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"Alles Walzer": Glanzvolle Rückkehr des Opernballs

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Der Wiener Opernball ist geschlagen: Bei der 65. Ausgabe nach dem coronabedingten Ausfall ging am Donnerstagabend in der Staatsoper wieder die wohl nur in Wien mögliche Mischung aus Medienspektakel, Societyevent und Kulturereignis über die Bühne.

Das offizielle Österreich war stark vertreten: Bundespräsident Alexander Van der Bellen nahm ebenso in einer Loge Platz wie Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP), der den belgischen Premierminister Alexander De Croo zu Gast hat.

Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) begrüßte seinen deutschen Amtskollegen Christian Lindner. Ebenfalls in die Oper kamen die beiden Kanzleramtsministerinnen Karoline Edtstadler und Susanne Raab (beide ÖVP). Von den Grünen kam indes lediglich Staatssekretärin Andrea Mayer, die ein Zeichen anlässlich des Status von Österreich als Gastland der Leipziger Buchmesse setzt und einen Repräsentanten des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels, Benedikt Föger, in die Oper geladen hat. Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) brachte Alexander Wrabetz als seinen persönlichen Gast.

Party-Promis-Proteste: Opernball im Zeichen der Klima-Krise

Klimaaktivisten stören Opernball

Großes Thema am Ball war auch die Klimakrise. Auf dem roten Teppich vor der Staatsoper entrollten etwa die Klima-Aktivisten Lena Schilling und Daniel Shams ein Banner mit der Aufschrift "Ihr tanzt, wir brennen". Dabei wurden sie von Schauspieler Michael Ostrowski unterstützt. Schilling und Shams wiesen nach eigenen Angaben "auf die übergroße Schuld der Reichen und Mächtigen an der Klimakrise" hin, wie es in einer Aussendung von "System Chance not Climate" hieß. Auch in Interviews kam das Klimathema immer wieder zur Sprache. "Egal ob ich beim Würstelstand oder am Opernball stehe, meine Meinung ist immer dieselbe: Für das Klima", sagte Ostrowski.

"Fossil des Abends"-Auszeichnung

"Es wird Protest geben, es wird Widerstand geben. Es ist klar, dass die reichsten zehn Prozent auch in Österreich die Hälfte der Treibhausgasemissionen verursachen und damit hauptverantwortlich sind für die Klimakrise auch in Österreich. Und dagegen werden wir aufstehen, auch heute", sagte Schilling im APA-Interview. Sie wurde nach dem Entrollen eines Banners ("Ihr tanzt, wir brennen") mit ihrem Kollegen Daniel Shams vom roten Teppich von Securities hinauskomplementiert - "unter Protest" wie sie betonten.

Eigentlich wollten die beiden im Namen von "System Change not Climate" in die Loge von der Wirtschaftskammer und zu Präsident Harald Mahrer, um ihm einen Preis zu überreichen: das "Fossil des Abends". "So viel Skrupellosigkeit verdient einen Preis. Harald Mahrer bekommt heute ein tanzendes Fossil, damit er sich auch in 20 Jahren noch an seinen Beitrag erinnert, unsere Energierechnungen unleistbar und unsere Welt unbewohnbar zu machen", sagte Shams.

Keine Interviews mit Fonda

Für das gewohnte Blitzlichtgewitter sorgte Baumeister Richard Lugner, der heuer die Schauspielerin Jane Fonda als Stargast bei sich hatte. Fonda in einem weißen, langen Strukturkleid war im Vorfeld nicht wirklich über ihren Auftritt informiert gewesen. "Ich dachte, ich gehe zu einer Opernaufführung", sagte sie auch noch kurz vor dem Fest. Im Vorfeld aß sie Wiener Schnitzel. "Ich liebe Erdäpfelsalat", sagte die Mimin.

