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Tatort Graz

Amokläufe: Welche Konsequenzen andere Länder zogen

11. Juni 2025 · Lesedauer 6 min

Verbote, verschärfte Waffengesetze, Entwaffnungskampagnen: So haben andere Länder weltweit reagiert, um weitere Amokläufe zu verhindern.

Der Amoklauf an der BORG Dreierschützengasse mit elf Toten und elf Verletzten ist eine Gewalttat, wie es sie in Österreich in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat.

Auch in anderen Ländern kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Amokläufen. PULS 24 hat sich angeschaut, wie weltweit in betroffenen Ländern mit solchen Tragödien umgegangen wurde und welche Maßnahmen gezogen wurden, um solche Gewalttaten in Zukunft zu verhindern. 

Deutschland: Waffengesetze verschärft

In Deutschland gab es 2002 einen Amoklauf an einer Schule in Erfurt mit 17 Toten und einen weiteren 2009 in Winnenden mit 16 Toten. Nach Erfurt wurden die Waffengesetze verschärft. Seitdem müssen Personen unter 25 Jahren, die erstmals eine Waffe kaufen, ein psychologisches Attest vorlegen.

Nach der Gewalttat in Winnenden wurde die Altersgrenze für das Sportschießen auf 18 Jahre angehoben.

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Serbien: Entwaffnungskampagne

Im Mai 2023 kam es in Serbien gleich zu zwei Amokläufen innerhalb von zwei Tagen. Unter anderem hatte ein erst 13-Jähriger in einer Grundschule in Belgrad acht Kinder und einen Wachmann mit der Waffe seines Vaters getötet. 

Obwohl Amokläufe in Serbien sehr unüblich sind, ist es das Land mit den relativ gesehen meisten Waffen in Privatbesitz in Europa. Viele Menschen besitzen diese - nicht registrierten - Waffen seit den Jugoslawienkriegen. 

Die Regierung startete nach den Gewalttaten eine Entwaffnungskampagne: Zehntausende Bürger:innen gaben freiwillig ihre Waffen ab. Bei Tür-zu-Tür-Kontrollen überprüfte die Polizei zudem die Genehmigungen von Schusswaffen. Laut der Regierung konnte die Zahl an registrierten Schusswaffen mit 2024 um etwa ein Viertel reduziert werden.

Slowakei: Psychologischer Test

In der Slowakei wurde nach einem Amoklauf im Sommer 2010, bei dem ein Sportschütze sieben Menschen und sich selbst erschoss, das Waffenrecht verschärft. Seitdem wird für einen Waffenschein unter anderem ein psychologischer Test benötigt, um sich ein Bild des Persönlichkeitsprofils machen zu können.

Vollautomatische Maschinengewehre sind verboten. Um einen Waffenschein zu bekommen, muss man mindestens 21 Jahre alt und vorstrafenfrei sein. Zudem braucht man eine Bestätigung, dass man körperlich und geistig dazu in der Lage ist, eine Waffe zu besitzen und angemessen zu bedienen.

Zusätzlich muss eine mündliche Prüfung abgelegt werden. Die Unterteilung der Waffen erfolgt nach dem Besitzgrund und nicht nach dem Gefahrenpotenzial.

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Norwegen: Waffenbesitz streng reguliert

In der schwedischen Stadt Örebro wurden erst im Februar zehn Menschen in einem Bildungszentrum getötet. Hier denkt man aktuell über die Verschärfung der Waffengesetze nach - das Land besitzt eine relativ hohe Waffenbesitzquote.

In Norwegen wurden die bereits strengen Waffengesetze nochmals verschärft, nachdem 2011 bei dem rechtsextremen Anschlag auf Jugendliche in Utøya 77 Menschen getötet wurden. So ist der Besitz von Schusswaffen streng reguliert und erfordert eine Genehmigung.

Für den Besitz von Jagdwaffen ist eine Jagdlizenz, die Teilnahme an einem Kurs und eine abgelegte Prüfung notwendig. Der Besitz von halbautomatischen Waffen ist bereits seit 1988 verboten. 

Großbritannien: Verbote und Registrierungspflicht

Vor allem seit dem Schulmassaker 1996 im schottischen Dunblane mit 16 Toten herrschen in Großbritannien strenge Waffengesetze. Der Privatbesitz von Handfeuerwaffen und halbautomatischen Waffen wurde schnell verboten. Auch für Schrotflinten braucht es eine Registrierungspflicht.

