Waldhäusl: Rassistische Realitätsverweigerung

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Die Aussage des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusls war rassistisch. PULS 24 Infochefin Corinna Milborn bezieht Stellung.

"Dann wäre Wien noch Wien." Das war die Antwort des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusl in "Pro und Contra" auf PULS 24 auf eine Schülerin, die aus dem Publikum Folgendes sagte: "Wenn Sie Ihre Maßnahmen schon vor Jahren durchgeführt hätten, dann würde diese ganze Klasse nun nicht das Gymnasium in Wien besuchen, weil die Hälfte oder eigentlich alle aus dieser Klasse Eltern mit Migrationshintergrund haben und darum nicht hier sitzen würden." Waldhäusls Antwort: "Wenn das geschehen wäre, dann wäre Wien noch Wien."

Das ist Rassismus. Ob die Aussage den Strafbestand der Verhetzung erfüllt, werden die Behörden klären - Anwalt Wilfried Embacher hat bereits Anzeige erstattet. Dass sie inakzeptabel ist, weiß man auch ohne Gerichtsverfahren. 

Wer Zugehörigkeit über Abstammung definiert - und das über Generationen hinweg - bewegt sich sich nahe am Ariernachweis der Nationalsozialisten. Darin musste man bis zu den Großeltern "arische Abstammung" nachweisen. Die Website "Bevölkerungsaustausch.at" der FP-Jugend Oberösterreich behauptet, dass in 100 Jahren nur mehr 0,7 Prozent der Wiener Bevölkerung Österreicher seien - was rechnerisch nur möglich wäre, wenn man alle Nachkommen von Zuwanderern über vier bis fünf Generationen als Fremde sieht. So weit zurück musste man selbst im Nationalsozialismus seine Abstammung nur nachweisen, wenn man ein hohes Amt anstrebte.

Faktenverweigerung

Die Aussage zeigt aber auch die absurde Realitätsferne und Faktenverweigerung einer Partei, die in Fragen von Migration gern von "linken Träumern" spricht. Wien lebt nicht nur heute davon, dass Menschen zuwandern und eine gemischte Gesellschaft bilden. Wiens Zukunft hängt davon ab: Wenn man die Zuwanderung stoppen würde, würden ganze Branchen zusammenbrechen. Es gibt aber dieses Wien, von dem Waldhäusl fantasiert, auch historisch nicht: Wien war Hauptstadt eines Vielvölkerreiches und schon seit Jahrhunderten ein Ort, in dem viele Sprachen, Kulturen und Religionen zusammenleben.

Kurz: Wenn sich die Waldhäusls durchsetzen würden, dann wäre Wien nicht "noch" Wien. Sondern dann wäre Wien NICHT Wien, und nie Wien gewesen. 

Widerspruch

P.S.: Intern wurde die Sendung ausführlich nachbesprochen. Gottfried Waldhäusl ist als Landesrat Regierungspolitiker in Niederösterreich und Teil der Partei, die am Sonntag mit dem Thema Migration zehn Prozentpunkte dazugewonnen hat. Dass seine Standpunkte in einer Sendung mit Bernhard Heinzlmaier und den Kritiker*innen Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), dem Rapper Kid Pex und dem Juristen Ralph Janik diskutiert werden, halten wir für richtig: Regierungspolitiker müssen sich verantworten und der Diskussion stellen.

Auf diese Aussage gegenüber den Schülerinnen hätte man in einem anderen Setting als einer Live-Sendung - in der auf einen solchen Satz ein kurzer Moment der Ungläubigkeit folgt - schärfer reagiert. Reagiert wurde in der Sendung allerdings sofort: Die Moderatorin Gundula Geiginger sagte noch am Weg zurück vom Publikum  auf ihren Platz , dass diese harte Aussage gegenüber den Schüler*innen besprochen werden muss. Ewa Dziedzic (Grüne) übte unmittelbar scharfe Kritik an Waldhäusl. In der Verabschiedung bedankte sich Gundula Geiginger bei den Schüler:innen und versicherte: "Wir freuen uns, dass Sie bei uns waren und dass ihr in Wien seid."

Mit den Schüler:innen wurde der Vorfall direkt nach der Sendung besprochen. Die Fragestellerin sagte dabei: "Wir sind solche Aussagen gewöhnt." Solche Sätze, die ja immer wieder von der FPÖ kämen, würden sie nicht persönlich treffen, sondern eher politisieren. Der begleitende Lehrer ist morgen zu Gast in Café Puls.

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  • Die Aussage des niederösterreichischen Landesrates Gottfried Waldhäusls war rassistisch. PULS 24 Infochefin Corinna Milborn bezieht Stellung.