Wirtschaftsbund: Wallner verweist auf laufendes Verfahren

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250.000 Euro zinsloses Darlehen, 24.000 Euro für eine Lebensversicherung, händisch überschriebene Kontoauszüge. Es sind nur einige Punkte in der aktuellen Causa rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund. Die Vorarlberger ÖVP weißt zurück, dass es zu Spenden durch den Wirtschaftsbund an die Landespartei gekommen ist.

Am Mittwoch wurde bekannt, dass dem Vorarlberger Wirtschaftsbund aufgrund einer Steuerprüfung nach einer Selbstanzeige eine Nachzahlung von 1,3 Millionen Euro drohen könnte. Nun berichten die Tageszeitungen "Der Standard" und "Vorarlberger Nachrichten", dass sich führende Personen der Geschäftsführung im großen Stil an den Finanzen der Organisation bedient haben sollen. Außerdem steht der Vorwurf im Raum, dass durch den Wirtschaftsbund Spenden an die Vorarlberger ÖVP geflossen sein sollen.

Interne Dokumente, welche an die Finanzprüfer übermittelt wurden, sollen zeigen, dass der Wirtschaftsbund in Vorarlberg finanziell sehr gut aufgestellt ist und war. So soll alleine im Jahr 2016 rund 4,5 Millionen Euro über Inserate in der eigenen Zeitung eingenommen worden sein und es soll Rücklagen in Höhe von fünf Millionen Euro geben

Inzwischen hat sich auch der Landeshauptmann von Vorarlberg, Markus Wallner (ÖVP), in einer schriftlichen Stellungnahme zu Wort gemeldet. In jener meint Wallner, dass die Vorarlberger Volkspartei "keine Spenden oder Sachleistungen des Wirtschaftsbundes Vorarlberg" erhalten habe. 

Zinslose Darlehen für Sportverein von Direktor

"Der Standard" berichtet unter anderem, dass sich der derzeitige Wirtschaftsbund-Geschäftsführer und ehemalige Landesstatthalter (die Bezeichnung für den Stellvertreter des Vorarlberger Landeshauptmanns) Karlheinz Rüdisser nicht nur selbst zehnmal jeweils 500 Euro ausbezahlt haben soll sondern auch davon, dass  Organisationen wie dem Roten Kreuz oder einem Fußballverein, bei dem ein ehemaliger Direktor des Wirtschaftsbunds als Nachwuchstrainer tätig sein soll, Zahlungen erhalten haben sollen. Allerdings soll es hierfür keinerlei Belege geben, dass das Geld auch wirklich dort angekommen ist.

250.000 Euro zinslos für "Arbeitsaufwand"

Weiters gibt es dokumentierte Darlehen, welche sich die ehemaligen Geschäftsführer Jürgen Kessler sowie Walter Natter ausgezahlt haben sollen. So sollen 250.000 Euro an Kessler – als "Anerkennung für seinen Arbeitsaufwand" gewandert sein. Kessler verwendete sein Darlehen offenbar für mehrere Immobilienkäufe - auch für Büroräume seiner ehemaligen Firma, die das Anzeigengeschäft für viele Magazine des Landes Vorarlberg abgewickelt hat. Unter anderem auch für eine 111-Quadratmeter-Wohnung in Götzis für 297.000 Euro. Ein vergleichsweise günstiger Kurs. An der Firma, die ihm die Wohnung verkaufte, hält Kessler 50 Prozent.

Die Vereinbarung zwischen dem Wirtschaftsbund und Kessler enthält keine zu zahlenden Zinsen und als Verwendungszweck des als "Unterstützungsleistung" bezeichneten Darlehens wird nur "private Immobilieninvestition" genannt. Die Rückzahlungen sollten in monatlichen oder jährlichen Teilbeträgen festgesetzt werden und musste in längstens 15 Jahren abgeschlossen sein. Sollte er vorher aus dem Wirtschaftsbund ausscheiden, muss er den Betrag innerhalb von drei Monaten zurückzahlen. 

Aufgrund dieses Darlehens erkundigten sich die Steuerprüfer nach den Zinsen, sondern auch nach einem konkreten Fälligkeitsdatum sowie Konsequenzen, falls die Rückzahlungen nicht erfolgen sollten. Von Seiten des Wirtschaftsbundes heißt es hierauf nur dass es "keine offenen Fragen" gebe, da das Darlehen als Dienstgeberdarlehen ausbezahlt worden sei. Es sei nach Konsultation mit dem Steuerberater allerdings als Barvorlage verbucht worden - also als Vorschuss für eine zu erwartende Einzahlung des Empfängers und damit unverzinst.

