APA/Wolfgang Huber-Lang

Volkskundemuseum lädt im Otto Wagner Areal zu Mikrofestivals

29. Apr. 2025 · Lesedauer 5 min

Es ist Frühling am Steinhof. Die Bäume blühen, die Sonne scheint. Matthias Beitl steht vor dem Pavillon 1, genießt einen Kaffee und sagt: "Eigentlich wollen wir hier gar nicht mehr weg." Während in Kürze in der Laudongasse in der Josefstadt für das Volkskundemuseum Wien mit der Kran-Montage die heiße Umbauphase beginnt, hat man es sich im Ausweichquartier auf der Baumgartner Höhe sehr schön eingerichtet. Mit einer Vielzahl von Aktivitäten will man das Publikum hierher locken.

"Mit dem 48 A ist man superschnell hier", bewirbt der Museumsleiter an diesem Dienstagvormittag die Busverbindung zum dezentralen Standort. In einem gemütlichen Besprechungsraum, in dem sich auch ein Tischtennistisch befindet, hat man zu einer Pressekonferenz geladen, bei dem man unter Beweis stellen möchte, dass ein geschlossenes Museum und ein aktives Museum kein Widerspruch sein muss. Hatte man im Vorjahr, als im bereits weitgehend leer geräumten Haupthaus nicht nur die Wiener Festwochen ihre Festivalzentrale aufgeschlagen hatten, 400 Veranstaltungen angeboten, werden es heuer nur rund 40, erklärt Programmleiter Herbert Justnik. Doch eindrucksvoll setzt man hier die seit einigen Jahren eingeschlagene Programmatik fort: Raus aus dem Elfenbeinturm, rein in die totale Vernetzung. Das Museum als Diskurs- und Möglichkeitsraum.

Daher bereitet man in den kommenden Monaten nicht nur mit Residencies von vier Stipendiaten aus den Bereichen Keramik, Glaskunst, Kunst und Kochkunst sowie Teppichknüpfen und Community Dialogen den künftigen "Hof der Kulturen" in der Laudongasse intensiv vor (Projektleiter Fabian Ritzi: "Das wird ein 'Hands On Zugang zum Museum"), sondern verbindet sich auch mit Institutionen, die bereits vor Ort sind oder hierher kommen werden. Das denkmalgeschützte Jugendstilareal der Psychiatrischen Krankenhauses mit der weltbekannten Otto Wagner Kirche soll von der Stadt in den kommenden Jahren unter dem Titel "Otto Wagner Areal" zu einer "Heimstätte für Kultur, Bildung, Wissenschaft, Gedenken, Erleben und vieles mehr" (Projektbeschreibung) entwickelt werden. Ein Atelierhaus soll hier entstehen, das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands (DÖW) wird ebenso hierher übersiedeln wie die Musik und Kunst Privatuniversität der Stadt Wien (MUK), die ab 2030/31 15 der 35 Pavillons bespielen soll.

"Das Areal steht vor einer spannenden Zeit, ist Beitl überzeugt. Zumindest bis Ende 2026 wird das Volkskundemuseum hier sein. "Vielleicht können wir mit einem Spielbein auch länger hier bleiben", lässt er Sympathien für eine langfristige Perspektive auf dem Areal erkennen. Dabei gibt es für die Wiedereröffnung des Museums, in dem nach dem Umbau auch in der Raumstruktur kaum ein Stein auf dem anderen bleiben wird - so werden etwa die Büros nach unten verlegt, Foyers und Gastronomie erweitert und der vergrößerten Vermittlungsabteilung eine zentrale Stellung eingeräumt -, bereits ein Datum: 26.6.2026. "Exakt 106 Jahre nach der Eröffnung des Museums in der Laudongasse wollen wir wieder zurückkehren", lässt Beitl wissen und versichert, dass derzeit alles in Plan sei, was Zeit- und Budgetpläne angeht. 25 Mio. Euro für den Umbau kommen aus dem EU-Aufbau- und Resilienzfonds. "Ohne ihn gäbe es den Umbau nicht." Dazu kommen 2,5 Mio. Euro vom Bund. Diese seien gesichert, so Beitl, dem das künftige Betriebsbudget des vergrößerten Museums mit seinen dann 45 Mitarbeitern angesichts der Sparpläne des Bundes deutlich mehr Sorgen bereitet.

