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Tiroler Studie verknüpft Tierkontakt mit Wohlbefinden

Heute, 04:01 · Lesedauer 3 min

Eine Forschungsgruppe der Universität Innsbruck hat offenbar erstmals wissenschaftlich belegt, dass Berührungen zwischen Mensch und Haustieren positiv mit dem Wohlbefinden einhergehen. Rund 400 Hunde- und KatzenhalterInnen wurden unter anderem nach Dauer und Ort des Kontakts befragt. Streicheln sowie vom Tier ausgehendes Anstupsen sagten ein höheres Wohlbefinden vorher, berichtete Neurowissenschaftlerin und Studienleiterin Annett Schirmer im APA-Gespräch.

"Streicheln steht klar positiv mit dem Wohlbefinden von Frauchen und Herrchen in Zusammenhang", betonte die Forscherin. Auch Kontakte, die vom Haustier ausgehen, hätten eine Rolle gespielt: "Besitzer, deren Tiere sie mehr anstupsten, fühlten sich wohler und waren mit ihrem Leben insgesamt zufriedener." Je größer die tatsächlich berührte Fläche gewesen sei, desto deutlicher habe sich der Zusammenhang gezeigt, erklärte sie. Weiters sei auch die Länge der täglichen Kuscheleinheiten hervorzuheben: "Im Schnitt berührten sich unsere Teilnehmenden rund 42 Minuten pro Tag mit ihrem Haustier", betonte Schirmer.

In einer zweiten Publikation zu denselben Daten habe man außerdem nachweisen können, dass dieser körperliche Kontakt sehr intim ist. "Wenn wir uns anschauen, wo sich Haustierbesitzer mit ihren Haustieren berühren, ist das vergleichbar mit den Berührungen, die wir mit romantischen Partnern oder kleinen Kindern tauschen", betonte die Wissenschafterin. Menschen ließen also Berührungen durch Haustiere fast am ganzen Körper zu - jedenfalls mehr, als das bei Eltern, Freunden oder Fremden der Fall sei. "Die sogenannte "Touchability", also wo berührt werden darf, ist bei Haustieren beinahe unbegrenzt", sagte Schirmer.

In einer weiteren internationalen Studie an verschiedenen Standorten in Europa seien ebenfalls knapp 400 Personen - jedoch hauptsächlich Leute, die kein Haustier hatten - über 14 Tage hinweg untersucht worden. "Interessanterweise haben auch diese Personen die Kontakte immer positiv bewertet. Diese Berührungen wurden im Durchschnitt sogar positiver eingeschätzt als die mit einem romantischen Partner", betonte die Forscherin.

Weitere Analysen im Labor

Das Forschungsteam von Schirmer hatte die Daten für die im Fachjournal "Anthrozoös" veröffentlichte Studie online in Tirol und Hongkong - dort war Schirmer zuvor tätig gewesen - erhoben. Das Team ließ Teilnehmer an einer Silhouette markieren, wo Mensch und Tier einander berührten. Ziel war es, Effekte im Alltag abzubilden - frühere Untersuchungen im Labor hatten Berührungen meist mittels robotisch gesteuerter Reize untersucht.

In Ergänzung zur Befragung verwies Schirmer auf in Innsbruck laufende Laborstudien mit Haustierbesitzern. Dort reagierten Probanden nach Berührung mit ihrem Hund etwa schwächer auf einen anschließenden Stresstest - messbar in sogenannten Elektroenzephalografie- oder EEG-Signalen, der Herzrate und Herzratenvariabilität. Diese Ergebnisse sollen die Alltagsbefunde jedenfalls untermauern und würden darüber hinaus auch kausale Zusammenhänge zwischen Berührungen und einer besseren Stressresilienz aufzeigen. Die Ergebnisse aus der Fragebogenstudie würden hingegen rein korrelativ sein. Man könne also nicht sagen, ob Leute, die sich wohlfühlen, mehr streicheln oder umgekehrt. "Wir können wissenschaftlich nichts über den konkreten Zusammenhang aussagen - dasselbe gilt übrigens auch für das Ergebnis, dass sich Hundebesitzer besser fühlen als Katzenbesitzer", erklärte Schirmer.

Selbstmedikation durch Berührung

Tiergestützte Angebote in Pflege, Schule oder Klinik nutzten Berührung bereits breit, betonte die Neurowissenschaftlerin. Weitere kontrollierte Experimente sollten jedenfalls klären, in welchen Situationen und Dosen Berührung am stärksten zur Stressreduktion beiträgt. "In unseren Daten zeigte sich, dass Versuchspersonen, bei denen die psychische Gesundheit beeinträchtigt war, ihre Haustiere häufiger und länger berührt haben", berichtete Schirmer. Man habe das als Form der Selbstmedikation sowie als einen Hinweis darauf interpretiert, dass Menschen in der Regel wissen, was ihnen gut tut.

Zusammenfassung
  • Eine Studie der Universität Innsbruck mit rund 400 Hunde- und KatzenhalterInnen zeigt, dass Streicheln und vom Tier ausgehendes Anstupsen das Wohlbefinden der BesitzerInnen deutlich steigern.
  • Im Durchschnitt verbrachten die Befragten täglich etwa 42 Minuten mit körperlichem Kontakt zu ihrem Haustier, wobei größere berührte Flächen und längere Kuscheleinheiten den positiven Effekt verstärkten.
  • Laborstudien in Innsbruck belegen zudem, dass Berührungen mit Haustieren die Stressresilienz messbar erhöhen, was sich unter anderem in EEG-Signalen und der Herzratenvariabilität zeigt.