Beim Opernball verweigerte sie zunächst sämtliche Interviews, für den ORF beantwortete die dann aber doch einige Fragen vor der Kamera. "Es ist außergewöhnlich, ich bin froh, dass Herr Lugner mich eingeladen hat", sagte die US-Schaupielerin. Sie zeigte sich von der Eröffnung begeistert. "Diese Art zu tanzen sieht man nicht in meinem Land." Allerdings müsse Fonda um Mitternacht ihr Kleid und ihren Schmuck zurückgeben, alles sei nur geliehen. "Ich bin Cinderella", meinte sie. Denn sie müsse früh schlafen gehen, morgen habe sie einen frühen Flug.

Mr. Big am Opernball

In der Loge des Unternehmers Klemens Hallmann und seiner Frau, dem Model Barbara Meier, nahmen unter anderem Regisseur Thomas Roth, Schauspieler Jeff Wilbusch sowie das Mimenpaar Michael Ostrowski und Hilde Dalik und der Street- und Pop Art-Künstler Niclas Castello Platz.

Hollywood-Schauspieler Chris Noth - bekannt als Mr. Big von "Sex and the City" - wurde als Gast von Patricia Schalko (Ex-Frau von Milliardär und Immo-Tycoon Georg Stumpf) und ihrem Freund, Rechtsanwalt Tassilo Wallentin, empfangen. Es gibt seit geraumer Zeit gegen ihn gerichtete Vorwürfe von sexuellen Übergriffen von mehreren Frauen, deshalb haben sich seine damaligen Co-Schauspielerinnen von ihm distanziert.

Zeilinger in Bundespräsidenten-Lodge

Durch das dichte Gedränge des roten Teppichs kämpften sich zudem die Schauspieler Mariella Ahrens, Felix Kammerer und Verena Altenberger, Modedesignerin Lena Hoschek, die südafrikanische Opernsängerin Pretty Yende, Tenor Adrian Eröd, Bariton Andre Schuen, die schwedische Wagner-Ikone Nina Stemme, der Regisseur Stefan Ruzowitzky, die Schlagersängerin Melissa Naschenweng und die Tochter des Zirkus-Roncalli-Gründers Bernhard Paul, Lili Paul-Roncalli. Weiters kamen die Unternehmer Nadja Swarovski, Christian W. Mucha, Dirigent Franz Welser-Möst und der Vorstand der Wiener Philharmoniker, Daniel Froschauer.

Auch Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger besuchte den diesjährigen Opernball und nahm bei der Eröffnung in der Loge des Bundespräsidenten Platz. Der Quantenphysiker ist begeisterter Opernbesucher, bereits in seiner Zeit im Gymnasium war er dort regelmäßig auf Stehplätzen anzutreffen. "Ich schätze ihn ungemein", sagte Van der Bellen über Zeilinger. Man könne schon stolz darauf sein, was Zeilinger abgesehen vom Nobelpreis auf den Weg gebracht habe. Van der Bellen, der in Begleitung seiner Frau Doris Schmidauer kam, hat den Opernball schon vermisst, wie er im Gespräch mit der Austria Presse Agentur sagte. "Es gehört zu Wien dazu, es gehört zu Österreich dazu, die Eröffnung ist jedes Mal fantastisch", betonte das Staatsoberhaupt. Auch Bundeskanzler Nehammer bezeichnete den Ball als "überwältigendes Ereignis", sagte er. "Es hilft, in so einer Kulisse schwierige Themen zu besprechen."

