APA/APA/THEMENBILD/TEAM FOTOKERSCHI/PETER SOMMER

Die Rolle von SOS Kinderdorf in der Kinder- und Jugendhilfe

Heute, 04:01 · Lesedauer 15 min

1.768 Kinder sind im Jahr 2024 laut Jahresbericht von SOS Kinderdorf betreut worden. Dabei hat die klassische SOS Kinderdorf-Familie mittlerweile weitgehend ausgedient, nur 171 Kinder lebten noch in solchen Familien. Die weitaus meisten - 1.241 Kinder und Jugendliche - lebten in Wohngruppen. Damit spielt die Organisation in der heimischen Kinder- und Jugendhilfe eine große Rolle. 24,7 Prozent des Budgets von SOS Kinderdorf werden durch Spendengelder bestritten.

Zu befürchten ist durchaus, dass ein Großteil dieser Mittel durch die Missbrauchs- und Misshandlungsaffäre wegfallen könnte und dass das ein schwerer Schlag für die Organisation, und damit vor allem für die von ihr betreuten Kinder und Jugendlichen wäre. Was das für die Kinder- und Jugendhilfe insgesamt in den heimischen Bundesländern bedeuten würde, wurden die zuständigen Abteilungen der Länder jetzt von der APA gefragt.

Die Wiener Kinder- und Jugendhilfe (Magistratsabteilung MA 11) beobachtet die Entwicklungen bei SOS Kinderdorf sehr genau. Logischerweise, ist zu konstatieren, denn laut Ingrid Pöschmann, Sprecherin der MA 11, werden in der Bundeshauptstadt 240 Kinder und Jugendliche im Rahmen der Vollen Erziehung - so der Fachterminus - von SOS Kinderdorf betreut. "Unser Fokus liegt auf den Kindern selbst, die in den Einrichtungen leben. Das ist deren Zuhause", sagte Pöschmann zur APA.

Der MA 11-Sprecherin zufolge arbeitet die Stadt seit 2006 mit SOS Kinderdorf zusammen, wobei es nur mehr eine "klassische" Kinderdorffamilie gibt und diese Betreuungsform in der Bundeshauptstadt Schritt für Schritt ausläuft und stattdessen durch Wohngemeinschaften ersetzt wird. "Wir wollen die entsprechend ausgebildeten und qualifizierten sozialpädagogischen Mitarbeiter zur Betreuung der Kinder", betonte Pöschmann.

Gespräche mit den Kindern

Die MA 11-Sprecherin betonte, dass die Magistratsabteilung "sehr genau auf den Aufarbeitungsprozess bei SOS Kinderdorf achtet". Pöschmann: "Wir haben uns die Zusammenarbeit mit SOS Kinderdorf angeschaut, das funktioniert sehr transparent." Dazu redet die Wiener Kinder- und Jugendhilfe mit den Betreuten selbst: "Wir wollen, dass die Kinder begleitet werden. Wir sprechen mit den Kindern, das soll uns bei SOS Kinderdorf eine Momentaufnahme geben, wo wir stehen. Wir informieren die Kinder aber auch, warum wir mit ihnen sprechen." Wichtig sei besonders, dass sich die von SOS Kinderdorf Betreuten keine Sorgen machen, ihr Zuhause zu verlieren, wenn die Organisation aus irgendeinem Grund wegbrechen würde oder die MA 11 die Zusammenarbeit mit ihr beenden müsste.

Am Geld sollte es jedenfalls nicht liegen. Bei der Betreuung der Wiener Kinder und Jugendlichen ist SOS Kinderdorf nicht auf Spendengelder angewiesen. "In Wien haben wir einen hundertprozentig deckenden Tagsatz", erläuterte Pöschmann. "Wir sind da verpflichtet, weil wir sicherstellen müssen, dass auch die Betreuung sichergestellt ist." Der Tagsatz umfasst die Miete für die Unterkünfte, Essen, Betriebskosten, Urlaube, Taschengeld, Kleidung und so weiter. Die Verwendung von Spendengeldern fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der Stadt. Diese Form der Finanzierung gilt im Übrigen für alle Träger.

