Stiche in den Rücken
Messerattacke auf Partnerin: 30 Monate Haft für Wienerin
Die Geschworenen verneinten den inkriminierten Mord mit einem Abstimmungsverhältnis von 7:1. Es erfolgte ein Schuldspruch wegen schwerer Körperverletzung.
Die Staatsanwältin war demgegenüber von Tötungsabsicht ausgegangen: "Sie hat sie lebensgefährlich verletzt. Wäre die Frau nicht rasch notfallmedizinisch und richtig versorgt worden, wäre sie gestorben." Die Angeklagte versicherte demgegenüber, sie habe ihre Partnerin "niemals, niemals" verletzen wollen.
Die 29-Jährige habe nach der Streiterei beruhigend auf sie einwirken wollen und sei ihr in die Küche gefolgt, wo sie gerade mit einem Messer Kalbfleisch zugeschnitten habe, um das anschließend ihrem Hund zu verfüttern: "Sie ist plötzlich überraschend zu mir gekommen und hat mich umarmt und ganz fest umklammert."
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Sie habe sich aus der Umklammerung lösen wollen, schilderte die Angeklagte: "In dem Moment wollte ich mich nur befreien. Ich habe es nicht begriffen, dass ich das Messer in der Hand gehabt habe. Ich habe es nicht gespürt und mitbekommen, dass ich das blöde Messer in der Hand hatte."
"Ich war total hysterisch"
Im Zuge der "Fuchtelei" sei es zu den Stichen gekommen, behauptete die Angeklagte, die während ihrer Einvernahme immer wieder ins Schluchzen kam. Sie sei sich dessen nicht bewusst gewesen, was sie angerichtet hatte: "Ich war total hysterisch und weinerlich." Nach den Stichen habe ihre Partnerin "von mir abgelassen und ist aus der Wohnung raus."
"Das ist einfach nur lächerlich. Das ist einfach eine Schutzbehauptung", reagierte die Staatsanwältin auf diese Verantwortung.
Sie berichtete den Geschworenen, die angestochene Frau sei ins Stiegenhaus geflüchtet, einen Stock tiefer gegangen und habe bei einem Nachbarn angeläutet. Dann sei sie zusammengebrochen, kollabiert und habe das Bewusstsein verloren. Der Nachbar hätte Polizei und Rettung verständigt.
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Die Angeklagte habe währenddessen in der Wohnung die Spuren der Tat beseitigt: "Sie hilft ihr nicht. Sie läuft ihr nicht nach. Sie säubert das Messer."
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Opfer hat Angeklagter verziehen
"Es gibt kein Motiv. Es gibt keinen Tatplan. Es gibt kein totes Opfer. Es gibt keine rachsüchtigen Angehörigen", meinte demgegenüber Verteidiger Ernst Schillhammer. Vielmehr leide das Opfer genauso unter dem Geschehenen wie die Angeklagte.
Indem er die im Publikum sitzende, streckenweise weinende Lebensgefährtin direkt ansprach, erklärte Schillhammer, die 29-Jährige habe seiner Mandantin längst verziehen: "Die weint nicht nur heute. Die weint seit Wochen, weil sie sie nicht sehen kann." Die 29-Jährige dürfe die Angeklagte nicht im Gefängnis besuchen: "Die wollen nichts Anderes, dass die rauskommt und sie ihr gemeinsames Leben fortsetzen können."
Die Schwerverletzte hatte bei ihrer polizeilichen Einvernahme im Spital zunächst angegeben, sie sei am Nachhauseweg von unbekannten Tätern niedergestochen worden. Erst als ein DNA-Gutachten zutage förderte, dass auf dem in der Abwasch der Küche sichergestellten Messer Sekretspuren mit dem Blut der Verletzten haften geblieben war und damit die Tatwaffe feststand, wanderte die Partnerin der 29-Jährigen in U-Haft.
Von diesem Zeitpunkt an verweigerte das Opfer der Straftat jegliche Angaben, um ihre Lebensgefährtin nicht belasten zu müssen. "Die hat von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht. Sie ist nach wie vor verliebt in sie. Sie sollen heiraten", verriet die Staatsanwältin.
Angeklagte will ihre Partnerin "um die Hand bitten"
Das bestätigte die Angeklagte. Auf die Frage nach ihren Zukunftsplänen erwiderte die 28-Jährige, die zuletzt als Küchenhilfe gearbeitet hatte: "Sie um die Hand bitten und ein neues Leben beginnen." Abgesehen davon wolle sie "in Therapie gehen." Davon erhoffe sie sich "Emotionsregulation" und Hilfe bei "Stressreaktionen auf Beziehungsebene."
Die Klinge der Tatwaffe hatte beim Opfer zwei jeweils zwei Zentimeter breite und eine einen Zentimeter breite Verletzung mit Lufteinschlüssen in der rechten hinteren Brustkorbwand bewirkt. Die Frau erlitt eine Blut-Luft-Brustfüllung und Zeichen eines beginnenden Blutschocks.
Frauen hatten Kaiser Wiesn im Prater besucht
Die beiden Frauen hatten in der Nacht auf den 7. Oktober die sogenannte Kaiser Wiesn - das Oktoberfest im Prater - besucht und dabei Alkohol konsumiert. Es kam zu einer Eifersuchtsszene, nachdem die Jüngere mit einem fremden Mann getanzt hatte. Am Heimweg unterstellte die 28-Jährige dann ihrer Partnerin, diese habe im Gegenzug ihre Brieftasche und ihr Handy verschwinden lassen.
Zu Hause habe sich die Auseinandersetzung immer mehr "hochgeschaukelt", sagte die Staatsanwältin. Obwohl die Angeklagte mit dem Hund zwischenzeitlich äußerln gegangen sei, sei es zu Handgreiflichkeiten und am Ende zu den fast tödlichen Messerstichen gekommen.
Zumindest aus Sicht des Gerichtsmediziners Nikolaus Klupp war die Darstellung der Angeklagten zum Zustandekommen der Verletzungen nicht nachvollziehbar. Auf die Frage, ob diese eine Folge von Herumfuchteln mit den Händen sein könnten, meinte der Experte: "Aufgrund der Lebenserfahrung bin ich eher abgeneigt, das zu glauben."
Hilfe bei häuslicher Gewalt
Sind Sie Opfer von Gewalt oder kennen jemand, der es ist? Hier finden Sie Hilfe
Frauen-Helpline: 0800/222 555
Gewaltschutzzentrum: 0800/700 217
24-Stunden-Frauennotruf der Stadt Wien: 01/71719
Frauenhaus-Notruf: 05 77 22
Männerberatung Wien: 01/603 28 28
Rat auf Draht - Hilfe für Kinder & Jugendliche: 147
Im Fall von akuter Gewalt: Polizei-Notruf 133
Zusammenfassung
- Eine 28-jährige Frau wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, nachdem sie ihre 29-jährige Partnerin bei einem Streit am 7. Oktober 2024 mit einem Messer schwer verletzt hatte.
- Die Geschworenen verneinten den Mordvorwurf mit 7:1 Stimmen und verurteilten sie wegen schwerer Körperverletzung.
- Die Staatsanwältin argumentierte, dass die Verletzungen lebensgefährlich waren und nur durch rasche medizinische Hilfe nicht tödlich endeten.
- Das Opfer hat der Angeklagten verziehen und möchte die Beziehung fortsetzen, obwohl sie zunächst falsche Angaben gemacht hatte, um die Angeklagte zu schützen.
- Die Tat ereignete sich nach einem Besuch der Kaiser Wiesn im Prater, wo die Frauen Alkohol konsumiert hatten, was zu einem Streit führte.