Neuer Demokratie-Index sieht viel Luft nach oben

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Österreichs Demokratie hat deutlichen Nachholbedarf bei Transparenz und Kontrolle, zeigt der neue Demokratie-Index, den acht NGOs gemeinsam erstellt haben und der am Donnerstag präsentiert wurde. Am schlechtesten ist es um die "Infrastruktur der Demokratie" bei Exekutive und Parlament bestellt. Ziel des neuen Index ist nicht nur eine Bestandsaufnahme. Man wolle auch Verbesserungspotenzial aufzeigen, so Mitinitiator Martin Kreutner vom Antikorruptionsvolksbegehren.

Der Index ist der Versuch der demokratiepolitischen NGOs, die Rahmenbedingungen der österreichischen Demokratie seit 2015 zu beschreiben. Er soll künftig jährlich erscheinen. Dabei messe man sich ganz bewusst an EU-Ländern und nicht an "Inselstaaten und einem abstrakten Absurdistan", betonte Kreutner. Ziel des Index sei es, einen Beitrag zu leisten zur "Generalsanierung" des Hauses Demokratie, das durch die politischen Entwicklungen seit dem Ibiza-Skandal Schaden genommen habe. Gerade das Vertrauen in die Entscheidungsträger sei eine wesentliche Voraussetzung in das Funktionieren von Demokratie. "Die Infrastruktur gehört in ihrer Stabilität gefördert", dazu soll der Index beitragen.

Für diesen werden 100 Items in den sieben Bereichen Souverän, Parteien, Legislative, Exekutive, Justiz, Medien und Zivilgesellschaft analysiert. Das Ergebnis sei keine Messung, sondern eine Bewertung mit subjektiven Anteilen, betonte Paul Grohma von Wahlbeobachtung.org bei der Präsentation. Außerdem handle es sich um ein Pilotprojekt, die Werte könnten sich also noch ändern.

Beim Index 2022 ( www.demokratieindex.at ) sind die NGOs auf einen Wert von 57 Prozent gekommen - und erschrocken, sieht Marion Beitschopf, Leiterin der Transparenzplattform Meine Abgeordneten, kein gutes Zeugnis. Die schlechtesten Werte weist der Index bei der Exekutive, also der Regierung und anderen Verwaltungsorganen, mit 31,2 Prozent aus. Breitschopf begründete das vor allem mit unzureichenden Gesetzen und fehlender Kontrolle bei Korruption, auch das fehlende Informationsfreiheitsgesetz sei ein Faktor.

Auch die Legislative, sprich das Parlament, schneidet mit 43,3 Prozent unterdurchschnittlich ab. Hier verwies Breitschopf etwa darauf, dass es etwa beim Offenlegungsgesetz für Abgeordnete im internationalen Vergleich noch "jede Menge Luft nach oben" gebe und im Parlament noch immer kein Abstimmungsmonitor im Einsatz ist. Auch in den übrigen Feldern orten die NGOS Verbesserungsbedarf, etwa Maßnahmen gegen das Auseinanderklaffen von Wohn- und Wahlbevölkerung oder eine bessere Finanzierung von NGOs.

Dabei wäre es laut Kreutner leicht, die Werte des Index nach oben schnellen zu lassen, etwa durch Umsetzung von ohnehin schon angekündigten Verbesserungen bei der Unabhängigkeit von Justiz, Medien und Informationsfreiheit.

Die acht NGOs (Antikorruptionsvolksbegehren, Meine Abgeordneten, Wahlbeobachtung.org, Forum Informationsfreiheit, Epicenter Works, Gründungsverein Demokratiestiftung, Presseclub Concordia, Respekt.net) forderten angesichts ihrer Analyseergebnisse eine "Transparenzoffensive in allen Bereichen". Gerade die vergangenen Monate hätten gezeigt, wie wichtig effektive Maßnahmen wie ein Informationsfreiheitsgesetz oder die Unabhängigkeit von Justiz und Ermittlungsbehörden seien. Auch der Schutz der Rechte einzelner (u.a. Whistleblower-Schutz, digitale Grundrechte) und eine Stärkung der demokratischen Öffentlichkeit durch Sicherstellung von unabhängigem Journalismus sind den NGOs wichtig. Als weitere Forderungen nannte Kreutner die Einführung des angekündigten Bundesstaatsanwalts, eine Entpolitisierung des ORF-Stiftungsrats und den Erhalt der "Wiener Zeitung".

ribbon Zusammenfassung
  • Österreichs Demokratie hat deutlichen Nachholbedarf bei Transparenz und Kontrolle, zeigt der neue Demokratie-Index, den acht NGOs gemeinsam erstellt haben und der am Donnerstag präsentiert wurde.
  • Am schlechtesten ist es um die "Infrastruktur der Demokratie" bei Exekutive und Parlament bestellt.
  • Die schlechtesten Werte weist der Index bei der Exekutive, also der Regierung und anderen Verwaltungsorganen, mit 31,2 Prozent aus.

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