Hundert Jahre Wiener Tanzmusik und Operette

Direktor Bogdan Roščić war zum ersten Mal Hausherr in der Staatsoper. Vor einer Premiere sei er immer "völlig aus dem Häuschen", heute habe er eine "leichte Anspannung" als Gastgeber von tausenden Besuchern, sagte er im ORF-Interview. Durch sein Mitwirken ist bei der Eröffnung vor allem der Nachwuchs der Staatsoper in den Mittelpunkt gerückt. So zeigte anfangs die Ballettakademie den "Tarantel-Galopp" von Joseph Lanner, später folgte "Eljen a Magyar!" von Johann Strauss (Sohn) gesungen von den Kindern der Opernschule, bei der auch die Tochter des Direktors mitwirkte. Im Vorfeld versprach er, dass "die Kinder die Show stehlen würden", sagte er dem ORF.Generell stand die Eröffnung ganz im Zeichen von hundert Jahren Wiener Tanzmusik und Operette. Staatsballettdirektor Martin Schläpfer hatte etwa zur Musik von Johann Strauß' unsterblichem Walzer "Wiener Blut" eine neue Choreografie gestaltet, die beim Ball ihre Uraufführung feierte. Die Balletttänzerinnen und -tänzer trugen Kostüme der Modeschöpferin Susanne Bisovsky ganz in Schwarz.

Auch die Starsänger ließen die Tradition hochleben. Zuerst donnerte Tenor Andreas Schager gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Geigerin Lidia Baich, "Freunde, das Leben ist lebenswert" aus "Giuditta" von Franz Lehár durch die Oper. Dann folgte die finnische Sängerin Camilla Nylund mit dem "Vilja-Lied" aus "Die lustige Witwe", ebenfalls von Franz Lehár. Gemeinsam ließen sie dann "Zwei Herzen im Dreivierteltakt" von Robert Stolz schlagen.

Einziger Exot unter all den Österreichern war Frédéric Chopin, unter dessen "Polonaise A-Dur, op. 40 Nr. 1" die Debütantinnen und Debütanten einzogen - und letztlich mit dem Donauwalzer das Parkett für die 5.150 Besucherinnen und Besucher freigaben.

Heuer kein Casino

Für die Gäste wurde heuer mehr Platz geschaffen. Da es in diesem Jahr zum ersten Mal kein Casino mehr gab, wurde das Schwindfoyer zur Kulinarik-Zone umgebaut. Aufgetischt wurden in dem "Wiener Salon" etwa Riesling-Beuschel, Paprika-Henderl oder Rote Rüben-Nockerl. Auch ein Verlaufen im labyrinthartigen Innenleben der Oper gab es nicht mehr: Dank großzügig angebrachter QR-Codes konnten die Besucher mit ihrem Handy ihren genauen Standort im Haus abrufen.

Für den Ball mussten die Besucherinnen und Besucher allerdings heuer tiefer in die Tasche greifen: Angesichts der vielen Krisen unterstützte der Ball unter dem Slogan "Hand in Hand 'Alles Walzer'" die vom ORF getragene Initiative "Österreich hilft Österreich". Für die Gäste bedeutete dies einen "Solidaritätsaufschlag" auf Tickets. Diese kosteten nun 350 anstatt 315 Euro. Auch die gesamte Gastronomie kostete um zehn Prozent mehr.

Opernball-Demo

Die in früheren Jahren berühmt-berüchtigte Opernball-Demo feierte ebenfalls ihr Comeback. Die Kommunistische Jugend Österreichs (KJÖ) rief zu einem Protestzug auf, der ab 19.00 Uhr am Keplerplatz in Favoriten starteten und bis zur Oper führte. Das Motto war ebenfalls wohlbekannt: Einige hunderte Menschen marschierten unter der Parole "Eat the Rich" gegen soziale Ungerechtigkeit. Auch die Partei LINKS hat zu einer Kundgebung zwischen Oper und Albertina ab 20.00 Uhr aufgerufen. LINKS-Sprecherin Anna Svec hoffte im Vorfeld auf eine prominente Teilnehmerin und hat Lugners Opernballgast Fonda zur Kundgebung geladen, die allerdings lieber in die Oper ging.

ribbon Zusammenfassung
  • Der Wiener Opernball ist geschlagen:
  • Bei der 65. Ausgabe nach dem coronabedingten Ausfall ging am Donnerstagabend in der Staatsoper wieder die wohl nur in Wien mögliche Mischung aus Medienspektakel, Societyevent und Kulturereignis über die Bühne.
  • Das offizielle Österreich war stark vertreten.

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