Physiker ahmten in Quantensimulator "String Breaking" nach
Quantentheoretisch wird die Starke Wechselwirkung mit der Quantenchromodynamik (QCD) beschrieben. Der zufolge werden etwa die Quarks in den Neutronen und Protonen, den Bestandteilen des Atomkerns, durch den Austausch sogenannter "Gluonen" zusammengehalten. Man kann sich darunter virtuelle Austauschteilchen vorstellen, die zwischen den Quarks hin und her flitzen und so die Anziehung vermitteln. Die Anziehungskraft zwischen zwei Quarks bleibt gleich, auch wenn sich diese voneinander entfernen. Wenn der Abstand zu groß wird, kann diese Verbindung "reißen" und dabei ein neues Quark-Antiquark-Paar (Meson) entstehen.
Bei der numerischen Simulation der Quantenchromodynamik wird diese Verbindung als "Flux String" sichtbar - vorstellbar als Energiedichte, die sich zwischen den beiden Quarks ansammelt und immer größer wird, wenn sich die beiden Teilchen voneinander entfernen. "Irgendwann ist diese Energie so hoch, dass aus Vakuumfluktuationen ein neues Teilchen-Antiteilchen-Paar entsteht - und das nennen wir 'String Breaking'", erklärte Torsten Zache vom Institut für Theoretische Physik der Universität Innsbruck und dem Institut für Quantenoptik und Quanteninformation (IQOQI) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) gegenüber der APA.
Dieses "String Breaking" konnte man bisher nur indirekt in großen Teilchenbeschleunigern beobachten, etwa bei der Kollision von Schwerionen im Large Hadron Collider (LHC) am Europäischen Kernforschungszentrum CERN bei Genf (Schweiz). Den Innsbrucker Physikern ist es nun gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen der Universität Harvard (USA) und dem US-Quantencomputerunternehmen QuEra gelungen, dieses Phänomen in einem Quantensimulator nachzubilden.
Quantensimulator auf Basis neutraler Atome
Während die Innsbrucker Physiker bei der Entwicklung von Quantencomputern und -simulatoren auf geladene Atome (Ionen) setzen, die in elektromagnetischen Fallen gehalten werden, um die Informationseinheit eines "Qubit" zu realisieren, verwendet QuEra dafür neutrale Atome, die in optischen Fallen angeordnet werden. "Einer der stärksten Vorteile neutraler Atome ist die hohe Zahl an identischen Qubits, die man kontrollieren kann. Es wurde bereits gezeigt, dass das mit Tausenden Atomen möglich ist", sagte Zache.
Für ihre Experimente mit der programmierbaren "Aquila-Neutralatom-Plattform" waren es allerdings nur einige Dutzend neutrale Rubidium-Atome, die auf Basis eines Vorschlags des Theorie-Teams um Peter Zoller in einer speziellen zweidimensionalen Geometrie angeordnet wurden. Die Atome werden dabei hoch angeregt (Rydberg-Zustand) und wechselwirken dann mittels Van-der-Waals-Kräften miteinander. Wenn sich zwei solche Rydberg-Atome sehr nahe kommen, können sie allerdings nicht beide in den Rydberg-Zustand versetzt werden, sie blockieren einander.
Aspekte der Starken Wechselwirkung
"Dieser Blockade-Effekt spiegelt gewisse Aspekte der Starken Wechselwirkung wider, wie man sie unter extremen Bedingungen auch bei Elementarteilchen wie Gluonen und Quarks beobachten kann", so Zache. So lassen sich im Quantensimulator in Echtzeit Dynamiken verfolgen, die zum "String Breaking" führen.
Zache nennt als langfristiges Ziel seiner Forschung, die Quantenchromodynamik - und damit die Grundkräfte der Physik - tatsächlich an Quantencomputern zu berechnen. "Davon sind wir noch einige Jahre oder Jahrzehnte entfernt". Man habe mit der aktuellen Arbeit aber erste Schritte in diese Richtung unternommen.
(SERVICE - Internet: https://doi.org/10.1038/s41586-025-09051-6)
Zusammenfassung
- Forscher:innen um Peter Zoller von der Universität Innsbruck haben erstmals das physikalische Phänomen des 'String Breaking' als Aspekt der Starken Wechselwirkung in einem Quantensimulator mit einigen Dutzend neutralen Rubidium-Atomen nachgebildet.
- Das Experiment wurde gemeinsam mit der Harvard University und dem US-Unternehmen QuEra auf der Aquila-Neutralatom-Plattform durchgeführt, wobei spezielle Blockade-Effekte zwischen Rydberg-Atomen genutzt wurden.
- Bisher konnte das 'String Breaking' nur indirekt bei Kollisionen im Large Hadron Collider (LHC) beobachtet werden, nun gelang die Echtzeit-Verfolgung in einem Quantensimulator als Schritt in Richtung zukünftiger QCD-Berechnungen auf Quantencomputern.