Gerald Karner WeltblickPULS 24

Karners Weltblick: Putin will mehr Einfluss in Afrika

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Kreml-Chef Putin fordert eine "multipolare Welt", in der Russland wieder mehr zu sagen hat, die USA und ihre Verbündeten dafür immer weniger. Russland versucht seinen Einfluss vor allem in afrikanischen Staaten auszudehnen. Beim Russland-Afrika-Gipfel Ende Juli hatte Putin allerdings kaum Erfolg.

Nun bildet ja eine "multipolare Welt" - nach ausdrücklicher Deklaration des russischen Präsidenten Wladimir Putin und anderer Vertreter seines Regimes - ein Ziel russischer Außen- und Sicherheitspolitik. Vordergründig ein Gegenmodell zu einer angeblich von den USA angestrebten "unipolaren Welt", läuft es im Kern auf ein geopolitisches Konzept hinaus, in dem mehrere große Staaten – gemeint sind vor allem die USA, China und natürlich Russland, die Rolle Europas wird teilweise noch kontroversiell diskutiert - sich die Weltmacht teilen.

Kleinere Länder würden demnach de facto den Macht- und Einflusssphären der Großmächte zugeordnet, in denen diese jeweils ihre Interessen - ohne ein störendes Eingreifen einer der anderen Primärmächte befürchten zu müssen – ungehindert und gegebenenfalls auch gewaltsam verfolgen bzw. durchsetzen könnten. In einem ersten Schritt gehe es daher aus russischer Sicht darum, den US-amerikanischen Einfluss zurückzudrängen und in Staaten, die man im eigenen Einflussbereich sehen will, Abhängigkeiten zu schaffen und möglichst einem selbst geneigte Regimes zu etablieren.

Russland will mehr Einfluss

Wohin dieses tief im Großmachtdenken des 19. und 20. Jahrhunderts wurzelnde, auch von China verfolgte Konzept bereits geführt hat, zeigt sich nicht nur im Krieg Russlands gegen Ukraine, der deklarierter Weise auch vom Zaun gebrochen wurde, um eine engere Bindung der Ukraine an den Westen zu verhindern. Es zeigt sich auch sehr deutlich in manchen europäischen Ländern, in denen Teile von Politik und Öffentlichkeiten durch wirtschaftliche Abhängigkeiten in Kombination mit strategischen Desinformations- und Propagandamaßnahmen graduell freundlich gegenüber den eigenen Machtbestrebungen gestimmt wurden. Und wie man mittlerweile weiß, fielen sogar die USA selbst so einer gezielten Beeinflussung zumindest eines Präsidentschaftswahlkampfes zum Opfer.

Ganz besonders aber zeigt sich die Wirkung einer Verfolgung dieser "multipolaren Welt" in den Ländern des globalen Südens. Je mehr sich Europa, der Jahrhunderte dauernden Ausübung kolonialer Macht müde, zurückzieht - jüngstes Beispiel ist Frankreich mit Tschad, Mali und Niger – und die USA fallweise in isolationistische Positionen zurückfallen, desto stärker rücken Russland und China nach. Schwach etablierte demokratische und fragile politische Strukturen in vielen dieser Länder machen es verhältnismäßig einfach, diese Länder in den eigenen Einflussbereich einzugliedern, ein Zugriff auf unschätzbare Ressourcen und wichtige Bodenschätze stellt die Belohnung für die damit verbundenen Aufwendungen dar. Wobei diese sich – am Beispiel der Kosten für die Gruppe Wagner – im Verhältnis zum strategischen und auch ökonomischen Gewinn als gering ausnehmen.

Finanzierung der Wagner-Gruppe

Nach jahrelanger Ableugnung – schließlich war die Bildung privater Militärunternehmen in Russland bis zu einer kürzlich vorgenommenen Gesetzesänderung illegal - hat Wladimir Putin nach der Insubordination von Jewgeni Prigoschin bekanntlich zugegeben, dass die Wagner-Gruppe aus dem russischen Staatsbudget finanziert wird. Dass damit indirekt auch eingeräumt wurde, dass man davor die Öffentlichkeit belogen hatte, fällt gegenüber der Tatsache, dass damit Russland in allen Ländern Afrikas, in denen "Wagner" als Söldnertruppe tätig war bzw. ist, die Verantwortung für schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit trägt, kaum ins Gewicht.

