Trump und die Zölle
Was vom "dümmsten Handelskrieg der Geschichte" übrig blieb
Bereits während des US-Wahlkampfs präsentierte sich Donald Trump stolz als selbsternannter "Mann der Zölle". Nach seiner Wahl zum Präsidenten der Vereinigten Staaten setzte er diese Rhetorik um.
Mit einer Reihe von teils absurden Strafzöllen gegen China, Kanada, Mexiko, aber auch gegen die Europäische Union, versucht er, die US-Wirtschaft zu schützen und Handelsdefizite zu reduzieren.
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Recht früh zeigte sich jedoch: Auf seine Ankündigungen ist kein Verlass. Zölle, die heute verkündet werden, können morgen schon wieder zurückgenommen werden. Das begründete Trump anfangs damit, dass er nach den Zollandrohungen "Deals" (sein Lieblingswort) mit den betreffenden Ländern aushandeln werde.
Doch allein das Hin und Her sorgte für massive Verunsicherung und wirtschaftlichen Schaden. "Die On-Off-Zollpolitik der US-Regierung hat zu einer Vertrauenskrise geführt", beurteilt Gregory Daco, Chefökonom von EY, gegenüber CNN.
"Dümmster Handelskrieg der Geschichte"
Das sonst konservative "Wall Street Journal" fand für Trumps Handelspolitik ungewöhnlich deutliche Worte und bezeichnete sie als "dümmster Handelskrieg der Geschichte". Der wirtschaftliche Angriff auf Nachbarländer ergebe laut der Tageszeitung "keinen Sinn".
"Die Märkte sind entsetzt über die dummen Dinge, die er tun wird, und wenn er sie nicht tut, sind sie begeistert", sagte Justin Wolfers, Professor für Wirtschaft und öffentliche Ordnung an der Universität Michigan, gegenüber CNN.
Der Schaden ist angerichtet
Wolfers und andere Wirtschaftswissenschaftler:innen äußerten sich auch besorgt über den Schaden, der bereits angerichtet wurde. Denn Prognostiker:innen sprechen allgemein von einem erhöhten Risiko einer Rezession in diesem Jahr. Die Wahrscheinlichkeit könnte dabei bei 50 bis 70 Prozent liegen.
Wie CNN im April berichtete, seien die US-Aktien seit Trumps Amtsantritt im Jänner um 11 Prozent gesunken. Belastet durch nahezu ständige Änderungen und uneinheitliche Botschaften des Weißen Hauses über seine Zollagenda, die den globalen Handel grundlegend verändern und das Wirtschaftswachstum bremsen würde.
Trump unter Druck: Zölle, Chaos und Kultstatus?
Selbst wenn alle Zölle von Trumps zweiter Amtszeit jetzt rückgängig gemacht würden, würden die USA allein durch die politische Unsicherheit mindestens ein Prozent des BIPs verlieren, so Kent Smetters, Professor für Betriebswirtschaft und öffentliche Ordnung an der Wharton School der University of Pennsylvania.
"Wir gehen davon aus, dass das BIP letztendlich um 5 Prozent sinken wird, wenn alle Zölle eingeführt werden", sagt Smetters in einem Interview Ende April.
Trumps neuer Plan: Zölle statt Steuern
Die angekündigten Deals nach den Zolldrohungen blieben weitgehend aus. Vielmehr blieb es bei - oftmals drastisch gesenkten - Zöllen. Doch warum hält Trump so unbeirrt an seiner Zollpolitik fest?
Er will Zölle als die wichtigste Einnahmequelle des Staates. Seine Idee: Die Abgaben bei der Einfuhr von Waren sollen die Lohnsteuer ersetzen. Ausländische Unternehmen sollen so, zumindest theoretisch, die US-Regierung finanzieren, schreibt "The Economist".
"Wenn die Zölle eingeführt werden, werden die Einkommenssteuern vieler Menschen erheblich gesenkt, vielleicht sogar ganz abgeschafft. Der Fokus wird auf Menschen liegen, die weniger als 200.000 Dollar im Jahr verdienen", schrieb Trump am 27. April auf "X".
Doch Expert:innen warnen: Zölle treffen nicht nur ausländische Firmen, sondern in erster Linie US-Verbraucher und Unternehmen.
Mary Amiti von der Federal Reserve Bank of New York und ihre Kollegen haben laut "The Economist" im Jahr 2020 herausgefunden, dass fast alle Zölle, die Trump in seiner ersten Amtszeit eingeführt hat, letztlich vor allem im Inland die Preise steigen ließen.
Auch wenn aktuelle Einnahmen auf etwa 47 Milliarden Dollar bis Mai 2025 steigen, halten Ökonomen die Fantasien von Billionen-Einnahmen für unrealistisch. Diese ignorieren nämlich wirtschaftliche Folgen wie sinkende Nachfrage und Vergeltungsmaßnahmen.
Der Handelskrieg mit China
Ein anschauliches Beispiel dafür ist der jüngste Handelsstreit mit China. Die US-Zölle auf chinesische Importe sanken zuletzt auf 30 Prozent - zuvor lagen diese bei 145 Prozent. Die Aufschläge Pekings auf Einfuhren aus den Vereinigten Staaten gingen von 125 Prozent auf 10 Prozent zurück.
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Die Senkung der Zölle auf chinesische Waren würde laut "The Economist" nicht viel an den Ergebnissen ändern. Mit 145 Prozent lag der Zoll auf der falschen Seite des Scheitelpunkts der sogenannten "Laffer-Kurve". Das ist jener Punkt, an dem höhere Zölle die Einnahmen verringern, anstatt sie zu erhöhen, weil durch sie schlicht weniger Importgüter gekauft wird.
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Die Zölle hätten beispielsweise zu einem "drastischen Rückgang" der Einfuhren aus China geführt, schreibt die Wochenzeitung. Der Rückgang würde bedeuten, dass die Steuereinnahmen trotz der hohen Abgaben auf Waren, die noch ins Land kommen, insgesamt gesunken sind.
Noch schädlicher als die Zölle selbst sei die Unsicherheit, die das Weiße Haus geschaffen hat, betonte Wendy Edelberg, Senior Fellow in Economic Studies an der Brookings Institution, in einem Interview mit CNN.
Diese Unsicherheit betrifft nicht nur den internationalen Handel, sondern auch die US-Wirtschaft und letztlich Trumps Amtsführung selbst. Vielleicht ist also weniger relevant, wie viel Trumps Zölle einbringen - sondern wie hoch am Ende der Preis dafür war.
Video: Zoll-Chaos: Trump sorgt für Verwirrung
Zusammenfassung
- Für seine aggressive Zollpolitik erntet US-Präsident Donald Trump nicht nur scharfe Kritik aus China und Kanada - selbst im eigenen Land wachsen der Widerstand und die negativen Auswirkungen.
- Das Wall Street Journal beschreibt seine Handelspolitik als "dümmste Handelskrieg der Geschichte".
- Ob Trump wohl bewusst, in welches wirtschaftliches Wespennest er da gestochen hat?