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Raser nach Fahrt mit 230 km/h durch Wien verurteilt

20. Mai 2025 · Lesedauer 4 min

Nach einer wilden Verfolgungsjagd, die er sich am 21. Februar 2025 mit der Polizei geliefert und bei der er seinen 432 PS starken BMW M3 im Stadtgebiet streckenweise auf über 230 km/h beschleunigt hatte, ist am Dienstag ein 21-Jähriger im Wiener Landesgericht zur Verantwortung gezogen worden. "Verzeihen Sie die Frage, aber san Sie no ganz normal?", fragte Richter Wolfgang Etl eingangs der Verhandlung den Angeklagten. "Das war gar nicht gut von mir", erwiderte der Lehrling.

Der bisher Unbescholtene wurde wegen Gefährdung der körperlichen Sicherheit, schwerer Nötigung und versuchter schwerer Körperverletzung bei einem Strafrahmen von bis zu fünf Jahren zu einer 20-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt. Diese bekam er angesichts seines reumütigen Geständnisses, und da es zu keinem Unfall mit schweren Folgen gekommen war, unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Der junge Mann war nach seiner Festnahme bis zum 27. Februar in U-Haft gesessen. Dann wurde er auf Anordnung der Staatsanwaltschaft gegen gelindere Mittel - ihm wurden sechs verschiedene Weisungen erteilt - enthaftet. Er war mit der über ihn verhängten Strafe einverstanden. Der Staatsanwalt gab vorerst keine Erklärung ab.

Der angehende Elektrotechniker, der im zweiten Lehrjahr 2.500 Euro netto ins Verdienen bringt, hatte mit seinem aufgemotzten BMW zwei Freunde aus Strasshof an der Nordbahn (Bezirk Gänserndorf) abgeholt, mit denen er in Wien etwas trinken gehen wollte. Er hatte seinen geliebten Pkw - wie Verteidiger Peter Philipp ausführte, erblickte der Angeklagte in der Karosse "sein Heiligtum" - erst am Tag davor nach einer Winterpause wieder angemeldet. Weil er zu schnell fuhr und das Fahrzeug verdächtige Auspuffgeräusche von sich gab, wurde auf der A23 eine Zivilstreife auf den roten BMW aufmerksam. Die Besatzung versuchte den Lenker mittels Blaulicht und Haltesignal zum Stoppen zu bringen. Statt wie ihm bedeutet anzuhalten, drückte der Lenker aufs Gaspedal und lieferte sich mit der Polizei eine elfminütige Verfolgungsjagd.

Am Ende rammte Polizei BMW absichtlich

Zunächst bog er auf die A22 ab, beschleunigte auf der Raffineriestraße auf bis zu 230 km/h - dort sind maximal 50 km/h erlaubt -, drehte am Biberhaufenweg um und fuhr retour. In Stadlau fuhr der Raser zunächst durch ein Wohngebiet mit einer 30 km/h-Beschränkung, ehe er wieder auf die Autobahn aufsetzte. Die Zivilstreife kam ihm mit einem 295 PS starken Audi A4 kaum nach, schaffte es am Ende aber, den BMW bewusst zu rammen und somit zu stoppen. Der 21-Jährige und seine beiden Freunde, die im Fahrzeug um ihr Leben gefürchtet hatten, blieben bei dem Crash eben so unverletzt wie die beiden Polizisten. Der Raser ließ sich widerstandslos festnehmen.

Polizisten schilderten "brandgefährliche" Szenen

Wie die beiden Polizeibeamten im Zeugenstand betonten, hatte der Angeklagte mehrfach bei Rotlicht Kreuzungen übersetzt und riskante Überholmanöver im Gegenverkehrsbereich durchgeführt. "Wir sind davon ausgegangen, dass jederzeit ein schwerer Unfall passieren kann", sagte der ältere Beamte. "Ich bin seit 16 Jahren bei der Polizei. So etwas habe ich noch nie erlebt. Ich hab' das zum ersten Mal in dem Wahnsinn erlebt", betonte der 37-Jährige. "Meines Erachtens war das brandgefährlich", pflichtete ihm sein 28-jähriger Kollege bei. Nur mit viel Glück und weil entgegenkommende Fahrzeuge dem roten BMW rechtzeitig auswichen, indem sie teilweise auf Grünstreifen auffuhren, sei es zu keinem tödlichen Unfall gekommen.

Der Angeklagte war im Tatzeitpunkt weder alkoholisiert noch stand er unter Einfluss sonstiger bewusstseinsverändernder Substanzen. "Sein Motiv war eigentlich lächerlich", bemerkte Verteidiger Peter Philipp. Der junge Autonarr hatte demnach den BMW umgebaut und sich die Änderungen nicht genehmigen lassen. Modifikationen hatte er an der Motorhaube, am Fahrgestell, an den Felgen, am Frontspoiler und am Heckdiffusor vorgenommen. "Er hat Angst gehabt, die Polizei kommt drauf und nimmt ihm das Auto weg", erläuterte der Verteidiger.

BMW des Rasers soll nun versteigert werden

Das infolge der Kollision beschädigte Auto wurde dann tatsächlich beschlagnahmt, was seit 1. März 2024 in Fällen von extremer und rücksichtsloser Raserei zulässig ist. Es soll nun versteigert werden. Zusätzlich wurde dem 21-Jährigen der Führerschein für die Dauer von 18 Monaten abgenommen. "Sie haben das Fahrzeug wie eine Waffe eingesetzt", beschied der Richter in der Urteilsbegründung dem 21-Jährigen. Die Frage, ob ihm bewusst sei, "dass Menschen hätten sterben können", hatte der Lehrling zuvor bejaht.

Zusammenfassung
  • Ein 21-jähriger Lehrling wurde nach einer elfminütigen Verfolgungsjagd mit seinem 432 PS starken BMW M3, bei der er in Wien bis zu 230 km/h fuhr, am Wiener Landesgericht zu 20 Monaten bedingter Freiheitsstrafe mit dreijähriger Probezeit verurteilt.
  • Die Polizei stoppte den Wagen nach riskanten Fahrmanövern und Rotlichtverstößen, indem sie ihn mit einem Audi A4 rammte, wobei alle Insassen sowie die Beamten unverletzt blieben.
  • Der Führerschein des Angeklagten wurde für 18 Monate entzogen und das Fahrzeug, das nach der Kollision beschlagnahmt wurde, soll nun versteigert werden, wie es seit März 2024 bei extremer Raserei gesetzlich möglich ist.