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Dreieinhalb Jahre Haft für Wiener "Weihnachtsmann"

23. Juni 2025 · Lesedauer 3 min

Zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft ist am Dienstag am Landesgericht ein 60-Jähriger verurteilt worden, der aufgrund seines Äußeren - ein markanter weißer Bart - von der zuständigen Staatsanwältin als "Weihnachtsmann" bezeichnet wurde. Die auf Mordversuch lautende Anklage wurde von den Geschworenen verworfen, sie befanden den bisher Unbescholtenen der absichtlichen schweren Körperverletzung für schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Die Anklage hatte dem Mann vorgeworfen, am 29. Juli 2024 im Zuge einer tätlichen Auseinandersetzung im Sigmund-Freud-Park in Wien-Alsergrund in Tötungsabsicht auf einen 55-Jährigen eingestochen zu haben. Der Angeklagte stellt das in Abrede. Schon im ersten Rechtsgang hatte der Mann den Tötungsvorsatz bestritten. Die Geschworenen waren im Februar seiner Verantwortung gefolgt, verwarfen die Anklage und entschieden auf schwere Körperverletzung. Die drei Berufsrichter setzten jedoch den Wahrspruch wegen vorgeblichen Irrtums der Geschworenen aus, weshalb nun die Verhandlung vor einem neu zusammengesetzten Schwurgerichtshof wiederholt werden musste.

Der Angeklagte hatte sich mit einem Bekannten im Park getroffen, wo die beiden den Abend in weinseliger Stimmung verbrachten. Das spätere Opfer soll dann den Bekannten des 60-Jährigen angegriffen haben. "Der hat meinen Freund attackiert. Es war bedrohlich. Mit angedeuteten Faustschlägen", schilderte der Angeklagte. Er sei daraufhin dem Freund zu Hilfe gekommen, "indem ich den anderen drei Mal niedergeschlagen habe in der Hoffnung, dass er liegen bleibt. Der war aber so schnell wieder oben, das war ein Schnalzer." "Wie ein Stehaufmanderl", warf Verteidigerin Anita Schattner dazwischen. Der Kontrahent ihres Mandanten sei "aggressiv und unberechenbar" gewesen. "Er wollte einen Angriff stoppen. Er wollte keinesfalls töten oder schwer verletzen", bescheinigte Schattner dem "Weihnachtsmann".

Ihn hätten die Kräfte verlassen, während der jüngere Gegner nicht nachgelassen habe, berichtete der Angeklagte weiter: "Es ist Angst hochgekommen." Deswegen habe er ein Messer ("Der Griff dürfte Kirschholz gewesen sein, hochqualitative Ausführung") gezückt und "bewusst seicht hingestochen". Es sei ihm "um einen Stich, nicht so tief, dann nimmt er mich ernst" gegangen: "Es war sicher übertrieben. Aber prinzipiell war es Notwehr."

Bei der Staatsanwältin biss er mit dieser Verantwortung auf Granit. "Es waren fünf gezielte wuchtige Messerstiche in Brust und Bauch. Ein Stich ist bis ins Fettgewebe des Herzens eingedrungen, ein Stich hat eine Rippe durchtrennt", bemerkte die Anklagevertreterin. Der 55-Jährige wurde lebensgefährlich verletzt. Die Klinge des Messers hatte neben der Brust- auch die Bauchhöhle eröffnet und die Bauchmuskulatur durchsetzt. Eine rasch funktionierende Rettungskette und eine Notoperation retteten dem Mann das Leben.

Zeuge infolge Trunkenheit nicht ins Gericht gelassen

An die den Stichen vorangegangene tätliche Auseinandersetzung hatte der 55-Jährige vor Gericht keine Erinnerung. Eigenen Angaben zufolge hatte er im Park fünf bis sieben Dosen Bier und eine kleine Flasche Wodka getrunken. Er habe den Begleiter des Angeklagten zurechtgewiesen, weil dieser eine Frau belästigt hätte. Dann sei es eskaliert.

Auf die Zeugenaussage des Freundes des Angeklagten, der mit seinem Verhalten die verfahrensgegenständlichen Gewalttätigkeiten ausgelöst haben dürfte, musste verzichtet werden. Der Mann wurde aufgrund einer hochgradigen Alkoholisierung vom Sicherheitspersonal nicht ins Gerichtsgebäude gelassen. Mit dem Einverständnis von Staatsanwältin und Verteidigerin wurden seine bisherigen Angaben in der Causa verlesen.

"Weihnachtsmann" bedankte sich für "gerechtes Urteil"

Mit der über ihn verhängten Strafe war der "Weihnachtsmann" einverstanden. Er bedankte sich beim Gericht für das "gerechte Urteil". Die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Zusammenfassung
  • Ein 60-jähriger Mann wurde am Dienstag am Wiener Landesgericht zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt, nachdem er am 29. Juli 2024 im Sigmund-Freud-Park einen 55-Jährigen mit fünf Messerstichen lebensgefährlich verletzt hatte.
  • Die Geschworenen verwarfen die Anklage auf Mordversuch und befanden den bisher Unbescholtenen der absichtlichen schweren Körperverletzung für schuldig, wobei das Urteil noch nicht rechtskräftig ist.
  • Das Opfer konnte sich wegen erheblicher Alkoholisierung (fünf bis sieben Dosen Bier und eine kleine Flasche Wodka) nicht an die Tat erinnern, und ein wichtiger Zeuge wurde aus demselben Grund nicht zur Verhandlung zugelassen.