Salzburger Festspiele zeigen "Cesare" als gnadenlosen Kampf
Vor allem die vielen Da-Capo-Arien und Rezitative seien fordernd, sagten beide. "Ich habe versucht, den Ansatz, die Grundlage herauszufinden, warum es die Da Capos gibt, und mit der Zeit auch begonnen, es zu verstehen. Es wird auch der Lauf des Lebens dargestellt", sagte Tcherniakov. Haïm helfe sehr, dass das Stück durch die Da Capos und Rezitative nicht zu sehr geteilt werde. "Und wir versuchen zu verhindern, dass das Publikum nach den Arien applaudieren kann."
Während die musikalische Leiterin mit ihrem Orchester Le Concert d'Astrée mit dem Barock bestens vertraut ist, betritt der russische Regisseur und Bühnenbildner hier Neuland, er selbst spricht von "Schwerarbeit". Im Zentrum des Werks stehen acht Figuren, die im ständigen Kampf untereinander seien. "Es gibt keine Gnade, entweder man trifft oder man wird getroffen", so Tcherniakov. Sämtliche Hierarchien aus der Vergangenheit seien aufgehoben, "und dadurch verschärft sich die Konfrontation der Figuren". Und auch wenn die aktuelle weltpolitische Situation Einfluss auf uns alle habe, versuche die Oper mehr, allgemeine Gefühle darzustellen: Hass, Entmenschlichung, Dämonisierung. "Aber wir wissen, dass das näher gerückt ist."
Darsteller psychisch nackt
Mit dem Verlauf der Proben sind die beiden zufrieden, derzeit würden gerade die Sänger in Aktion auf der Bühne gebracht, erzählte Haïm. "Sie stehen alle ohne Angst auf der Bühne und tun das, worum sie gebeten werden, das ist sehr beeindruckend", lobte der Regisseur. Die Bühne wird laut seinen Angaben fast bis zum Publikum reichen, vom Parkett aus vielleicht zwei, drei Meter entfernt. "Sie sehen alles, die Sänger haben nichts zu verbergen, sie sind also nackt in psychischer Hinsicht."
Bei den Salzburger Festspielen ist die Händel-Oper die erste gemeinsame Produktion für Tcherniakov und Haïm. Wie erfolgreich diese Zusammenarbeit sein kann, zeigte sich erst im Vorjahr, als sie für das Gluck-Projekt "Iphigénie en Aulide - Iphigénie en Tauride" in Aix-en-Provence als beste Produktion des Jahres bei den International Opera Awards 2024 ausgezeichnet wurden. Während Haïm bei den Salzburger Festspielen schon mit dem Cembalo auf der Bühne war, ist das Festival für Tcherniakov Neuland. Salzburg kennt er aber schon, 1991 war er hier als Austauschschüler.
(S E R V I C E - "Giulio Cesare in Egitto", Opera seria in drei Akten von Georg Friedrich Händel, Libretto von Nicola Francesco Haym; Musikalische Leitung des Le Concert d'Astrée und Cembalo: Emmanuelle Haïm, Regie und Bühne: Dmitri Tcherniakov, Kostüme: Elena Zaytseva, Dramaturgie: Tatiana Werestchagina, Licht: Gleb Filshtinsky. Auf der Bühne: Christophe Dumaux - Giulio Cesare, Olga Kulchynska - Cleopatra, Lucile Richardot - Cornelia, Federico Fiorio - Sesto, Yuriy Mynenko - Tolomeo, Andrey Zhilikhovsky - Achilla, Jake Ingbar - Nireno, Robert Raso - Curio. Premiere am 26. Juli 2025 um 18 Uhr im Haus für Mozart. Weitere Aufführungen am 29. Juli, 3. August, 6. August, 11. August, 14. August und 17. August. www.salzburgerfestspiele.at)
Zusammenfassung
- Die Salzburger Festspiele eröffnen am 26. Juli 2025 mit Händels Barockoper 'Giulio Cesare in Egitto', inszeniert von Dmitri Tcherniakov und musikalisch geleitet von Emmanuelle Haïm mit dem Orchester Le Concert d'Astrée.
- Im Zentrum stehen acht Figuren, die in einem gnadenlosen Kampf ohne alte Hierarchien agieren, während die Bühne bis auf zwei bis drei Meter ans Publikum heranreicht und die Sänger psychisch 'nackt' auftreten.
- Die Premiere findet um 18 Uhr im Haus für Mozart statt, weitere Aufführungen folgen am 29. Juli, 3., 6., 11., 14. und 17. August, wobei die Produktion allgemeine Gefühle wie Hass und Entmenschlichung thematisiert.