APA/Annemarie Happe

Grazer Burg erreicht erste Meilensteine der Revitalisierung

Heute, 11:49 · Lesedauer 4 min

Die Grazer Burg in der Grazer Altstadt wird um rund 30 Millionen Euro revitalisiert und ab 2028 ein Ort der Geschichtsvermittlung werden. Dazu werden auch bisher nicht öffentlich zugängliche Räumlichkeiten geöffnet und museal gestaltet. Mit dem Austausch der gotischen Säule der sogenannten Einsäulenhalle im Friedrichtrakt wurde ein Meilenstein erreicht. Der Tausch war eine bautechnisch und statisch höchst anspruchsvolle Herausforderung, hieß es am Donnerstag vor Ort.

Die Einsäulenhalle befindet sich im hinteren Teil der Grazer Burg und somit in einem der ältesten Teile der Anlage, die seit rund 600 Jahren Sitz der steirischen Zentralverwaltung bzw. Landesregierung ist. Die Sandsteinsäule, die seit dem 15. Jahrhundert als einzige das gotische Gewölbe im Kellerbereich trägt, war jedoch im Laufe der Jahrhunderte durch aufsteigende Feuchtigkeit arg verwittert, wodurch ein Austausch notwendig wurde. Das stellte für Statiker eine große Herausforderung dar.

Am Donnerstag wurde nach rund dreitägiger Arbeit der letzte Stein der neuen Säule eingesetzt. Um den Austausch zu ermöglichen, musste das Gewölbe und die rund 200 Tonnen schwere Last des darüber liegenden Burggebäudes um rund drei Millimeter gehoben und dann wieder gesenkt werden, wie Baustatiker Pius Wörle gegenüber der APA erklärte.

Neben diesem erfolgreich absolvierten Etappenziel ist seit Beginn der Bauarbeiten in diesem Jahr auch die ehemalige Doppelchorkapelle von Kaiser Friedrich III. in ihren ursprünglichen Zustand zurückversetzt worden. Hier wurde die eingezogene Zwischendecke entfernt. Die Kapelle wird künftig ebenso zugänglich sein und - aufgrund der stark verbesserten Akustik - wohl auch für musikalische Zwecke nutzbar gemacht werden, wie Christine Klug, Leiterin der zuständigen Landesabteilung A2, erklärte.

"Burgerlebnis" angestrebt

"Man kann sich schon ganz gut vorstellen, wie der Eindruck nach Fertigstellung sein wird. Die Revitalisierung wird die Geschichte der Burg greifbar machen und ein unmittelbares Burgerlebnis bieten", blickte Klug ins Jahr 2028. "Wir sind gut im Zeitplan, auch wenn das Ganze sozusagen eine Operation am offenen Herzen ist - der Betrieb rundherum geht ja weiter", zeigte sich Architekt Valentin Spiegel-Scheinost zuversichtlich. "Es bietet sich die einzigartige Gelegenheit, die Bau- und Funktionsgeschichte der Burg innerhalb der Grazer Stadtkrone vom Mittelalter bis in die Gegenwart zu präsentieren", zeigte sich auch Gernot Peter Obersteiner, Direktor des Landesarchivs und zuständig für die Ausstellungsplanung, begeistert.

Mit dem von der Landesregierung im Jahr 2021 beschlossenen Revitalisierungsprojekt der Grazer Burg wird in den kommenden Jahren bis spätestens 2028 die lange verborgene, historisch wertvolle Bausubstanz aus dem Dornröschenschlaf erweckt. Insgesamt soll eine neue Wahrnehmung der Burg und ihrer Geschichte erreicht werden. Dazu sollen die restaurierten Räume selbst als historische Objekte erfahrbar werden und mit anschaulichem und barrierefrei leicht verständlichem multimedialen Präsentations- und Informationsmaterial ausgestattet werden. Die Fertigstellung des Revitalisierungsprojekts ist für das Jahr 2028 geplant. Die Kosten werden auf rund 30 Millionen Euro geschätzt, der Bund hat eine 50-prozentige Beteiligung zugesagt.

Jahrtausendalte Siedlungsspuren

Der spätere Kaiser Friedrich III. war als Herzog der Steiermark der erste Bauherr der Grazer Burg. Von ihm stammt auch die mysteriöse Devise "AEIOU", die in der Grazer Burg mehrfach als Inschrift zu finden ist. Friedrich regierte im 15. Jahrhundert von Graz aus das Heilige Römische Reich, nach ihm diente die Burg den Habsburgern jahrhundertelang als Residenz und Verwaltungszentrum für die Innerösterreichische Ländergruppe und die Steiermark. Seit 1922 ist die Burg der Amtssitz des steirischen Landeshauptmanns und des Landeshauptmann-Stellvertreters sowie ständiger Tagungsort der Landesregierung.

Die Grazer Burg befindet sich an einem jahrtausendealten Siedlungsplatz, der Siedlungsspuren bis ins 4. Jahrtausend v. Chr. und Bestattungen aus der späten Bronzezeit aufweist. Ab dem 12. Jahrhundert wurde das Areal kontinuierlich besiedelt. Das aktuelle Revitalisierungsprojekt wird von Archäologen des Universalmuseum Joanneum begleitet, die die wechselhafte Baugeschichte der Burg untersuchen.

Zusammenfassung
  • Die Grazer Burg wird bis 2028 für rund 30 Millionen Euro revitalisiert, wobei der Bund die Hälfte der Kosten übernimmt und zahlreiche bisher nicht zugängliche Räume museal gestaltet werden.
  • Ein zentraler Meilenstein war der Austausch der gotischen Sandsteinsäule in der Einsäulenhalle, bei dem rund 200 Tonnen Last für den Wechsel der jahrhundertealten Säule gehoben werden mussten.
  • Die Revitalisierung soll ein barrierefreies und multimediales „Burgerlebnis“ schaffen und wird archäologisch begleitet, um die Baugeschichte des jahrtausendealten Standorts zu erforschen.