Die Szene zeigt die Verhaftung eines FSB-Agenten in Odessa

Russische Propaganda? Wirbel um ORF-Beitrag

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Am Montag berichtete die ZiB1 über Korruption in der Ukraine. Bloß: Die Videos, die die Aussagen von Kriegs-Korrespondent Christian Wehrschütz stützen sollen, zeigen nicht, was der ORF behauptet. Mimikama entlarvt die Fake-Videos.

In der Ukraine sind laut Präsident Wolodymyr Selenskyj die Chefs der regionalen Wehrersatzämter entlassen worden. Der Grund: Korruptionsverdacht. 112 Strafverfahren wurden mit Stand vergangener Woche eingeleitet. Der Chef des Wehramts in Odessa etwa soll Millionen an Bestechungsgeldern verdient haben, indem er Männer untauglich scheiben ließ.

Am Dienstag nahm sich die "Zeit im Bild" um 19.30 Uhr des Themas an. Hinterlegt war der Beitrag mit Videos, die zeigen, wie ukrainische Männer festgenommen werden, die nicht in den Krieg wollen. Hier ging der ORF aber prorussischer Propaganda auf den Leim, wie "Mimikama" im Auftrag von PULS 24 entlarvte. "Diese Amateurvideos sind nur einige Beispiele dafür, dass nicht alle Männer bereit sind, für ihr Land zu kämpfen", erklärt ORF-Korrespondent Christian Wehrschütz, während man sieht, dass Soldaten einen Mann festnehmen. 

Russischer Agent statt Wehrdienstverweigerer

Das Video ist seit dem 20. März auf Social Media im Umlauf, wie "Mimikama" für PULS 24 herausfand. Zu sehen ist laut mehreren Quellen aber nicht ein Ukrainer, der nicht in den Krieg ziehen will, sondern ein Agent des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB, der in Odessa festgenommen wird. Es handle sich um einen ukrainischen Exekutivbeamten, der von den Russen angeworben worden sei, wie "Security Service of Ukraine" schreibt.

Auch das zweite Video, das der ORF brachte, ist nicht, was es scheint. Ukrainische Studenten, die nicht im Ausland studieren dürfen, demonstrierten am Kontrollpunkt Shegyna an der Grenze zu Polen. Die Grenzschutzbeamten gehen gegen die Demonstranten vor, gezeigt wird, wie einer abgeführt wird.

Die beiden Videos wurden zu prorussischen Propagandazwecken in einen neuen Kontext gesetzt und anschließend auf Social Media verbreitet. Darauf dürfte der ORF hereingefallen sein.

Beim ORF nimmt man die Informationen "sehr, sehr ernst", reagierte Dieter Bornemann, Vorsitzender des ORF-Redakteursrates, auf die Anfrage von PULS 24. "Wir schauen uns das sehr genau an. Bei Kriegsberichterstattung ist das aber schwierig, weil sehr schnell beide Seiten Propaganda schreien. Wir werden jetzt eine klassische Quellenkontrolle machen."

Nach der Überprüfung vermeldete der ORF wenig später auf Twitter: "Weiterführende Recherchen des ORF und eine nochmalige Überprüfung haben ergeben, dass die angesprochenen Videos aus der Ukraine nicht den in der 'Zeit im Bild' vom 16. August transportierten Inhalten entsprechen." Man wolle sich on air mit dem Thema Fake-News im Informationskrieg auseinandersetzen.

Botschafter fordert Richtigstellung

Zuvor forderte auch der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, auf Twitter bereits eine Richtigstellung durch den ORF. Bei den Videos handle es sich um "eine manipulative Berichterstattung". Nun müsse man abwarten und sehen, wofür sich der ORF entscheide: "Glaubwürdigkeit oder Propaganda", twittert er.

ribbon Zusammenfassung
  • Am Montag berichtete die ZiB1 über Korruption in der Ukraine. Bloß: Die Videos, die die Aussagen von Kriegs-Korrespondent Christian Wehrschütz stützen sollen, zeigen nicht, was der ORF behauptet.
  • Die beiden Videos wurden zu prorussischen Propagandazwecken in einen neuen Kontext gesetzt und anschließend auf Social Media verbreitet.
  • Darauf dürfte der ORF hereingefallen sein. Mimikama entlarvte die Fake-Videos im Auftrag von PULS 24.
  • Nach einer Quellenkontrolle vermeldete auch der ORF, dass "die angesprochenen Videos aus der Ukraine nicht den in der 'Zeit im Bild' vom 16. August transportierten Inhalten entsprechen."
  • Der ukrainische Botschafter in Österreich, Vasyl Khymynets, forderte zuvor auf Twitter bereits eine Richtigstellung durch den ORF.