Jährliche Revisionen

Ein besonders wichtiger Punkt ist für die Kinder- und Jugendhilfe die Qualitätskontrolle. Laut Pöschmann führt die MA 11 jährliche Revisionen in allen sozialpädagogischen Einrichtungen durch, und bei Anlassfällen häufiger. 2024 waren es 347 Revisionen und 192 Einzelfallmeldungs-Prüfungen in Wien. Vollständige Revisionen gab es demnach in alle 20 SOS Kinderdorf-Wohngemeinschaften. Zusätzlich bekommt jedes Kind zweimal jährlich ein "Hilfeplangespräch" bzw. eine Helferkonferenz.

Bei den Revisionen werden unter anderem überprüft:

- Pädagogische Dokumentation - Personalunterlagen (inkl. Strafregister, Sexualstraftäterdatei) - medizinische Dokumentation - Dienstpläne - Brandschutz, Hygiene und Sicherheitsstandards - Räumlichkeiten - Gespräche mit Kindern, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sowie mit der Leitung - Umsetzung von pädagogischen Konzepten (Sozialpädagogik, Gewaltprävention, Sexualpädagogik, Trauma-Pädagogik)

Laut MA 11 gab es im Vorjahr einen bestätigten sexuellen Übergriff eines SOS Kinderdorf-Mitarbeiters. Die NGO habe den Fall "unverzüglich" zur Anzeige gebracht und fachgerechte Aufarbeitungsmaßnahmen eingeleitet, so die Magistratsabteilung.

Kinderbetreuung in Wien durch viele Träger

Pöschmann betonte im APA-Gespräch, dass die Kinderbetreuung in Fremdunterbringung in der Stadt "sehr breit" aufgestellt ist. SOS Kinderdorf ist zwar ein großer Träger und für rund elf Prozent der Kinder und Jugendlichen im stationären Bereich in Wien. Aber es gibt zahlreiche andere Träger, abgesehen davon, dass auch die MA 11 selbst Kinder und Jugendliche betreut. Manche dieser Träger sind sehr spezialisiert, zum Beispiel auf unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder psychisch kranke Kinder.

Dadurch dass die Betreuungskosten für die Kinder ja zu 100 Prozent gedeckt sind, wäre ein Wegbrechen von SOS Kinderdorf für die Stadt finanziell nicht das große Problem. Budgetär wäre die Umschichtung der Plätze ein Nullsummenspiel, betonte die MA 11. "Die Herausforderungen lägen natürlich im Bereich der zur Verfügung gestellten benötigten Plätze durch andere Vertragspartner."

Und es wäre vor allem für die Kinder schlimm, ergänzte Pöschmann. Sie würden ihr Zuhause verlieren, und auch ihre Bezugspersonen - ihre gewohnte Umgebung. "Derzeit sehen wir aber keine Gefahr diesbezüglich", sagte die MA 11-Sprecherin.

Niederösterreich: SOS Kinderdorf nicht einziger Träger

"Wir haben eine ausdifferenzierte Angebotslandschaft an stationären Trägern in Niederösterreich. SOS Kinderdorf ist zwar ein großer Träger, aber nicht der einzige", hieß es auf Anfrage aus dem Büro von Niederösterreichs Landesrätin Eva Prischl (SPÖ). Der Anteil der durch SOS Kinderdorf im Bundesland betreuten Kinder und Jugendlichen liege bei unter zehn Prozent aller stationär zu versorgenden jungen Personen.

Hinsichtlich einer etwaigen Beendigung der Zusammenarbeit mit SOS Kinderdorf in der Zukunft wurde auf das NÖ Kinder- und Jugendhilfegesetz verwiesen, das "klar die Voraussetzungen über den Entzug von Bewilligungen" regle. "Sind die rechtlichen Voraussetzungen erfüllt, wäre danach zu handeln." Festgehalten wird in dem Gesetz u.a., dass ein sogenannter Widerruf der Eignungsfeststellung einer privaten Einrichtung durch die Landesregierung erfolgen kann, wenn "Missstände so gravierend" sind, "dass eine Leistungserbringung nicht mehr dem Kindeswohl entspricht".