Ähnlich strenge Waffengesetze gibt es in Australien seit dem Amoklauf von Port Arthur 1996 mit 35 Toten. Ein Schulmassaker gab es in Australien bisher nicht.

USA: Waffen immer noch leicht zugänglich

Die USA sind das Land mit den meisten Todesopfern durch Amokläufe an Schulen weltweit. Der tragische Amoklauf an der Columbine High School von 1999 ging in die Geschichte ein. Dabei sind Schulen nicht der einzige Ort, wo solche Gewalttaten stattfinden.

Laut der Non-Profit-Organisation Gun Violence Archive (GVA) kam es allein von 2013 bis heute zu 144 Massenschießereien, über 6.000 Menschen sollen laut der Organisation dabei getötet worden sein. 

Die Sicherheitsmaßnahmen an den Schulen haben sich verschärft: Beispielsweise müssen die Türen zu Klassenzimmern verschlossen sein. Trotz wiederholter Rufe nach schärferen Waffengesetzen hat sich hier aber nicht viel geändert. Waffen sind nach wie vor in vielen Bundesländern sehr leicht zugänglich

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Waffengesetze in weiteren Ländern

Schweiz

Die Schweiz hat ein sehr liberales Waffenrecht, das auf einer Kombination aus Traditionsbewusstsein und nationaler Sicherheit beruht. Vor allem aufgrund des Schweizer Milizsystems, bei dem aktive und ehemalige Militärangehörige ihre dienstlichen Waffen zu Hause aufbewahren können, sind Schusswaffen weit verbreitet.

Um eine Schusswaffe zu kaufen, muss man aber eine Erwerbsbewilligung einholen. Der Besitz von automatischen Schusswaffen ist streng reguliert. Aufgrund der strengen Bestimmungen zur Lagerung und Verwendung von Schusswaffen, aber auch wegen der viel niedrigeren Kriminalitätsrate gibt es in der Schweiz eine weitaus niedrigere Rate von Waffengewalt als etwa in den USA.

Frankreich

In Frankreich ist der Erwerb und der Besitz von Waffen stark reglementiert. Je nach Waffentyp sind eine Reihe von Vorschriften zu erfüllen. Außerdem gibt es eine nationale Datenbank, wo Personen aufscheinen, denen der Erwerb und Besitz von Waffen verboten ist.

Tschechien

Im Jahr 2021 verankerte die Regierung das Recht auf Waffengebrauch und -besitz in der Verfassung. Nach einem Amoklauf mit 14 Toten in Prag kurz vor Weihnachten 2023 wurden die Waffengesetze jedoch verschärft. Beschlagnahmungen von Waffen wurden vereinfacht.

Waffenscheinbesitzer müssen sich nun alle fünf Jahre statt wie bisher alle zehn Jahre einer körperlichen Untersuchung beim Arzt unterziehen. Für die Einführung eines verpflichtenden Psychotests fand sich aber keine Parlamentsmehrheit. Dafür erhalten Psychiater nun Einblick ins zentrale Waffenregister, um feststellen zu können, ob ihre Patienten über Schusswaffen verfügen. Bis 2026 sollen alle Änderungen umgesetzt werden.

Kanada

In Kanada sind die Waffengesetze strenger als in den USA. Das Land hat auch eine viel niedrigere Rate an Schusswaffentodesfällen. Dies kann auf die länderspezifischen Anforderungen für Waffenbesitzer, wie Sicherheits- und Schießtrainingskurse, sowie auf die strengeren Kontrollen des illegalen Waffenhandels zurückgeführt werden.

Japan

Als ein Land mit besonders strikten Waffengesetzen gilt Japan. Hier trägt fast niemand eine Handfeuerwaffe außerhalb von Militär und Polizei. Laut dem "Small Arms Survey" von 2018 kommen auf 100 Einwohner nur 0,3 Feuerwaffen (zum Vergleich: in Österreich sind es 30).

Zusammenfassung
  • Der Amoklauf an der BORG Dreierschützengasse mit elf Toten und elf Verletzten ist eine Gewalttat, wie es sie in Österreich in diesem Ausmaß noch nie gegeben hat.
  • Auch in anderen Ländern kam es in den letzten Jahren immer wieder zu Amokläufen.
  • PULS 24 hat sich angeschaut, wie weltweit in betroffenen Ländern mit solchen Tragödien umgegangen wurde und welche Maßnahmen gezogen wurden, um solche Gewalttaten in Zukunft zu verhindern.