Reemtsma-Entführer Thomas Drach bald vor Gericht

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Am kommenden Dienstag (1. Februar) beginnt in Köln einer der bundesweit wohl spektakulärsten Prozesse des Jahres: Der frühere Reemtsma-Entführer Thomas Drach steht wegen einer Serie von Geldboten-Überfällen vor dem Landgericht. Die Anklage lautet unter anderem auf versuchten Mord und besonders schweren Raub. Ebenfalls angeklagt ist ein mutmaßlicher Mittäter.

1996 hatte der in Erftstadt bei Köln geborene Drach den Erben der Hamburger Tabak-Dynastie Reemtsma, Jan Philipp Reemtsma, entführt. Nach 33 Tagen ließ er sein Opfer wieder frei - gegen ein Lösegeld von 15 Millionen D-Mark und 12,5 Millionen Schweizer Franken. Für die Tat verurteilte das Hamburger Landgericht ihn zu vierzehneinhalb Jahren Gefängnis. Nach seiner Entlassung 2013 setzte Drach sich ins Ausland ab.

In den Jahren 2018 und 2019 beschäftigte eine Reihe von ähnlich gelagerten Überfällen auf Geldtransporter die Polizei in Hessen und Nordrhein-Westfalen. Die Hintergründe lagen zunächst im Dunkeln, es gab sogar Spekulationen über eine Beteiligung ehemaliger RAF-Terroristen.

Videoaufnahmen eines Zeugen bei einem Überfall am Flughafen Köln/Bonn brachten die Ermittler schließlich auf die entscheidende Spur. Sie führte nach Amsterdam - zu Thomas Drach. Im Februar 2021 wurde er dort festgenommen und sitzt seit seiner Auslieferung in Köln in Untersuchungshaft.

Die Staatsanwaltschaft wirft dem 61-Jährigen insgesamt vier Überfälle in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vor. In allen Fällen soll er, teils mit Hilfe des niederländischen Mitangeklagten, Geldboten beraubt und so insgesamt mehr als 230 000 Euro erbeutet haben. Die Angeklagten sollen stets mit einem gestohlenen Auto geflohen sein, das sie in Brand steckten, ehe sie ihre Flucht mit einem weiteren Fahrzeug fortsetzten.

In zwei Fällen - in Frankfurt und am Flughafen Köln/Bonn - soll Drach jeweils auf einen Wachmann geschossen haben. Beide Männer erlitten schwere Verletzungen. Für die Tat in Frankfurt lautet die Anklage auf versuchten Mord. Die Tat in Köln ist als gefährliche Körperverletzung angeklagt. Das Gericht hat jedoch bereits darauf hingewiesen, dass auch hier eine rechtliche Bewertung als versuchter Mord infrage komme. Bei einer Verurteilung droht ihm Sicherungsverwahrung.

Drach bestreitet die Vorwürfe. "Herr Drach strebt einen Freispruch an, weil die Vorwürfe völlig haltlos sind", teilte sein Verteidiger Andreas Kerkhof auf Anfrage mit. "Es gibt keinerlei stichhaltige Beweise dafür, dass gerade mein Mandant die angeklagten Überfälle begangen hätte. Die Anklageschriften stützen sich sämtlich auf lückenhafte Indizien und reine Spekulationen."

Für den Prozess gelten strenge Sicherheitsvorkehrungen. Rund um das Gerichtsgebäude, das an einer Hauptverkehrsachse liegt, werden zeitweise Straßen gesperrt und Halteverbotszonen eingerichtet. Der prominente Angeklagte wird möglicherweise mit einem Hubschrauber zum Gericht gebracht.

Geleitet wird der Prozess vor der 21. Großen Strafkammer von dem erfahrenen Richter Michael Bern. Bis Ende September sind 53 Verhandlungstage geplant.

ribbon Zusammenfassung
  • Am kommenden Dienstag beginnt in Köln einer der bundesweit wohl spektakulärsten Prozesse des Jahres: Der frühere Reemtsma-Entführer Thomas Drach steht wegen einer Serie von Geldboten-Überfällen vor dem Landgericht.
  • Die Anklage lautet unter anderem auf versuchten Mord und besonders schweren Raub.
  • Die Staatsanwaltschaft wirft dem 61-Jährigen insgesamt vier Überfälle in Köln, Frankfurt am Main und Limburg vor.
  • Drach bestreitet die Vorwürfe.

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