Burgenland: Ein Viertel der Plätze sind SOS-Kinderdorf

Im Burgenland waren im Vorjahr 454 Plätze in Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe bewilligt, davon entfielen 108 Plätze auf Einrichtungen von SOS-Kinderdorf. Auch aktuell entfällt rund ein Viertel auf das SOS-Kinderdorf. Großteils handelt es sich dabei um sozialpädagogische Wohngemeinschaften, aber auch um Krisenplätze. Ein Ende des Betriebes des SOS-Kinderdorfes wäre jedenfalls mit "erheblichen Herausforderungen" für die weitere Versorgung der Kinder und Jugendlichen verbunden, hieß es aus dem Land.

Die aktuell gute Zusammenarbeit zwischen der Kinder- und Jugendhilfe Burgenland und SOS-Kinderdorf müsste nur dann beendet werden, wenn das Vertrauen in die Einrichtung nicht mehr gegeben ist und es zu Mängeln oder Fehlverhalten kommt. "Das ist derzeit nicht der Fall", im Gegenteil, die Zusammenarbeit gestalte sich "bisher ohne Beanstandungen" und es gebe eine gute Kommunikationsbasis. Zum aktuellen Zeitpunkt besteht somit "kein Anlass für eine Beendigung" der Kooperation, wurde betont.

Salzburg: 14 Prozent Anteil an Kinder- und Jugendhilfe

Im Bundesland Salzburg ist zu differenzieren zwischen dem eigentlichen "SOS-Kinderdorf" in Seekirchen und sonstigen Einrichtungen der Organisation SOS Kinderdorf im gesamten Bundesland (von Mutter-Kind-Wohneinrichtungen für Säuglinge und Kleinkinder bis zu betreutem Wohnen für junge Erwachsene). Laut Soziallandesrat Wolfgang Fürweger (FPÖ) sind im Kinderdorf Seekirchen 22 Salzburger Kinder untergebracht, in sonstigen Einrichtungen von SOS-Kinderdorf leben 34 Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene. Das entspricht einem Anteil an der Salzburger Kinder- und Jugendhilfe von rund 14 Prozent.

Würde die Organisation SOS Kinderdorf ausfallen, was laut dem ressortzuständigen Landesrat ein äußerst unrealistisches Szenario ist, müssten im Wesentlichen weiterhin dieselben Kosten wie bisher aufgewendet werden, da sich die Anzahl der zu betreuende Kinder/Jugendlichen nicht verändert. Die Zahlungen würden dann an andere Organisationen fließen, mit denen jeweils neue Tagsätze zu verhandeln wären.

Landesrat: 4,6 Millionen Euro an Tagsätzen an SOS Kinderdorf

Was das Finanzielle betrifft, so gibt es keine regionale Salzburger Teilbilanz, wie Fürweger erklärte. "Die vorliegenden, österreichweiten Jahresabschlüsse (zuletzt Jahresabschluss 2024) weisen grundsolide Daten auf. Auch ein massiver Ausfall von Spenden würde die Organisation wirtschaftlich - zumindest kurz- bis mittelfristig - nicht existenziell gefährden." Das Land Salzburg leiste derzeit (Jahresabschluss 2024) jährlich rund 4,6 Millionen Euro an Tagsätzen an SOS Kinderdorf.

Die Fachaufsicht des Landes Salzburg besucht das SOS Kinderdorf Seekirchen bzw. andere Einrichtungen der Organisation mehrmals jährlich. "Dabei gibt es - ebenso wie bei allen anderen Organisationen - auch immer wieder die Notwendigkeit, hinsichtlich verschiedenster organisatorischer oder pädagogischer Themen, Verbesserungsaufträge zu erteilen oder Empfehlungen auszusprechen."

Noch ein Kinderdorf in Seekirchen

Klar zu differenzieren sei hier zwischen sonstigen Einrichtungen von SOS Kinderdorf, die sich nicht von den Einrichtungen aller anderen Organisationen unterscheiden, und dem Kinderdorf Seekirchen. "In letzterem ermöglicht die besondere Struktur eines klassischen Kinderdorfs, dass - trotz der Bemühungen zahlreicher kompetenter und engagierter Beschäftigter - einzelne problematische Tendenzen (wie etwa sexuelle Übergriffe) schwerer erkannt werden bzw. länger fortbestehen können als in modernen sozialpädagogischen Einrichtungen. Nicht zuletzt deshalb forciert das Land Salzburg bereits seit längerem ein schrittweises Auslaufen des Modells 'Kinderdorf'. Auch ich habe wiederholt kommuniziert, dass ich dieses Konzept für pädagogisch überholt halte und sehe mich in dieser Haltung durch die aktuellen Entwicklungen bestätigt."