Es sollte davon ausgegangen werden können, dass auch dieser Tatbestand noch auf das Interesse des Internationalen Strafgerichtshofes treffen wird. Allein, derartige supranationale Strukturen, die der Einhaltung von international anerkanntem Recht dienen, haben selbstverständlich in einer "multipolaren Welt" nach Vorstellung Moskaus, in welcher lediglich das Gesetz der Stärke gilt, keinen Platz.

Wagner-Gruppe in vielen Ländern Afrikas

Betrachtet man die Aktivitäten der Gruppe Wagner in Afrika näher, erschließt sich, warum diese nach dem Scheitern des "Marsches der Gerechtigkeit" auf Moskau nicht aufgelöst wurde: Sie ist vor allem in Afrika im Dienste der Interessen des Putin-Regimes unverzichtbar. Manche – gescheiterte – Staaten, wie etwa die Zentralafrikanische Republik, werden de facto von Wagner kontrolliert.

Subunternehmen von Wagner beuten Bodenschätze aus und dominieren Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie. Sie stützen die korrupten Strukturen schwacher Machthaber, indem sie jede Opposition mit brutalsten Methoden im Keim ersticken und Massaker unter der Zivilbevölkerung verüben. Sie stehen da und dort hinter einem Militärputsch – wie in Mali und jüngst in Niger –, schüren Bürgerkriege – wie jenen im Sudan - und unterstützen dabei jene Partei, die in weiterer Folge eine Beteiligung an der Ausbeutung von Bodenschätzen und politisches Verhalten im Interesse Moskaus garantiert. Und Moskau jedenfalls scheint es völlig gleichgültig zu sein, wenn überall dort, wo "Wagner" Macht und Gewalt in – nunmehr zugestandener Maßen - seinem Interesse ausübt, Zerstörung und Elend herrscht. In Putins "multipolarer Welt" scheint dies jedenfalls ganz "normal" zu sein.

Kein Erfolg für Putin bei Afrika-Gipfel

Zum Ende des Russland-Afrika-Gipfels musste Wladimir Putin allerdings nunmehr eine überraschende Dämpfung seiner Ambitionen hinnehmen, über die Blockade der ukrainischen Getreideexporte über das Schwarze Meer auch über eine Einflussnahme auf die Ernährungssituation vor allem der ärmeren afrikanischen Länder diese noch stärker in seinen Einflussbereich zu zwingen. Putin hatte erwartungsgemäß angeboten, Getreide kostenlos vor allem an die mit Russland am engsten verbundenen afrikanischen Länder zu liefern.

Stellvertretend für seine Amtskollegen lehnte der Präsident Südafrikas, Cyril Ramaphosa, dieses Angebot in einer Klarheit ab, die von Selbstbewusstsein geprägt war: "Wir möchten, dass das Schwarze Meer für den Weltmarkt geöffnet wird, und wir sind nicht hierhergekommen, um um Spenden für den afrikanischen Kontinent zu bitten", meinte er. Möglicherweise deutet sich damit auch an, dass man sich in Afrika doch verstärkt bewusst ist, dass man gerade dabei sein könnte, in eine neue Art von kolonialer Abhängigkeit zu geraten.

Westen zu sehr mit sich selbst beschäftigt

Die dem Gipfel unmittelbar folgenden, wütenden Angriffe Russlands auf Häfen und Getreidespeicher der Ukraine zeigten dann noch einmal deutlich, was Russland von den Wünschen seiner "afrikanischen Freunde" hält. Das sollte diese eigentlich in ihrer Skepsis gegenüber Freund Putin zusätzlich bestärken.

Wäre "der Westen" nicht so sehr mit sich selbst beschäftigt, wäre der Zeitpunkt gekommen, die afrikanischen Staaten systematisch und ohne koloniale Ambitionen auf ihrem steinigen Weg zu Stabilität, Prosperität und Demokratie zu unterstützen. Sie würden damit nicht nur dem russischen Einfluss entzogen werden, auch europäische Probleme, wie etwa die Massenmigration ließen sich damit wesentlich wirksamer adressieren als mit offenen oder versteckten, jedenfalls illegalen "Pushbacks" von Flüchtlingen.

ribbon Zusammenfassung
  • Kreml-Chef Putin fordert eine "multipolare Welt", in der Russland wieder mehr zu sagen hat, die USA und ihre Verbündeten dafür immer weniger.
  • Russland versucht seinen Einfluss vor allem in afrikanischen Staaten auszudehnen.
  • Beim Russland-Afrika-Gipfel Ende Juli hatte Putin allerdings kaum Erfolg.