APA/HANS PUNZ

"Buhlschaft" Caroline Peters über Humor als Waffe

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Am 5. Juni ist Caroline Peters in ORF 1 mit der Culture-Clash-Komödie "Womit haben wir das verdient?" zu erleben. Zu diesem Zeitpunkt lernt die 48-Jährige bereits ihre Rolle der Buhlschaft für die heurigen Salzburger Rumpffestspiele. Zuvor sprach Peters mit der APA über den Humor als Waffe, die Angst vor der Bühnenrückkehr und die Frage, ob man als Schauspielerin halbtags arbeiten kann.

Am 5. Juni ist Caroline Peters in ORF 1 mit der Culture-Clash-Komödie "Womit haben wir das verdient?" zu erleben. Zu diesem Zeitpunkt lernt die 48-Jährige bereits ihre Rolle der Buhlschaft für die heurigen Salzburger Rumpffestspiele. Zuvor sprach Peters mit der APA über den Humor als Waffe, die Angst vor der Bühnenrückkehr und die Frage, ob man als Schauspielerin halbtags arbeiten kann.

APA: Hatten Sie, als Regisseurin Eva Spreitzhofer Ihnen die Rolle der Wanda in "Womit haben wir das verdient?" angeboten hat, je den Gedankengang, dass es gefährlich sein könnte, Scherze über den Islam zu machen?

Caroline Peters: Ich hatte schon den Gedanken, dass man aufpassen muss, niemanden vor den Kopf zu stoßen. Aber ich bin ein großer Fan von Komödien mit einem starken Thema, in denen die Charaktere nicht nur auf Bananenschalen herumrutschen. Mit gutem Komödiantentum kommt man an alle Härtefälle unseres Zusammenlebens ran. Außerdem ist Eva Spreitzhofer eine Autorin, die sich intensiv mit ihrem Sujet beschäftigt hat. Und der Film handelt ja auch von einer Feministin und wie sie sich mit dem Islam konfrontiert. Daraus schlägt der Film sein komödiantisches Kapital.

APA: Woraus speist sich der Humor von "Womit haben wir das verdient?"?

Peters: Es ist ja in keiner Weise lustig, jemanden zu dissen. Lustig ist, wenn man sich selbst konfrontiert. Man fühlt sich selbst einer Schicht angehörig, die immer auf die Gleichheit pocht. Aber es ist dann eben doch etwas anderes, ob man eine scharfe Diskussion auf Facebook führt, oder ob dein eigenes Kind nachts im Bad in der Burka Litaneien von einem alten Prediger anhört. Dieses Spannungsfeld finde ich super!

APA: War dieser differenzierte Zugang für Sie von vornherein erkennbar?

Peters: Die erste Fassung des Drehbuchs, die ich gelesen habe, hat das schon deutlich gemacht. Und als ich dann Eva Spreitzhofer das erste Mal getroffen habe, war schnell klar, wie genau sie arbeitet und bereit ist, noch so jedes kleine Detail zu ändern, wenn ein Berater der Islamischen Gemeinde etwas anderes meint als ein anderer. Mir ist bei der Arbeit unheimlich deutlich geworden, dass letztlich alles Ansichtssache ist und sich auch die Islamischen Gelehrten so widersprechen wie die Virologen heute. Es ist halt immer alles eine Frage der Auslegung und kein Gesetz. Da finde ich sehr viele Bemerkungen im Drehbuch nicht nur unglaublich treffend, sondern auch unglaublich komisch.

APA: Eva Spreitzhofer meinte damals, dass sie mit Ihnen die größte Komödiantin des deutschen Sprachraums für ihren Film gewinnen konnte. Sehen Sie sich auch so?

Peters: Das ist ein sehr großes Kompliment! Aber ich bin natürlich kein Comedien, sondern stehe eher in einer Tradition filmischer Komödien wie Woody Allen. Aber ich bewundere Comediens sehr!

APA: Ohne das Klischee vom traurigen Clown zu bemühen: Sind sie privat auch ein lustiger Mensch?

Peters: Es gibt auch eine weniger humorvolle Persona im Privatleben, die auf der Bühne seltener vorkommt. Wir bemühen uns in unserem Haushalt aber schon, viel Spaß walten lassen. Das macht die Sache einfacher. Und viele Konflikte kann man innerhalb der Beziehungen mit einem dummen Spruch leichter bewältigen als mit einem langen, ernsten Gespräch.

APA: Bisweilen heizt nach meiner Erfahrung ein dummer Spruch die Konflikte aber auch an...

Peters: Humor ist leider nicht immer todsichere Waffe. Die kann auch daneben schießen...

APA: Wenn wir nun ein wenig auf den Sommer blicken: Sie haben angekündigt, im Juni ihre Partie der Buhlschaft auswendig zu lernen. Warten Sie noch auf die Details für die heurige Rumpfsaison, bevor Sie wirklich loslegen?

Peters: Ich bleibe jetzt einfach mal bei diesem Plan, dass ich die Rolle im Juni lerne. So viel ist es dann ja letztlich auch nicht... Und an sich beschäftige ich mich ja mit dem Part, seit ich dafür angefragt wurde.

APA: Wurde vonseiten der Festspiele bereits über die geplante, verkürzte Ausgabe gesprochen?

Peters: Seit die Politik die Grenze von 1.000 Personen, die ein "Kulturprodukt konsumieren" dürfen, verkündet hat, haben wir sehr viel über mögliche Szenarien gesprochen. Diese ganzen Fragen sind ja letztlich auch Rechenaufgaben für die Festspielleitung.