Es gebe klare gesetzliche (§ 22 S.KJHG) - und von der Fachaufsicht überprüfte - Vorgaben zur notwendigen Qualifikation des Personals von Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen, "SOS-Kinderdorf erfüllt diese", sagte der Soziallandesrat. Die Abteilung drei und er würden im laufenden engen Austausch mit SOS Kinderdorf stehen, sowohl im Rahmen der Fachaufsicht über einzelne Einrichtungen und hinsichtlich grundlegender (Entwicklungs-)Themen als auch bezüglich der Aufarbeitung der historischen Ereignisse sowie der daraus abgeleiteten, bundesweiten Neuorganisation. Dabei gebe es immer auch unterschiedliche Sichtweisen, Ziele und Interessen.

Der Landesrat sagte, er gebe keinerlei Hinweise darauf, dass die Organisation SOS Kinderdorf "wegbrechen" könnte. "Es gibt auch bindende Leistungsverträge, die eine Weiterbetreuungspflicht der Organisation für Kinder und Jugendliche beinhalten. Gegebenenfalls müsste mittelfristig eine geordnete Übergabe bzw. Übernahme von Einrichtungen/Kindern durch eine der anderen in Salzburg tätigen, sieben privaten Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe organisiert werden." Wären bei SOS Kinderdorf die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 41 S.KJHG) für eine Tätigkeit als private Organisation der Kinder- und Jugendhilfe nicht mehr gegeben, worauf derzeit nichts hindeute, könnten laut Fürweger mehrere andere Organisationen einspringen.

Oberösterreich: jedes sechste Kind von SOS Kinderdorf betreut

Auch wenn die Angebote der oberösterreichischen Kinder- und Jugendhilfe für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung Minderjähriger mit zwölf Betreibern "sehr differenziert" sind, so zähle SOS-Kinderdorf zu einem "bewährten Kooperationspartner", hieß es bei der zuständigen Abteilung des Landes. Demnach gibt es in Oberösterreich 650 Plätze für eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung. Mit Stand Ende Oktober wurden davon 107 Kinder und Jugendliche von SOS-Kinderdorf betreut.

17 der 107 Kids leben in drei Kinderdorffamilien, die anderen in unterschiedlichen sozialpädagogischen Wohngruppen. Vergangenes Jahr erhielt SOS-Kinderdorf vom Land dafür 572.682 Euro. Hinzu kommen noch die Tagsätze für die Betreuung von den Sozialhilfeverbänden und Statutarstädten, über deren Höhe die Jugendhilfe keine Angaben habe.

Regelmäßige Kontrollen und unangekündigte Besuche

Mit verschiedenen Kontrollmechanismen würde für Qualität der Betreuung in allen sozialpädagogischen Einrichtungen gesorgt, so die Kinder- und Jugendhilfe. So prüfe die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde jeden einzelnen Fall in Bezug auf "Verlauf, Zielerreichung, Einigung und Notwendigkeit einer vollen Erziehung". Halbjährlich finde ein persönlicher Kontakt zwischen der Sozialarbeiterin oder dem Sozialarbeiter und dem Kind statt.

Alle zwei Jahre schaut sich die Kinder- und Jugendhilfe die Einrichtungen an. Dazu werden persönliche Gespräche mit Kindern und Jugendlichen sowie mit Betreuungs- und Leitungspersonen geführt. Auch die Volksanwaltschaft komme überraschend vorbei. Zudem besuche die Kinder- und Jugendanwaltschaft einmal jährlich alle Einrichtungen. Die Bewohnervertretung überprüfe auf Basis des Heimaufenthaltsgesetzes altersuntypische Freiheitsbeschränkungen und führt ebenso unangekündigte Besuche durch.

Sonderprüfung der SOS-Kinderdorf-Standorte

2022 wurde mit einem Maßnahmenpaket zu Schutzkonzepten begonnen, ein entsprechender Leitfaden bilde die Grundlage für die verpflichtenden einrichtungsbezogenen Schutzkonzepte der Betreiber. "Auf die im letzten Aufsichtszyklus 2024/25 von der Abteilung Kinder- und Jugendhilfe ausgesprochenen Empfehlungen oder Verbesserungsbedarfe in pädagogischen und organisatorischen Fragen, hat die Leitung von SOS-Kinderdorf Oberösterreich offen und konstruktiv reagiert", hielt die Abteilung fest.

