Neuer Standort der Volkshilfe Wien für psychische Gesundheit
Die barrierefreien Einzimmerwohnungen vom Volkshilfe Wien Garconnierenverbund bieten derzeit zwölf Menschen eine dauerhafte Möglichkeit, ein eigenständiges Leben zu führen. Klienten und Klientinnen würden hier etwa 250 bis 300 Euro Miete zahlen, hieß es. Die Einrichtung wird durch den Fonds Soziales Wien gefördert. Bei "AusbildungsFit Jobtrain" können Jugendliche mit psychischen Erkrankungen und Jugendliche im Autismus-Spektrum Fähigkeiten erwerben, die sie für ihre individuellen Berufsfelder brauchen. Das Angebot im Auftrag des Sozialministeriums sei für die Jugendlichen von Seiten der Volkshilfe aus kostenlos, erklärte Tanja Wehsely, Geschäftsführerin der Volkshilfe Wien, am Donnerstag.
Im Vorfeld der "European Mental Health Week" von 19. bis 25. Mai riefen Wehsely und Volkshilfe-Präsident Michael Häupl gemeinsam mit Ewald Lochner, Koordinator für Psychiatrie, Sucht- und Drogenfragen der Stadt Wien, auch zu einem offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen auf. "Wer eine Grippe hat, der schämt sich nicht dafür", sagte Häupl. "Aber für eine psychische Erkrankung schämt man sich." Dadurch werde das Thema tabuisiert und nicht öffentlich diskutiert. "Und das wollen versuchen zu wir ändern." Es sei kein Zeichen von Schwäche, sich Hilfe zu holen und diese professionelle Hilfe zu nutzen.
Die vierte Wiener Bevölkerungsbefragung zur psychischen Gesundheit aus dem Jahr 2023 habe gezeigt, dass psychische Belastungen weiter zunehmen. Menschen im unteren ökonomischen Drittel leiden demnach überdurchschnittlich oft an psychischen Erkrankungen, auch Frauen - insbesondere Alleinerzieherinnen - und junge Menschen seien besonders betroffen, sagte Lochner. Die Stadt Wien reagiere darauf und baue im Rahmen des Psychiatrischen und Psychosomatischen Versorgungsplans die medizinischen und psychosozialen Angebote aus, sagte er. Ein besonderer Fokus liege seit 2020 auf Menschen unter 25 Jahren.
System statt Kinder ändern
Lochner brachte auch die Diskussion um sogenannte "Systemsprenger" ins Spiel. Damit sind Kinder und Jugendliche unter 14 Jahren gemeint, die eine Vielzahl an Straftaten begehen. "Allein der Ausdruck ist stigmatisierend", sagte er. "Wir sollten als Gesellschaft darüber nachdenken, wenn Unter-14-Jährige plötzlich erhebliche psychische Problematiken entwickeln, ob nicht wir am System etwas ändern müssen." Man könne nicht die Kinder und Jugendlichen verantwortlich machen, wenn sie psychische Erkrankungen entwickeln. In Wien sei man aber gut aufgestellt, was die Zusammenarbeit von Gesundheitsbereich und anderen Versorgungseinrichtungen angeht.
Auf die Frage nach der Sinnhaftigkeit von geschlossenen Einrichtungen für straffällige Jugendliche sagte Lochner der APA: Die Frage sei, wie man diese jungen und psychosozial sehr bedürftigen Kinder und Jugendliche vor sich selbst und die Gesellschaft vor ihnen schützen könne. In Wien sei die Anzahl mit etwa 40 bis 60 Minderjährigen nicht groß. "Es geht nicht darum, ob das geschlossene Einrichtungen gibt, sondern dass die Kinder- und Jugendhilfe in Österreich die Möglichkeit hat, ausgangsbeschränkende Maßnahmen zu setzen." Mit der bundesgesetzlichen Änderung, die dafür notwendig ist, rechnet er noch in diesem Jahr.
Zusammenfassung
- Vertreter der Volkshilfe und der Stadt Wien fordern anlässlich der bevorstehenden European Mental Health Week einen offenen Umgang mit psychischen Erkrankungen und betonen, dass professionelle Hilfe kein Zeichen von Schwäche sei.