stets "Autorenfotograf", berichtete Knierim.

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