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Wahlhebamme als "Begleitperson": "Grundsatzvereinbarung" soll Lösung bringen

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Durch eine neue Regelung der Landesgesundheitsagentur (LGA) sollen werdende Mütter in Niederösterreich ihre Wahlhebamme weiterhin in ein Klinikum mitnehmen können, jedoch lediglich als Begleitperson. Freiberufliche Hebammen sowie das Österreichische Hebammengremium (ÖHG) reagierten mit Unverständnis.

Nachdem die NÖ Landesgesundheitsagentur (LGA) vorherige Woche in einem Schreiben darüber informierte, alle Verträge mit freiberuflichen Hebammen mit Ende März zu kündigen, herrscht nun große Sorge um die Zukunft der Geburtsbegleitung in Niederösterreich.

Freiberufliche Hebammen kritisieren das Vorhaben der LGA und betonen: Eine Wahlhebamme darf bei einer Geburt nicht nur als "Begleitperson" anwesend sein, sondern müsse auch das Recht haben, die werdende Mutter medizinisch zu betreuen. Eine neue "Grundsatzvereinbarung" zwischen der LGA und dem Österreichischen Hebammengremium (ÖHG) soll nun eine Lösung bringen.

Wahlhebamme als "Begleitperson"

Gegenüber PULS 24 erklärte die LGA vorherige Woche, es würde sich bei den Kündigungen lediglich um eine Veränderung der vertraglichen Rahmenbedingungen handeln. Begleithebammen seien nach wie vor "ein wesentlicher Teil des Teams in der Betreuung der werdenden Mutter während der Geburt". Sie würden vollumfänglich der Tätigkeit als Hebamme nachkommen, allerdings "unter Leitung der diensthabenden Hebamme oder der/des Ärzt:in, bei der/dem die fachliche Letztentscheidung liegt".

In einem Infoblatt an werdende Mütter mit Wahlhebamme informierte die LGA jedoch: "Die von Ihnen gewählte freiberufliche Hebamme ist wie eine persönlich begleitende Person (z. B. werdender Vater) zu betrachten und hat zu keinem Zeitpunkt Einfluss auf die medizinische Behandlung im LK/UK" (Landesklinikum, Universitätsklinikum, Anm.). Eine Aufnahme als Begleitperson sei auf Wunsch möglich, so die LGA weiter.

Die Verantwortung für die medizinische Behandlung bzw. Hebammenbetreuung liege jedoch "bei der diensthabenden Hebamme der NÖ LGA und nicht bei der freiberuflichen Hebamme".

Mehr als "da" sein

Wahlhebammen beklagten daraufhin, ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen zu können, weil sie nun rechtlich gesehen lediglich als Begleitperson bei der Geburt anwesend sein dürften. Eine von der freiberuflichen Hebamme Lisa Sanchez-Blendow initiierte Petition für die "Aufrechterhaltung der Geburtsbegleitung" in Niederösterreich wurde zum momentanen Zeitpunkt von bereits über 31.000 Personen unterzeichnet. Auf Facebook betont die Hebamme: "Frauen durch die Geburt zu begleiten bedeutet mehr als "da" zu sein. Ich brauche das Recht, sie auch medizinisch zu betreuen (Vaginaluntersuchung, Herztonkontrolle, Venflon-Legen, Baby-empfangen) […]."

Die Wahlhebamme aus Herzogenburg forderte in einer Video-Nachricht die sofortige Rücknahme der Vertragskündigungen durch die LGA.

Auch das Österreichische Hebammengremium (ÖHG) zeigte Unverständnis für die Vorgehensweise der LGA rund um die Kündigungen. "Geburtshilfe ist eine sensible Materie. Frauen Sicherheit zu geben, sie in ihrem Selbstvertrauen zu stärken, ist ein wichtiger Teil von Hebammenarbeit", betont Gerlinde Feichtlbauer, Präsidentin des ÖHG.

Das ÖHG fordert schon lange Hebammen-Stellenpläne in den Kreißzimmern, die eine verlässliche Eins-zu-eins-Betreuung während der Geburt möglich machen: Eine Hebamme soll ab der aktiven Eröffnungsphase für eine Gebärende da sein. Die wissenschaftliche Studienlage spreche für die Eins-zu-eins-Betreuung durch die Hebamme während der Geburt, "weil sie erwiesenermaßen mit weniger Komplikationen und Interventionen einhergeht und zu einer größeren Zufriedenheit der Frauen führt".

"Fallweise Beschäftigung" für freiberufliche Hebammen

Nach intensiven Gesprächen zwischen der Leiterin der niederösterreichischen Landesgeschäftsstelle des ÖHG, Beatrix Cmolik, und den LGA-Vorständen Konrad Kogler und Alfred Zens, habe man sich nun auf eine "Grundsatzvereinbarung" geeinigt. Damit soll sichergestellt werden, dass Begleithebammen "ihre Aufgaben in vollem Umfang, wie gesetzlich geregelt, ausüben können".

Konkret werde es mit Anfang April möglich sein, als freiberufliche Hebamme im Rahmen einer so genannten fallweisen Beschäftigung in einem niederösterreichischen Klinikum tätig zu sein. Die Vereinbarung zwischen der freiberuflichen Hebamme und der werdenden Mutter bleibe davon grundsätzlich unberührt, so das LGA am Freitag in einer Aussendung. Die Aufgaben als Hebamme könnten so weiterhin in vollem Umfang und wie gesetzlich geregelt, ausgeübt und Entscheidungen in der Betreuung der werdenden Mutter getroffen werden.

Die Details der Vereinbarung sollen in den kommenden Tagen festgelegt und vorgestellt werden.

ribbon Zusammenfassung
  • Durch eine neue Regelung der Landesgesundheitsagentur (LGA) sollen werdende Mütter in Niederösterreich ihre Wahlhebamme weiterhin in ein Klinikum mitnehmen können, jedoch lediglich als Begleitperson.
  • Freiberufliche Hebammen sowie das Österreichische Hebammengremium (ÖHG) reagierten mit Unverständnis.