Kommission startet Finalisierung der Biodiversitätsstrategie

0

Mit einer Biodiversitätsstrategie soll der teilweise dramatische Verlust von Tier- und Pflanzenarten samt ihrem Lebensraum aufgehalten werden. "Die Liste der gefährdeten Arten soll kürzer werden", definierte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) ein Ziel bis 2030. Der Handlungsbedarf ist groß, in einem günstigen Zustand sind nur noch "18 Prozent der Lebensraumtypen und 14 Prozent der Arten", erläuterte Stefan Schindler vom Umweltbundesamt am Mittwoch.

Österreich zählt zwar mit rund 68.000 Arten, davon rund 45.000 Tierarten, etwa 40.000 davon Insekten zu den artenreichsten Ländern Mitteleuropas und fast 600 Tierarten und an die 150 Pflanzenarten kommen nur hier vor. Aber ein Blick auf die Rote Liste der gefährdeten Arten zeigt, dass ungefähr 50 Prozent davon gefährdet sind, "bei den Amphibien sind es sogar 100", so Schindler bei einer Pressekonferenz, und von den 270 Vogelarten in Österreich weisen ein Viertel einen negativen Populationstrend auf. Als Ursache für diese Misere nannte der Experte für biologische Vielfalt vor allem Landnutzungsänderungen. Neben den totalen Verlusten aufgrund von Flächenfraß als Resultat von Straßenbau und Zersiedelung nannte er die "Zerschneidung der Lebensräume", wie auch der Einfluss des Klimawandels, der immer stärker werde. "Die Arten wandern nordwärts oder in höhere Lagen", wobei diese enden wollend sind.

Um all diesen schädlichen Faktoren etwas entgegenzusetzen, wurde vom Umweltministerium gemeinsam mit dem Umweltbundesamt in den vergangenen Monaten ein Strategieentwurf erarbeitet. Anlass für den Medientermin war das erste Treffen der Biodiversitätskommission an diesem Mittwoch, diese soll die Biodiversitätsstrategie 2030 vorlegen, die noch dieses Jahr beschlossen werden soll. "Dazu braucht es auch Bund und Gemeinden", sagte Gewessler, "alle Stakeholder werden jetzt gemeinsam die zentralen Punkte diskutieren", die Kommission aus 42 Mitgliedern soll "den Entwurf so besser machen, wir brauchen alle an Bord".

Drei Hauptpunkte sind in dem Entwurf bereits definiert, demnach soll ein Drittel der gefährdeten heimischen Arten und Lebensräume wieder in einen guten Zustand gebracht werden, 30 Prozent der Staatsfläche soll unter Schutz gestellt werden und die Biolandwirtschaft soll bis 2030 einen Anteil von rund einem Drittel bekommen. Derzeit betrage der Anteil an Biobauern in Österreich rund 26 Prozent, die genaue Zahl soll in der Kommission festgelegt werden, erläuterte Gewessler das weitere Vorgehen, "die Biolandwirtschaft wächst" - und das wolle man unterstützen.

Wie es nach dem heutigen Tag mit der Erstellung der Strategie weiter gehen soll, erläuterte die Vorsitzende der Biodiversitätskommission. "Bei diesem gesamtgesellschaftlichen Thema möglichst viele Akteure beteiligen", sagte Valerie Zacherl-Draxler. In der Kommission seien sowohl Bundesländer, Sozialpartner und NGO eingebunden, diese habe eine beratende Funktion, der von ihr erarbeitete Vorschlag werde dann der Ministerin vorgelegt. Parallel zur Diskussion wird es auch die Möglichkeit einer schriftlichen Stellungnahme geben, die Jugend werde mit einem im Sommer startenden Wettbewerb eingebunden. Um die Strategie dann bis 2030 erfolgreich umzusetzen, "braucht man viele Verbündete", hielt Zacherl-Draxler fest.

Eine erste Reaktion gab es bereits vom Koalitionspartner ÖVP in Form von Kritik von deren Umweltsprecher Johannes Schmuckenschlager. Während es vonseiten des Umweltministerium heißt, man habe "in der Entwurfserstellung der Biodiversitätsstrategie einen bisher einzigartigen Weg" gewählt, hielt der ÖVP-Umweltsprecher der Expertenkommission in einer Aussendung vor, dass diese Ergebnisse präsentiere, bevor die Nationale Biodiversitäts-Kommission sich überhaupt beraten habe. "Ein breiter und konstruktiver Dialog sieht anders aus", so sein Statement.

Der ÖVP-Bauernbund kritisierte das Prozedere ebenfalls, denn der über 100 Seiten starke Strategieentwurf sei den Expertinnen und Experten der Kommission nur wenige Tage vor der ersten Sitzung übermittelt worden. Der Umstand, dass zuvor die Eckpunkte bereits bei einer Pressekonferenz präsentiert wurden, sorgte ebenfalls für Irritationen: "Da fragt man sich, welcher Stellenwert der Biodiversitäts-Kommission überhaupt beigemessen wird, die für ihre Bewertung ohnehin nur vier Wochen Zeit eingeräumt bekommt", warf Bauernbund-Präsident Georg Strasser ein.

Auch der WWF meldete sich zu Wort, aus Sicht der Umweltschutzorganisation enthalte die Biodiversitätsstrategie zwar viele gute Ansätze, diese "sollte aber bis zum Beschluss noch deutlich verbessert werden. Denn die neue Strategie muss verbindlich und konkret sein, damit sie nicht wieder als Papiertiger endet", so der WWF. Eine Verbindlichkeit in der Form, dass die Strategie per Gesetz festgelegt wird, schloss die Vorsitzende der Biodiversitätskommission jedoch bereits aus.

ribbon Zusammenfassung
  • Mit einer Biodiversitätsstrategie soll der teilweise dramatische Verlust von Tier- und Pflanzenarten samt ihrem Lebensraum aufgehalten werden.
  • Der Handlungsbedarf ist groß, in einem günstigen Zustand sind nur noch "18 Prozent der Lebensraumtypen und 14 Prozent der Arten", erläuterte Stefan Schindler vom Umweltbundesamt am Mittwoch.
  • Um die Strategie dann bis 2030 erfolgreich umzusetzen, "braucht man viele Verbündete", hielt Zacherl-Draxler fest.

Mehr aus Chronik