Bitterer Sommer am Gardasee: Hotels bleiben leer
"Es gibt einen Wandel im Tourismus: Die italienischen und deutschsprachigen Urlauber bleiben aus, dafür kommen mehr Gäste aus Nordeuropa", erläuterte Fabio Pasqualini, Präsident des Handelsverbands Confcommercio Bardolino und Inhaber mehrerer touristischer Betriebe am Gardasee, gegenüber der Tageszeitung "Corriere del Veneto". Nordeuropäische Touristen seien jedoch weniger spendierfreudig. "Sie trinken keine Aperitifs, gehen selten shoppen und halten sich meist in Campingplätzen auf", stellte Pasqualini fest.
Im Juli waren vielerorts auf den Straßen und Plätzen der Dörfer um den See kaum Menschen zu sehen. Auch die Gardesana-Straße war frei von den sonst üblichen Autokolonnen mit ausländischen Kennzeichen. Selbst im August zeigt ein Blick auf Booking.com viele freie Unterkünfte.
"Der Einzelhandel leidet besonders stark, der Umsatz ist im Vergleich zum Vorjahr um zehn bis 20 Prozent zurückgegangen. Der Gardasee zieht nicht mehr so wie früher", meinte Pasqualini. Vor allem die Hotellerie beklagt eine nachlassende Nachfrage. "Wir haben unsere Stammkunden, die schon im Winter buchen. Aber Last-Minute-Anfragen oder kurzfristige Buchungen fehlen komplett. Italienische Urlauber kommen kaum - wenn überhaupt, dann für zwei, drei Tage oder am Wochenende", klagte Virginia Torre, Präsidentin des Hotelverbands von Lazise.
Ein wichtiger Grund für den Besucherrückgang seien die hohen Preise. "Früher konnte eine vierköpfige Familie um 50 Euro Pizza essen - heute zahlt sie fast das Doppelte", sagte Torre. Ein weiterer belastender Faktor, der deutschsprachige Urlauber vom Gardasee fernhält, seien die Baustellen am Europabrücke-Abschnitt auf der Brennerautobahn, die für lange Staus sorgen. "Was früher eine fünfstündige Fahrt aus Bayern war, dauert jetzt sieben Stunden. Selbst Zweitwohnungsbesitzer überlegen sich dreimal, ob sich die Anfahrt lohnt", so Torre.
"Preise sind zu stark gestiegen"
Besser ist die Lage auf den Campingplätzen am See, aber auch hier gibt es Besucherrückgänge. Zwar seien die Campingplätze am Wochenende gut besucht, doch bis Anfang Juli habe es ein klares Minus gegeben. Erst später sei es etwas besser geworden. "Die Preise am See sind zu stark gestiegen - das merken die Leute und reagieren entsprechend vorsichtig", gab Giovanni Bernini, Präsident des Campingverbandes Asso Camping, zu.
Vor allem der Mittelstand spare - ob in Österreich, Deutschland oder Italien - und weiche seltener oder gezielter auf Kurzurlaube aus. Gäste aus Nordeuropa kompensieren die Lücke nur teilweise - und mit deutlich anderen Ausgabengewohnheiten, stellten Touristiker fest. Der Tourismus am Gardasee stehe vor einem spürbaren Wandel gegenüber den vergangenen Jahren.
Zusammenfassung
- Die Sommersaison am Gardasee verläuft deutlich schwächer als in den Vorjahren, der Umsatz im Einzelhandel und in der Hotellerie ist um 10 bis 20 Prozent zurückgegangen.
- Vor allem italienische und deutschsprachige Urlauber bleiben aus, während Gäste aus Nordeuropa zwar zunehmen, aber weniger konsumieren und meist auf Campingplätzen wohnen.
- Als Hauptgründe für den Rückgang gelten stark gestiegene Preise – ein Familienessen kostet inzwischen fast das Doppelte – sowie lange Staus auf der Brennerautobahn, die die Anreise erschweren.