Ziel: Verdoppelung der Besucherzahl

Die neue Hauptausstellung soll erst 2027 eröffnen, mit ihr möchte man auch die jährliche Besucherzahl auf 100.000 verdoppeln. "Das ist ein ehrgeiziges Ziel. Eigentlich wollen wir Gratiseintritt, damit unsere Ideen verwirklicht werden können. Mit dem Wien Museum haben wir da ein gutes Vorbild", sagt Beitl und beziffert auf APA-Nachfrage das kalkulierte Jahresbudget ab 2028 auf 6 Mio. Euro bei 20 Prozent Eigendeckungsgrad. "Nutze Dein Museum", steht über den neuen Raumnutzungsplänen, die der Museumschef stolz präsentiert. Das Motto lautet: "maximal öffentlich / minimal intern".

Den Pavillon 1 am Areal der Baumgartner Höhe teilt man sich derzeit mit der bis 7. September geöffneten Ausstellung "Das Kranke(n)haus. Wie Architektur heilen hilft", mit dem "Museum der Migration" (MUSMIG) und ab 1. Mai mit der Mostothek, einem bis September geöffneten Most- und Cider-Heurigen mit Kulturbetrieb. Im Foyer erinnert eine "One Object Show", die einen Aktenfund über einen Volkskundemuseumsmitarbeiter präsentiert, der Wachmann im KZ Mauthausen wurde, daran, dass man sich kritisch mit der eigenen Geschichte befasst. In der Josefstadt wurde der Luftschutzbunker im Schönbornpark thematisiert, im Ausweichquartier ist mit dem nur wenige Schritte entfernten Mahnmal, das an die Euthanasieverbrechen der Klinik am Spiegelgrund erinnert, die NS-Vergangenheit ebenfalls drückend präsent.

Der Programmschwerpunkt 2025 trägt den Titel "Through the Dark. Über Leben in autoritären Zeiten" und umfasst neben einer Gesprächsreihe im Institut für Europäische Ethnologie in der Hanuschgasse vier Mikrofestivals am Otto Wagner Areal, bei dem in Workshops, Lectures, Performances, Clubs und Installationen die aktuelle politische und gesellschaftliche Lage thematisiert werden soll. Termine sind der 10. und 24. Mai, der 5. Juli und der 13. September. Erwartet werden u.a. Theatermacher Yosi Wanunu, die "Königin der Macht", sowie die "Mysterienspiele Ringelsdorf", ein Theaterspektakel von Katharina Kummer, mit Profis und Laien, Pferd und Huhn. Motto: "Lasst alle Hoffnung fahren!"

(S E R V I C E - www.volkskundemuseum.at; https://www.owa-wien.at/ )

Zusammenfassung
  • Das Volkskundemuseum Wien hat sich während der Umbauarbeiten auf der Baumgartner Höhe eingerichtet und plant, bis 2026 dort zu bleiben.
  • Der Umbau des Museums wird mit 25 Mio. Euro aus dem EU-Aufbau- und Resilienzfonds sowie 2,5 Mio. Euro vom Bund finanziert.
  • Bis 2027 soll eine neue Hauptausstellung eröffnet werden, mit dem Ziel, die jährliche Besucherzahl auf 100.000 zu verdoppeln.
  • Im Jahr 2025 sind vier Mikrofestivals am Otto Wagner Areal geplant, die sich mit aktuellen politischen und gesellschaftlichen Themen befassen.
  • Die Wiedereröffnung des Museums ist für den 26. Juni 2026 geplant, 106 Jahre nach der ursprünglichen Eröffnung.