Ende Oktober hatte Jugendschutzlandesrat Martin Winkler (SPÖ) dennoch eine umfassende Vor-Ort-Sonderprüfung aller SOS-Kinderdorf-Standorte in Oberösterreich in Auftrag gegeben. Dies war eine Reaktion auf Vorwürfe eines früheren Bewohners, er sei in den 1980er- und 1990er-Jahren in Altmünster wiederholt "körperlichen Übergriffen, entwürdigenden Situationen sowie einem Klima unzureichender Intervention bei sexueller Gewalt" ausgesetzt gewesen. Die Anschuldigungen betrafen auch die aktuelle Standortleitung, die Mitte Oktober vom Dienst freigestellt wurde. Eine interne Prüfung ergab aber keine Hinweise auf ein Fehlverhalten, der Standortleiter ist inzwischen wieder im Dienst.

Grundsätzlich hält die Kinder- und Jugendhilfe fest, dass sie "die Verantwortlichen und Mitarbeitenden von SOS-Kinderdorf Oberösterreich sowohl in der pädagogischen Entwicklung als auch in der Aufsicht weitgehend offen und kooperativ erleben".

Steiermark: 194 von 779 stationären Betreuungsplätzen bei SOS

In der Steiermark werden rund ein Viertel der fremduntergebrachten Kinder und Jugendlichen in Wohngruppen und -gemeinschaften von SOS Kinderdorf in Stübing, Graz und Seiersberg-Pirka betreut. Von den insgesamt 779 steirischen stationären Betreuungsplätzen werden 194 von SOS Kinderdorf betrieben, teilte die Abteilung 11 (Soziales, Arbeit und Integration) auf APA-Anfrage mit. Andere Anbieter in der Steiermark sind u. a. Jugend am Werk, Pro Juventute oder die Caritas.

Bei Ausfall von SOS Kinderdorf als Anbieter müssten die Plätze durch die weiteren Anbieter ersetzt werden, "was für die Minderjährigen mit größeren Veränderungen verbunden und daher möglichst zu vermeiden wäre", wie es vonseiten des Referats Kinder- und Jugendhilfe des Landes Steiermark dazu hieß. Insgesamt zeigte man sich mit den Leistungen von SOS Kinderdorf in der Steiermark "grundsätzlich zufrieden". Vom Sozialressort des Landes Steiermark erhielt SOS Kinderdorf im Jahr 2024 rund 16,5 Millionen Euro für die erbrachten Leistungen. Das Entgelt ist laut Durchführungsverordnung des Steiermärkischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes standardisiert, die Tagsätze umfassen alle Aufwendungen, einschließlich Miete und Betriebskosten.

33 Überprüfungen bei SOS Kinderdorf in fünf Jahren

In den vergangenen fünf Jahren wurde SOS Kinderdorf 33 Mal von den steirischen Behörden geprüft. Man mache "Regelkontrollen", in denen u. a. eine "sichere und qualitätsvolle Betreuung, das sozialpädagogische Konzept inklusive gewalt- und sexualpädagogischem Präventionskonzept, die Qualifikation, Unbescholtenheit und ausreichende personelle Ausstattung überprüft würden. Zentraler Prüfpunkt sei auch die vollständige und nachvollziehbare Dokumentation der laufenden Betreuung, Evaluationsgespräche. Die jeweils notwendigen Qualifikationen der Mitarbeitenden seien in den rechtlichen Grundlagen festgelegt.

In den steirischen SOS Kinderdorf-Einrichtungen stehen "Betreutes Wohnen", "Betreutes Wohnen in Krisensituationen", "Kinder- und Jugendwohngruppe", Sozialpädagogische Wohngemeinschaft für Kinder und Jugendliche" und schließlich die "Familienähnliche Wohngemeinschaft" - sozusagen die Urform, der Kinderdorf-Unterbringung mit der "Kinderdorfmutter" am Portfolio. Letztere wird in der Steiermark aktuell nicht geführt.

