Steirische Polizei zerschlug brutalen Drogenring
Die Ermittlungen waren einige Jahre gelaufen, Festnahmen wurden dann in verschiedenen europäischen Ländern wie Spanien und Tschechien durchgeführt. Es habe auch schon Verurteilungen gegeben, berichteten Polizisten des Suchtmittelbereichs im steirischen Landeskriminalamt und aus Ermittlungsgruppen der Obersteiermark. Der Drogenring war seit zumindest 2019 aktiv gewesen, seit 2022 wurden Ermittlungen geführt.
Insgesamt wurden im Laufe der Jahre 42 Verdächtige im Bereich der östlichen Obersteiermark geschnappt. Bei den Hauptverdächtigen handelte es sich um Personen aus dem Balkanraum, andererseits aus Tschetschenien, Syrien und Marokko, aber auch österreichische Staatsangehörige. Bei diversen Razzien wurden rund 11,5 Kilogramm Kokain, 80 Kilogramm THC-haltiges Cannabis, 10 Kilogramm Cannabisharz sowie rund 250 Gramm Amphetamin sichergestellt. Dazu kamen noch Substanzen wie Magnesiumpulver zum Strecken des Kokains. Auch wurde Bargeld in der Höhe von rund 95.000 Euro beschlagnahmt. Zu den Waffen gehörten Schwerter, Äxte, Schlagringe und Pistolen und Revolver sowie halbautomatische Sturmgewehre und eine große Menge Munition.
Die Haupttäter hatten seit zumindest 2019 Suchtgifte in Form von THC-haltigem Cannabis und Kokain im Ausmaß von mehreren hundert Kilogramm (zumindest 1.550 Kilogramm THC-haltiges Cannabis in einem Zeitraum von nur sieben Monaten, Anm.) aus dem Balkanraum und Spanien nach Österreich eingeführt. Die Drogen kamen in Reisebussen oder Lkw nach Österreich, teils in Tranchen von bis zu 80 Kilo in Reisekoffern. In über AirBnB gemieteten Wohnungen bzw. in Hotels der gehobenen Klasse wurden die Drogen gebunkert und in großen Tranchen an die Subdealer weitergegeben.
Folterungen und Demütigungsrituale
Die Täter zeichnete eine hohe Gewaltbereitschaft aus. Nahezu jedes Bandenmitglied war bewaffnet, teils mit Schusswaffen. "Problembären" in den eigenen Reihen - wie es ein Ermittler ausdrückte - wurden teils eingesperrt und gefoltert, auch geringe "Vergehen" bestraft. So hatte ein Läufer (Dealer der unteren Kategorie, Anm.) Zigaretten geholt und den anwesenden Boss nicht gefragt, ob dieser auch welche haben wolle. Daraufhin wurde der Mann mit einer Nagelschere und einem Messer gestochen und gequält. "Das spielte sich nicht weit weg von Österreich ab, sondern im Bezirk Murtal, in einer Wohnung", schilderte ein Ermittler. Die Bosse hatten auch Demütigungsrituale filmen lassen, die zur Abschreckung in Messenger-Gruppen der Dealer kursierten.
Zu den Drogendelikten kam noch "die ganze Palette strafrechtlicher Vergehen, wie Nötigung, Körperverletzungen, Misshandlungen bis hin zu Foltermethoden und Freiheitsberaubung. Die Opfer - teils eigene Leute, teils Schuldner aus Drogengeschäften mit Außenständen von nur rund 50 Euro - wurden massiv misshandelt, mit den Kolben von Schusswaffen geschlagen. Als einmal ein Drogen-Bunker von einem Unbekannten ausgeräumt wurde, ließen die Drogenchefs ihre Untergebenen unter Drohungen tausende Euro "Schadenersatz" zahlen. Die straffe Struktur werde richtiggehend zelebriert, sagte ein Ermittler, der auch von zunehmender Gefahr für Polizisten und Justizangehörige berichtete, die von den Banden ausgehe. Ein Dealer hatte eine entsicherte Pistole im Briefkasten versteckt, um sofort schießen zu können. In solchen Fällen ziehe man die Cobra-Spezialpolizisten hinzu.
Organisiert wie Unternehmen
Gearbeitet wurde wie in einer Firmenstruktur, mit genauer Aufgabenteilung. Als einer der Haupttäter verhaftet wurde, führte seine Frau die "Geschäfte" weiter. Frauen wurden auch als "Sekretärinnen" und "Reiseorganisatorinnen" eingesetzt. Sie buchten Flüge und Unterkünfte, mit falschen Dokumenten. Kommuniziert wurde über Messengerdienste - weshalb man hier Überwachungsmöglichkeiten brauchen würde.
Die letzte Festnahme ist am 17. Juni dieses Jahres erfolgt. Die Täter waren im Alter zwischen 16 und 34 Jahren. Ihr Aufenthaltsstatus reichte von illegal, Konventionsflüchtling, subsidiär schutzberechtigt bis hin zu EU-Staatsangehörigkeit. Das entstandene Vakuum durch die Festnahme fülle sich rasch wieder. "Der Markt ist da, die stehen schon bereit. Und es sind viel zu viele Drogen im Umlauf, das Angebot übersteigt die Nachfrage," sagten ein Ermittler und eine Ermittlerin.
Kokain sei groß in Mode, Heroin weniger. Und es sei wohl nur eine Frage der Zeit, bis Mittel wie Fentanyl oder Ähnliches auftauchten, hieß es. Die Kundenstruktur ginge durch alle Schichten der Bevölkerung, sagte die Ermittlerin. "Der jüngste Konsument, auf den ich bei meinen Ermittlungen gestoßen bin, ist 13 Jahre", schilderte ein obersteirischer Fahnder. Das Monitoring des Abwassers durch diverse Abwasserentsorgungsverbände weise jedenfalls auf gewaltige konsumierte Mengen hin - nicht nur in den großen Städten, auch in den Bezirken.
Zusammenfassung
- Die steirische Polizei hat einen gewalttätigen Drogenring zerschlagen und dabei in den Operationen "Hochsteiermark" und "Kaukasus" 42 Verdächtige festgenommen.
- Beschlagnahmt wurden rund 11,5 Kilogramm Kokain, 80 Kilogramm THC-haltiges Cannabis, 10 Kilogramm Cannabisharz, 250 Gramm Amphetamin sowie rund 95.000 Euro Bargeld und zahlreiche Waffen.
- Die Täter agierten äußerst brutal, setzten Folterungen und Demütigungsrituale ein und gingen sowohl gegen Schuldner als auch gegen eigene Mitglieder mit massiver Gewalt vor.
- Die Organisation arbeitete wie ein Unternehmen, importierte Drogen in großem Stil aus dem Balkan und Spanien und lagerte sie in AirBnB-Wohnungen oder Hotels.
- Trotz der Zerschlagung bleibt der Drogenmarkt bestehen, das Angebot übersteigt laut Polizei weiterhin die Nachfrage und die Konsumenten sind quer durch alle Bevölkerungsschichten zu finden.