Long-Covid-Patientin: "Wenn der Körper nein sagt, dann ist es nein"

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Bis zu 14 Prozent der Corona-Erkrankten sind von Long Covid betroffen. Nun wurde ein Leitfaden für Ärzte zur Erkennung und Behandlung der Symptome präsentiert. Für Alexa Stephanou, selbst Long-Covid-Patientin, habe dieser "zu lange gedauert".

Zehn bis 14 Prozent der Corona-Infizierten sind von Langzeitfolgen und sogenanntem Long Covid betroffen. Vor allem Jüngere und Frauen leiden darunter, betonte Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin (ÖGAM) auf einer Pressekonferenz in Wien. Dabei wurde ein Leitfaden für Ärzte zur Erkennung und Behandlung der vielschichtigen Symptome präsentiert.

Aus Patientensicht hat der Leitfaden "zu lange gedauert", sagt Alexa Stephanou, Leiterin der Patienteninitiative "Long-Covid Austria" und selbst Long-Covid Patientin. Doch prinzipiell sei diese eine "gute Sache". Sie selbst sei "schleichend draufgekommen", dass sie an Long-Covid leide, wie sie im PULS 24 Interview erklärt.

Das Problem an dieser Erkrankung sei, dass es "einige Wochen dauert, bis sich die Symptome entwickeln", erklärt sie im Gespräch. Zudem sei das Wissen zu dieser Erkrankung noch nicht ausgereift. Viele Ärzte würden "durch die Medien oder nach dem Bauchgefühl" eine Diagnose stellen, kritisiert Stephanou. Eine große Herausforderung sein es laut der Long-Covid Patienten, die wechselnden Symptome zu erkennen und flexibel damit umzugehen.

200 verschiedene Symptome

"Die Impfung ist der beste Schutz vor Long Covid", sagte Mückstein. Die Impfzahlen würden zurückgehen und hätten sich in den vergangenen drei Wochen verlangsamt, gleichzeitig gebe es mehr jüngere Infizierte. An teils schweren Langzeitfolgen seien vor allem Junge und Frauen erkrankt. "Selbst wenn sie nicht im Spital landen, haben sie ein hohes Risiko an Long Covid zu erkranken", warnte Mückstein die betroffenen Bevölkerungsgruppen und appellierte zur Impfung.

"Die Studienlage ist immer noch relativ dürftig", sagte Rabady in Bezug auf Long Covid. Die Kollegen in der Praxis hätten eine "Hilfestellung" gebraucht, erläuterte die Medizinerin von der Karl Landsteiner Universität. Rund 200 verschiedene Symptome wurden unter dem Begriff Long Covid bisher erfasst. Darunter sind Atemnot, anhaltender Husten, Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns, Muskelschmerzen und starke Erschöpfungszustände (Fatigue-Syndom) bis hin zu Depressionen.

Bereits im Juni sprach Alexa Stephanou über ihre Long-Covid-Erkrankung.

"Große Erfolge mit Pacing"

Zunächst geht es laut Rabady in dem Leitfaden um das Erkennen der Ursache und ob ein Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion besteht. In weiterer Folge müsse geklärt werden "wie schwer" das Problem ist. "Dazu gibt es Hilfsmittel, die stellt unsere Leitlinie auch zur Verfügung", erläuterte Rabady. "Das wichtigste ist das professionelle Gespräch mit dem Patienten", betonte sie. Schließlich hilft die Leitlinie auch zu entscheiden, "wann und ob eine weitere Abklärung notwendig ist".

"Die fachspezifische Betreuung ist so gedacht, dass der praktische Arzt zuweist", erläuterte Ralf Harun Zwick, Ärztlicher Leiter der Ambulanten Internistischen Rehabilitation der Therme Wien. Danach werde sich beispielsweise ein Herzspezialist um eine etwaige Herzmuskelentzündung kümmern, ein Pneumologe um Schäden an der Lunge oder ein Neurologe um spezifische Beschwerden in seinem Bereich. In der Rehabilitation gehe es um "Pacing", das bedeute "einen Schrittmacher zu finden". Dabei werde ein niedriger Reiz gesetzt, diese aber Schritt für Schritt gesteigert. "Damit erreichen wir große Erfolge", sagte Zwick.

Bessere Betreuung durch Leitlinien

"Leider wurden die Betroffenen im Entstehungsprozess dieser Leitlinien nicht involviert", kritisierte Alexa Stephanou von der Selbsthilfegruppe und Patienteninitiative "Long Covid Austria" bei der Pressekonferenz. Die Initiative werde demnächst ein Feedback zu den Guidelines liefern. Österreich habe ein "gutes Gesundheitssystem", betonte die 16 Monate nach einer Infektion noch an Langzeitfolgen leidende und weiterhin arbeitsunfähige 38-Jährige. Dank der Leitlinien könnten die Betroffenen in Österreich jedenfalls besser betreut werden, begrüßte sie die zusammengestellten Informationen für Mediziner grundsätzlich.

Die Zeit habe gedrängt, es handle sich um den Beginn eines Prozesses und eine "lebende Leitlinie", die ständiger Aktualisierung bedürfe, sicherte Rabady von der Gesellschaft für Allgemein- und Familienmedizin zu. "Wir wissen, dass sich die Beschwerden bei den meisten nach Wochen und Monaten wieder legen, aber auch diese Wochen und Monate müssen überstanden werden", betonte die Medizinerin. Es seien zwar nicht alle, die es längere zeit betrifft, aber "zu viele". "Wir haben verstanden, dass es eine Pandemie im Schatten der Pandemie gibt", so Mückstein über Long Covid. In Österreich gebe es geschätzt 65.000 bis 90.000 Betroffene, von denen ein Teil schon wieder gesund ist. Der Gesundheitsminister kündigte ebenfalls Gespräche mit Selbsthilfegruppen an.

ribbon Zusammenfassung
  • Zehn bis 14 Prozent der Corona-Infizierten sind von Langzeitfolgen und sogenanntem Long Covid betroffen.
  • Dabei wurde ein Leitfaden für Ärzte zur Erkennung und Behandlung der vielschichtigen Symptome präsentiert.
  • "Die Impfung ist der beste Schutz vor Long Covid", sagte Mückstein.
  • An teils schweren Langzeitfolgen seien vor allem Junge und Frauen erkrankt.
  • "Dazu gibt es Hilfsmittel, die stellt unsere Leitlinie auch zur Verfügung", erläuterte Rabady.

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