APA/GEORG HOCHMUTH

Zwei Drittel der österreichischen Firmen immer noch in Russland aktiv

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Österreichs Betriebe sind Russland gegenüber deutlich loyaler als Unternehmen aus anderen Ländern.

Fast ein Jahr nach Beginn der russischen Ukraine-Invasion sind laut Recherchen der Kyiv School of Economics (KSE) zwei Drittel der zuvor bereits präsenten Unternehmen aus Österreich weiterhin in Russland aktiv. Von 64 genannten Firmen haben seit dem 24. Februar lediglich drei den russischen Markt verlassen, neun hätten einen Ausstieg ankündigt, 42 wollten bleiben. Heimische Betriebe sind Russland gegenüber somit deutlich loyaler als Unternehmen aus anderen Ländern.

Österreich sehr Russland-freundlich

Hintergrund der ukrainischen Recherchen ist eine Studie zu freiwilligen "Selbstsanktionen" westlicher Unternehmer, die von Experten als relevanter Faktor für die künftigen wirtschaftlichen Perspektiven Russlands gesehen werden. In einer auf offenen Quellen basierenden Datenbank der Universität in Kiew wurden 3.078 internationale Firmen mit russischen Aktivitäten erfasst, von denen fünf Prozent Russland in den vergangenen Monaten verlassen haben und 38 Prozent dies tun wollen. Im kriegsführenden Staat bleiben wollen nach Einschätzung der ukrainischen Experten derzeit 39 Prozent aller untersuchten internationalen Unternehmen. Bei Firmen aus Österreich trifft Letzteres auf 65,6 Prozent zu.

Aufregung um Wirtschaftskammer

Für Aufregung sorgte am Mittwoch auch, dass das an der österreichischen Botschaft angesiedelte AußenwirtschaftsCenter der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ) für Ende Jänner zum Langlaufen in Moskau lud. Nachdem NEOS-Abgeordneter Helmut Brandstätter auf Twitter von einer "Schande für Österreich" geschrieben hatte, wurde das Event abgesagt. Der ukrainische Botschafter in Österreich, Wassyl Chymynez, nannte den Fall als schockierend: "Der Verbleib der Kammer und verschiedener österreichischer Unternehmen auf dem russischen Markt trägt dazu bei, dass der russischer Terror gegen die zivile Bevölkerung in der Ukraine und der völkerrechtswidrige Krieg gegen die Ukraine mit Vehemenz fortgeführt wird". 

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In der Datenbank der Kyiv School of Economics bleiben die konkreten Gründe ungenannt, die zur Entscheidung des jeweiligen Unternehmens geführt haben, trotz massiver politischer Risken in Russland weiterhin tätig zu sein. Russische Firmen aus der Energie- und Finanzbranche, deren Eigner im Zusammenhang mit "unfreundlichen Staaten" stehen, dürfen seit Anfang August nur noch mit einer Entscheidung von Präsident Wladimir Putin ihre Eigentumsverhältnisse verändern.

Heimische Unternehmen profitieren

Betroffen davon ist insbesondere die russische Raiffeisenbank, die laut der KSE-Datenbank mit mehr als 9.000 Personen unter den österreichischen Unternehmen in Russland über die größte Anzahl von Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verfügt. Die Raiffeisen Bank International (RBI) erwirtschaftete in den ersten drei Quartalen 2022 die Hälfte des Konzerngewinnes in Russland und war gleichzeitig damit beschäftigt, "strategische Optionen" für die Zukunft der russischen Tochterbank zu prüfen.

Trotz des Status von Österreich als "unfreundlicher Staat" werden heimische Unternehmen bisweilen aber auch sehr gut behandelt: Das größte Brotkombinat im südrussischen Sotschi bestellte auch 2022 in größerem Ausmaß Waren von backaldrin International The Kornspitz Company, dessen Spitzenmanager Wolfgang Mayer als Honorarkonsul der Russischen Föderation in Oberösterreich fungiert.

ribbon Zusammenfassung
  • Fast ein Jahr nach Beginn der russischen Ukraine-Invasion sind laut Recherchen der Kyiv School of Economics (KSE) zwei Drittel der zuvor bereits präsenten Unternehmen aus Österreich weiterhin in Russland aktiv.
  • Von 64 genannten Firmen haben seit dem 24. Februar lediglich drei den russischen Markt verlassen, neun hätten einen Ausstieg ankündigt, 42 wollten bleiben.
  • Heimische Betriebe sind Russland gegenüber somit deutlich loyaler als Unternehmen aus anderen Ländern.

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