Kärnten: kostendeckender Normtagsatz

Die Kärntner Kinder- und Jugendhilfe hat von insgesamt 680 stationär untergebrachten Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, 530 davon Minderjährige, 16 Prozent österreichweit in Einrichtungen von SOS Kinderdorf untergebracht (Stand 24. Oktober 2025). Auf Einrichtungen von SOS Kinderdorf in Kärnten - das Kinderdorf Moosburg sowie kleinere Einheiten und Wohngemeinschaften - entfallen 13 Prozent.

Betont wird seitens des Landes auf APA-Anfrage, dass allen Trägern stationärer Wohnformen ein kostendeckender Normtagsatz für jedes Kind bezahlt wird. Mit Spenden finanziere SOS Kinderdorf laut deren Angaben beispielsweise Errichtung und Instandhaltung von Häusern sowie Zusatzleistungen für untergebrachte Kinder, Ausflüge und ähnliches. Sollte SOS Kinderdorf wegfallen, müssten bei anderen Trägern Kapazitäten geschaffen werden. Im Jahr 2024 bezahlte das Land Kärnten für stationär untergebrachte Kinder 11,2 Millionen Euro netto an SOS Kinderdorf.

Tirol: keine Spekulation über Konsequenzen

Das Land Tirol wollte auf APA-Anfrage nicht über mögliche Konsequenzen eines etwaigen Wegfalls von SOS-Kinderdorf als Träger spekulieren. Für die zuständige Tiroler Kinder- und Jugendhilfe (KJH) habe jedenfalls "das Kindeswohl die höchste Priorität", hieß es. Es stehe grundsätzlich ein breites Netz von Pflegeplätzen von Klein- und sozialtherapeutische Wohngruppen über klassische sozialpädagogische Wohngruppen bis hin zu Betreutem Wohnen für Jugendliche und junge Erwachsene zur Verfügung. Dem Land obliege die Aufsicht über Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe.

"Sollte sich im Rahmen dieser Aufsicht - etwa durch Hinweise auf personelle Engpässe oder andere Faktoren - eine mögliche Beeinträchtigung des Kindeswohls abzeichnen, werden unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen gesetzt", betonte man. Mit dem SOS -Kinderdorf stehe man in engem Austausch.

Vorarlberg: 30 Kinder und Jugendliche in SOS-Obhut

30 Kinder und Jugendliche sind in Vorarlberg in betreuten Wohngruppen von SOS-Kinderdorf untergebracht, sechs weitere kommen ab Dezember in einer neu eröffneten Kinderwohngruppe unter. Zudem werden 13 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut. SOS-Kinderdorf trägt damit rund 15 Prozent der Plätze in der "vollen Erziehung", also der Betreuung inklusive Wohnen außerhalb der Herkunftsfamilie. "Der Wegfall der SOS-Kinderdorf-Struktur würde den Verlust eines wichtigen und notwendigen Angebots in Vorarlberg bedeuten", hieß es aus dem Büro der zuständigen Landesrätin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP) gegenüber der APA.

SOS-Kinderdorf wurde im vergangenen Jahr mit insgesamt rund 3,65 Mio. Euro vom Land Vorarlberg unterstützt. Beanstandungen, Mängel oder Beschwerden seien keine festgestellt worden, hieß es.

Zusammenfassung
  • Im Jahr 2024 betreute SOS Kinderdorf österreichweit 1.768 Kinder, wobei 1.241 in sozialpädagogischen Wohngruppen und nur noch 171 in klassischen Kinderdorffamilien lebten.
  • In Wien werden 240 Kinder und Jugendliche von SOS Kinderdorf betreut, wobei die Finanzierung hier vollständig durch öffentliche Mittel und nicht durch Spenden erfolgt.
  • Österreichweit stammen 24,7 Prozent des Budgets von SOS Kinderdorf aus Spendengeldern, was angesichts aktueller Missbrauchsaffären ein finanzielles Risiko darstellt.
  • Regelmäßige Qualitätskontrollen wie 347 Revisionen und 192 Einzelfallmeldungs-Prüfungen in Wien sowie verpflichtende Gespräche mit den Kindern sichern die Betreuung ab.
  • Ein möglicher Wegfall von SOS Kinderdorf würde vor allem für die betroffenen Kinder einen Verlust ihres Zuhauses und ihrer Bezugspersonen bedeuten, während andere Träger organisatorisch einspringen könnten.