APA: Überwiegt da bei Ihnen die Vorfreude zu spielen oder die Angst, vor leeren Rängen zu stehen?

Peters: Beides, muss ich sagen. Einerseits empfinde ich eine große Freude, dass jetzt alles wieder losgeht und nicht für immer aus meinem Leben verschwunden ist. Ich hatte zwischendurch tatsächlich befürchtet, dass die alle Theater zusperren und das war's dann. Aber zugleich habe ich durchaus so etwas wie die "Return Anxiety", also die Angst vor der Rückkehr. Wie wird das sein, wenn nur auf jedem fünften Platz jemand sitzt? Wird es die Stimmung heben, weil alle so froh sind, dass sie dort sein dürfen. Oder wird erst gar keine entstehen? Wenn man sich bemüht, die Ansteckung mit dem Virus zu verhindern, verhindert man vielleicht auch, dass sich die Leute gegenseitig mit ihrer Stimmung anstecken. Das kann man jetzt nicht prognostizieren. Das findet statt, und erst dann weiß man es. Ich fand zumindest die Stimmung in den Restaurants nach der Öffnung sehr gut - falls das ein Vorbote für die Theater ist...

APA: Sie waren aber auch im Shutdown selbst hochaktiv und haben neben Ihren Insta-Lesungen auch Trampolinspringen und Online-Feldenkraisen angefangen. Was können Sie sich mitnehmen in die "neue Normalität"?

Peters: Ich hätte die sportlichen Aktivitäten gerne beibehalten - aber diese haben sich schon während der Zeit zu Hause im Sande verlaufen. (lacht) Anfangs war der Sport eine große Hilfe, das ganze Adrenalin, das man als Theaterschauspielerin ansonsten gewohnt ist zu verwalten, abzubauen. Aber das hat sich dann leider bald erledigt... Ein Halbtagsjob als Künstlerin wäre toll, aber darauf wird es wohl nicht hinauslaufen. (lacht) Dabei gäbe auch viel mehr Jobs für andere, wenn man immer halb privat unterwegs sein könnte.

APA: In der Diskussion um den Umgang der Politik mit den Anliegen der Kulturschaffenden in Österreich habe ich zuletzt eine wirkliche Enttäuschung unter den Betroffenen wahrgenommen. Geht es ihnen da ähnlich?

Peters: Als Kulturschaffende kommt man sich in der Kulturnation Österreich sehr wichtig vor - es ist ja auch immer alles voll! Es muss unheimlich viele Menschen in dieser Stadt geben, die Kultur selbst konsumieren. Und plötzlich wurde einem in der Coronakrise vermittelt, das Ganze existiert nur als touristische Folklore. Was ist mit den Kulturbürgern von Wien?! Wir zahlen doch alle Steuern, damit diese Einrichtungen offenhalten können. Das hat mich echt schockiert. Ich hatte vorher einen größeren Glauben daran, dass Kultur elementarer gesehen wird. Denken Sie an die verunglückte Pressekonferenz von Frau Lunacek (damals Kulturstaatssekretärin, Anm.): Die Vorstellung, dass Politiker dieses Landes wirklich denken, dass man im Theater und der Oper gleichsam wilde Tiere auf der Bühne hat, die von "Betreuern" im Zuschauerraum beim "Üben" unterstützt werden! Das hat mich echt schockiert. Das ist so unendlich weit von der Realität entfernt, dass ich mir nie hätte vorstellen können, dass jemand so etwas denkt. Man hätte so viel Austausch haben können mit der Kulturszene und hat diese Chance nicht genutzt, weil es offensichtlich eh egal ist. Dieses Gefühl habe ich leider sehr stark.

Caroline Peters, geboren am 7. September 1971 in Mainz, wurde 2004 Ensemblemitglied am Wiener Burgtheater - nachdem sie zuvor schon an praktisch allen zentralen deutschsprachigen Bühnen zu erleben war. Am Theater reüssierte sie in der Zusammenarbeit mit Regisseuren wie Karin Beier, Luc Bondy oder Simon Stone in einem breiten Spektrum an Partien, das von Medea über die Klytaimnestra bis hin zur heurigen Buhlschaft bei den Salzburger Festspielen reicht. Zugleich war und ist Peters auch immer wieder auf der Leinwand zu erleben und wurde einem breiten Publikum als Kommissarin im TV-Erfolg "Mord mit Aussicht" bekannt. 2016 wurde die Grimme-Preisträgerin mit dem Deutschen Schauspielerpreis als "Beste Schauspielerin in einer komödiantischen Rolle" und im selben Jahr von "Theater heute" als Theaterschauspielerin des Jahres geehrt - eine Würdigung, die sie 2018 erneut für sich reklamieren konnte. Ebenfalls 2018 wurde Peters auch mit einem Nestroy ausgezeichnet.

Das Gespräch führte Martin Fichter-Wöß/APA

ribbon Zusammenfassung
  • Am 5. Juni ist Caroline Peters in ORF 1 mit der Culture-Clash-Komödie "Womit haben wir das verdient?" zu erleben.
  • Zu diesem Zeitpunkt lernt die 48-Jährige bereits ihre Rolle der Buhlschaft für die heurigen Salzburger Rumpffestspiele.
  • Zuvor sprach Peters mit der APA über den Humor als Waffe, die Angst vor der Bühnenrückkehr und die Frage, ob man als Schauspielerin halbtags arbeiten kann.