Sandra Long CovidPULS 24

Wie sich Long Covid mit 28 anfühlt

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Sandra wird im Juni 29 Jahre alt. Ihren Geburtstag wird sie in einer Rehaklinik spezialisiert auf Pneumologie und Neurologie verbringen. Begonnen hat ihre Krankheitsgeschichte mit einer Corona-Erkrankung.

Sandra ist 28 und hat Long Covid. Nach einer Corona-Erkrankung wurde sie nicht mehr voll gesund. Es geht langsam bergauf, auf die Reha freut sie sich. "Pensionistinnen-Lifestyle für drei Wochen, ich und mein Körper für drei Wochen. Passt, I am ready."

Geimpft und trotzdem krank

Im Frühjahr 2022 erkrankte sie am Coronavirus. Ihr ging es sehr schlecht, aber sie war nicht "krankenhausreif", sagt sie. Sie hatte Fieber, sie konnte nicht aufstehen. Drei Wochen lang war sie durch die Krankheit außer Gefecht. Sandra hatte schon während Corona große Angst, nicht mehr voll gesund zu werden.

Eine ihrer Freundinnen ist Medizinerin und leidet selbst an einer chronischen Krankheit. Sie riet ihr, sich gut auszuruhen.

So wie Sandra geht es in der EU mindestens 17 Millionen Menschen. Das Krankheitsbild von Long Covid hat viele Überschneidungen mit dem von ME/CFS, das ist Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom. Wer daran leidet, ist nicht "müde", sondern krank - Anstrengung verschlechtert den Zustand der Betroffenen immer weiter. Eine schwere neuroimmunologische Multisystemerkrankung.

"Nicht depressiv"

Es gab Monate, wo sie ihren Job als Projektleiterin nicht mehr "derzaht" hat. Sandra kämpfte mit starker Erschöpfung, Acht Stunden arbeiten war schwierig. Im Herbst 2022 dachte sie, Depressionen zu haben. Eine Auszeit vom Job half, sie erholte sich wieder.

Sechs Monate nach Corona versuchte sie Sport zu treiben und ist "voll eingegangen". Sie sprach wieder mit ihrer Freundin, der Ärztin. Die sagte ihr: "He, du bist nicht depressiv, du hat Long Covid." Danach begann für Sandra der Ärztemarathon.

Planlos durchs Gesundheitssystem?

Sie habe Long Covid, sagte sie zu den Ärzten. Darauf folgten große Blutbilder, Nährstoffanalysen – "alles, was man sich vorstellen kann", sagt sie. Erkrankung wurde dadurch keine sichtbar. Irgendwann kam die Überweisung zum Lungenfacharzt, weil "Corona" oder Long Covid – das habe etwas mit der Lunge zu tun gehabt. Dieser Irrtum entpuppte sich als Glücksfall.

Zufällig wurde der Facharzt beim zweiten Termin von einem jüngeren Kollegen vertreten. "Der war dann einfach cool und gefragt, ob ich schon mal überlegt habe, auf Reha zu fahren." So kam es, dass Sandra im Juni auf Reha geht.

Seit die 28-Jährige weiß, warum sie so erschöpft ist, ist es einfacher, damit umzugehen. Behandlung gibt es keine, aber Betroffene haben Strategien entwickelt: zum Beispiel das "Pacing", damit ist das Haushalten mit den eigenen Energiereserven gemeint. Betroffene sollen sich keinesfalls überanstrengen. Sandra hat zum Beispiel geholfen zu kündigen. 

Kündigung

Sandra arbeitete bis Anfang des Jahres als Projektleiterin in einer großen Firma. Ein Jahr dort zu arbeiten war für sie ein Meilenstein, "weil das passt dann halt im Lebenslauf". Sie arbeitete 32 Stunden, aber dabei blieb es selten. Regelmäßig hatte sie im Monat 20 bis 30 Überstunden.

"Ich hab dann auch zu meiner Chefin gesagt, dass es einen Grund gibt, warum ich nur 32 Stunden arbeiten will und auch, dass ich Long Covid habe". Als Projektleiterin wurde von ihr erwartet, bei Deadlines mehr zu arbeiten. Sie konnte aber nicht mehr leisten. "Da sieht man wieder, wie wenig die Leute auf ihre Mitarbeiter geben."

Im Jänner dieses Jahres war für sie das zweite Mal der Punkt erreicht, an dem sie nicht mehr konnte. Sie nahm Urlaub, rastete und kündigte.

"Ich will nicht meine Gesundheit für so einen Scheiß aufs Spiel setzen – es war halt voll sinnlos", sagt sie.

Impfung für nichts?

Sandra war dreimal geimpft als sie an Corona erkrankte. "Am Anfang habe ich mir schon gedacht, 'Für das war ich jetzt der mal impfen?' Aber dann war auch schnell der Gedanke da: Gott sei Dank, war ich geimpft, wer weiß wie des sonst ausgegangen wäre."

Eine Freundin hatte sich zur selben Zeit mit Corona infiziert, auch sie litt an den Folgen der Krankheit, wie Haarausfall.

Besserung als Ausnahme

Sandra ist froh, dass es ihr langsam besser geht. "Ich heile, aber es ist superlangsam", sagt sie.

"Du musst wissen, wo deine Grenze ist und da darfst du halt auf keinen Fall darüber", so die 28-Jährige. "Das hab' ich am Anfang lernen müssen", sagt sie. Inzwischen kann sie damit umgehen: "Ok, ich derschnauf es am Ring nicht mehr und steig halt ab und schieb das Rad."

Dass es Sandra besser geht, ist ein Glücksfall. Viele Menschen mit Long Covid oder ME/CFS leiden dauerhaft an den Krankheiten. 

Mehr dazu:

Am 12. Mai wird in Österreich ein Aktionstag für ME/CFS begangen. An diesem Tag hatte Florence Nightingale Geburtstag, eine Vorreiterin der modernen Krankenbehandlung. Sie selbst war mehrere Jahre mit ME/CFS-ähnlichen Symptomen bettlägerig.

ribbon Zusammenfassung
  • Sandra wird im Juni 29 Jahre alt.
  • Ihren Geburtstag wird sie in einer Rehaklinik spezialisiert auf Pneumologie und Neurologie verbringen.
  • Sie hat Long Covid, nach einer Corona-Erkrankung wurde sie nicht mehr voll gesund.
  • Begonnen hat ihre Krankheitsgeschichte mit einer Corona-Erkrankung.

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