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Kafka, Orwell und Lazar: Letzte Saison Rötzers in St. Pölten

Heute, 11:11 · Lesedauer 3 min

Das reichhaltige Programm ihrer zehnten und zugleich letzten Spielzeit als künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich in St. Pölten hat Marie Rötzer, designierte Direktorin des Theaters in der Josefstadt, am Dienstag präsentiert. Vier Uraufführungen, vier österreichische Erstaufführungen und drei Österreich-Premieren stehen auf dem Spielplan. Im Zentrum der Saison 2025/26 steht die Frage "Kann Kunst die Welt retten?"

Rötzer beantwortet in ihrem Spielzeitheft gleich diese Frage gleich selbst: "Theater kann nicht die Welt retten und es kann uns auch keine Glücksversprechen geben, aber es kann uns mit spielerischer Fantasie und Kreativität unterstützen, Utopien zu entwickeln. Das Theater erschafft uns eine Parallelwelt, in der wir wie durch ein Brennglas komplexe Verhältnisse besser verstehen können. Und Theater kann krisensichere Brücken für Menschlichkeit und Solidarität bauen." Eröffnet wird am 12. September mit "Die eingebildete Kranke" nach Molière, eine Koproduktion mit dem Theatersommer Haag, wo das Stück bereits am 25. Juni zur Aufführung gelangt. Regie führt Leander Haußmann, Ursula Strauss spielt die Titelrolle.

"Mit der Auswahl unserer Stücke wollen wir aufzeigen, welche Rolle Macht und Manipulation spielen", erklärte Rötzer. Regisseur Gernot Grünewald bringt Kafkas Fragment "Das Schloss" über machtbesessene Bürokraten auf die Bühne. Jonathan Heidorn setzt George Orwells politische Parabel "Animal Farm" in der Theaterwerkstatt in Szene. In Tschechows "Die Möwe", inszeniert von Max Lindemann, verschließt sich eine Kulturbubble vor der Wirklichkeit.

Die junge Regisseurin Mira Stadler widmet sich der wiederentdeckten Dramatikerin Maria Lazar, die mit "Der blinde Passagier" eine Geschichte über Zivilcourage im Nationalsozialismus geschrieben hat. Zum Abschluss der Ära Rötzer inszeniert das Regieduo Sarah Viktoria Frick und Martin Vischer sein Stück "Speed – Auf den letzten Metern": ein Abend über Abschiede, ungelebte Träume und noch offene Wünsche. "Speed" ist eine der vier angekündigten Stück-Novitäten. Auch das Sieger*innenstück des Stücke-Fests 2025, das Goethe-Projekt "Lottes Werther" als Klassenzimmertheater und "Love is the thing" für den Theaterclub 14+ werden als Uraufführungen geführt.

Hochmair, Wuttke und Lars Eidinger

Zu Gast in St. Pölten sind die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz aus Berlin, das Thalia Theater Hamburg, das Berliner Ensemble, Philipp Hochmair, Nikolaus Habjan und das Theater mit Horizont. Dabei sind u.a. Arbeiten von Jette Steckel, René Pollesch, Oliver Reese, Simon Meusburger und Clemens Handler mit Mitwirkenden wie Barbara Nüsse, Martin Wuttke und Paul Herwig zu sehen. Lars Eidinger ist mit einer Lesung vertreten.

Im Rahmen des Literaturfestivals Blätterwirbel gibt es ein Autorinnen-Portrait von Milena Michiko Flašar und eine Lesung von Wolf Haas. Das Bürger*innentheater unter der Leitung von Nehle Dick beschäftigt sich als österreichische Erstaufführung mit Max Frischs "Was fehlt Ihnen zum Glück? – Fragebogen". Ein eigenes Repertoire für Kinder und Jugendliche, Klassenzimmertheater, Adventlesungen und vielfältige Kulturvermittlung ergänzen das Angebot.

Aktuell beträgt die Auslastung der bis 13. Mai gespielten Vorstellungen knapp 91 Prozent, berichtete Geschäftsführer Georg Kandolf. Rund 4.000 Karten stehen für einzelne Produktionen auf Wartelisten. Bei den Abonnements gibt es einen Zuwachs von über 14 Prozent und somit einen neuen Höchststand nach Corona. Die Einnahmen liegen aktuell knapp unter dem Höchststand aus der Spielzeit 2018/19.

(S E R V I C E - St. Pölten, Landestheater NÖ, Einzelkartenverkauf für die Spielzeit 2025/26 ab 17. Juni. www.landestheater.net)

Zusammenfassung
  • Marie Rötzer hat für ihre zehnte und letzte Spielzeit als künstlerische Leiterin des Landestheaters Niederösterreich ein Programm mit vier Uraufführungen, vier österreichischen Erstaufführungen und drei Österreich-Premieren vorgestellt.
  • Im Zentrum der Saison 2025/26 steht die Frage „Kann Kunst die Welt retten?“, wobei Rötzer betont, dass Theater zwar keine Glücksversprechen geben, aber mit Fantasie und Kreativität Utopien ermöglichen und Brücken für Menschlichkeit bauen kann.
  • Die Auslastung der Vorstellungen liegt aktuell bei knapp 91 Prozent, rund 4.000 Karten stehen auf Wartelisten und die Zahl der Abonnements ist um über 14 Prozent gestiegen.