APA/APA/THEMENBILD/HELMUT FOHRINGER

steirischer herbst: "Erben" als verhaltene Party ums Geld

Heute, 08:30 · Lesedauer 3 min

Man weiß es nicht so genau: Ist es ein Begräbnis, ist es eine Testamentseröffnung, ist es eine Hauseröffnungsparty, zu der sich die Ensembles von Theater im Bahnhof und Das Planetenparty Prinzip in ihrem ersten gemeinsamen Stück versammelt haben? "Erben" ist eine Kooperation mit dem steirischen herbst und hatte am Donnerstag im "Detroit", der Nebenbühne der Helmut List-Halle, in Graz Premiere.

Handlung im herkömmlichen Sinn gibt es keine. Die Bühne besteht aus einer Tanzfläche, in deren Mitte das lebensgroße Alu-Gerüst eines Hauses - nein, nicht steht, sondern - hängt. Auf einem erhöhten Podest werkelt ein DJ, der das Stück mit einem teils ohrenbetäubenden Soundtrack begleitet. Die einzelnen Figuren treffen sich auf der Tanzfläche und später dann auch im Haus immer wieder für schlaglichtartige Interaktionen, die assoziative Szenen aus Begräbnissen, todesfallsbezogenen Familientreffen und Notariatsterminen zum Inhalt haben.

Bald wird klar - es geht im Grunde nicht um die im Lauf der Performance geäußerten Befindlichkeiten, schmerzliche persönliche Kindheitserinnerungen und nicht einmal ums Erben an sich, sondern einfach nur ums liebe Geld. Eine Familienaufstellung der Reihe nach, wer die höchsten und wer die geringsten Summen erbt, bringt scheinbare Klarheit über das postulierte "Gruppenerbe". An Requisiten zum Einsatz kommen in abstrakter und assoziativer Weise ein Sofa, Teeservice-Porzellan, Altkleider und nicht zuletzt Jagdtrophäen.

Letztere sind Gegenstand einer jener Geschichten, die die Protagonisten - im Übrigen unter ihren echten Vornamen auftretend - über ihre ganz persönliche, Erbe-bezogene Familiengeschichte über das Stück verteilt erzählen. Da geht es um ein ehemaliges Wirtshaus in der Provinz, das viel wert wäre, stünde es in Graz, die NS-Zeit in Tirol, Jagdenthusiasmus in Kärnten, verkaufte Häuser in Bayern. Das Publikum wird dabei immer wieder in den Fluss der szenischen Versatzstücke eingebunden.

Mitsumm-Erlebnis

Gegen Ende der rund zweistündigen Performance wird es ein bisschen politisch, wenn verschiedene Gedanken über die immer wieder heiß umstrittene (Wieder-)Einführung einer Erbschaftssteuer und generell die weltweit immer weiter gähnende Einkommensschere thematisiert werden. Ein Mitsumm-Erlebnis der besonderen Art gibt es für das Publikum, wenn es am Ende aufgefordert wird, die Höhe der selbst erhaltenen Erbsumme in entsprechender Tonhöhe zu summen.

Obwohl man merkt, dass die insgesamt 15 Schauspielerinnen und Schauspieler der beiden, zwei unterschiedliche Generationen repräsentierenden Freie-Szene-Theatergruppen beim Erarbeiten ihres gemeinsamen Beitrags zum steirischen herbst einigen Spaß gehabt haben dürften, springt der Funke nicht so ganz auf das Publikum über. Zu zerfahren, zu lang, mitunter einfach nur zu laut ist die Angelegenheit. Starke Einzelmomente, verrätselte, verhalten witzige Running Gags und eine wirklich gelungene Bühnensituation - großes Lob gebührt an dieser Stelle Heike Barnard und Christina Helena Romirer - reichen nicht aus, um ein rundherum überzeugendes Bühnenerlebnis hervorzurufen.

(von Andreas Stangl/APA)

(S E R V I C E - "Erben - Wer erbt das Haus?" - In Auftrag gegeben von steirischer herbst '25. Produziert von Theater im Bahnhof und Das Planetenparty Prinzip; Mit: Alexander Benke, Leonie Bramberger, Juliette Eröd, Victoria Fux, Ed. Hauswirth, Pia Hierzegger, Gabriela Hiti, Eva Hofer, Elisabeth Holzmeister, Moritz Ostanek, Miriam Schmid, Alexandra Schmidt, David Valentek, Nora Winkler, Martina Zinner; Regie: Nora Köhler & Helmut Köpping; Bühne & Kostüm: Heike Barnard & Christina Helena Romirer; Musik/DJ: Jakob Kolb. Weitere Vorstellungen: 10., 11., 15., 16. und 18. Oktober, Helmut List Halle-Detroit, jeweils 20 Uhr)

Zusammenfassung
  • Das Stück "Erben" von Theater im Bahnhof und Das Planetenparty Prinzip feierte am Donnerstag im Rahmen des steirischen herbst in Graz Premiere und dauert rund zwei Stunden.
  • Im Zentrum der Performance steht das Thema Geld und Erbschaft, wobei 15 Schauspieler:innen persönliche Familiengeschichten und politische Fragen wie die Erbschaftssteuer in assoziativen Szenen aufgreifen.
  • Das Publikum wird aktiv eingebunden, etwa durch ein Mitsumm-Erlebnis, doch trotz starker Einzelmomente wird das Stück als zu lang, zerfahren und teilweise zu laut kritisiert.