Autos, Lebensversicherungen und Wahlen

Die Steuerprüfer wunderten sich auch über eine Übergabe eines BMWs an den ehemaligen Direktor Natter, welche am Ende seiner Amtszeit im Dezember 2017 geschah. Der Neuwert soll 60.000 Euro betragen haben, ein Jahr darauf sei Natter eine Forderung von nur 33.000 Euro gestellt worden und bezahlt wurde offenbar nichts. Der Buchwert soll laut den Prüfern außerdem weit höher liegen, nämlich bei zirka 49.000 Euro.

Auch die Lebensversicherung von Natter, welche 2016 an die Donau Versichungs AG überwiesen wurde, wirft einige Fragen auf. Die Lebensversicherung soll 24.000 Euro betragen haben. Sie wurde mit dem Aufwandskonto "7780 Wahlen" verbucht. Der Ausdruck des Kontoauszugs wurde auch handschriftlich geändert – Daten der Versicherung wurden durchgestrichen und mit dem Begriff "Gemeindevertretungswahl 15" ausgetauscht. Auf die Frage, warum hier eine Zahlung an eine Versicherung auf so ein Konto verbucht wurde, erklärt der Wirtschaftsbund, dass der aktuellen Geschäftsführung hierfür keinerlei Informationen vorliegen. 

Wie viel bekam die ÖVP?

Die Journalistin Lara Hagen, welche an den Recherchen beteiligt war, hat am Donnerstag auf Twitter ein weiteres Beispiel aus den Dokumenten der Wirtschaftsprüfung veröffentlicht. Die ÖVP behauptet, dass es seit 2014 nur 900.000 Euro an Spenden des Wirtschaftsbundes für die Partei gegeben hat. 

Laut Hagen wurden 4.000 Euro als Auslagen für "EU-Wahlen Christian Zoll" verbucht. Christian Zoll trat 2019 als Spitzenkandidat der Jungen Volkspartei für die Europawahl an. "Was soll das anderes als eine Unterstützungsleistung (so nennt Wallner ja auch die 900k) für die ÖVP sein, wenn ein Kandidat einer anderen (!) Vorfeldorganisation finanziell unterstützt wird?", meint Hagen.

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Landeshauptmann bleibt vage

Im Statement von Landeshauptmann Wallner heißt es hierzu, dass im Jahr 2014 eine "finanzielle Unterstützung an die Landespartei durch den Wirtschaftsbund Vorarlberg in Höhe von 400.00 Euro" erfolgte sowie im Jahr 2019 "eine weitere in Höhe von 500.000 Euro". 

"Auf Anregung des Wirtschaftsprüfers wurden diese Zahlungen im Konto 3 'Beiträge von den der Partei angehörenden Mandatare und Funktionäre' verbucht. Die weiteren Fragen sind Gegenstand eines offenen Steuerverfahrens, bei dem zu klären sein wird, ob eigenständige Veranstaltungen – wie beispielsweise Unternehmertreffs – der selbständigen Teilorganisation als Zuwendungen an die ÖVP Vorarlberg zu werten sind. Hier gibt es derzeit noch unterschiedliche Beurteilungen mit der Steuerbehörde, die es im weiteren Verlauf der Prüfung zu klären gilt. Wenn die interne Prüfung innerhalb des Wirtschaftsbundes Vorarlberg zu dem Urteil kommt, dass es Verfehlungen in der operativen Geschäftsführung des WB gegeben hat, sind diese aufzuklären und auch zu ahnden.", heißt es weiter in dem Statement. Der Landeshauptmann verweist außerdem darauf, dass es sich um ein laufendes Verfahren der Steuerbehörde handelt. Welche weiteren Konsequenzen abseits der steuerlichen Fragen zu tätigen gäbe, beantwortet Wallner nicht. 

Finanzbeamte bereits über Sachverhalt informiert

Der Prüfung der Finanzen des Wirtschaftsbund waren Prüfungen bei Kessler und Natter vorausgegangen. Die Finanzbeamten waren bereits über Sachverhalte informiert, welche der Wirtschaftsbund in seiner Selbstanzeige einräumte. Die Prüfer beschreiben es als "fraglich", dass sich die Selbstanzeige strafmildernd auswirken könnte. Der Ausgangspunkt für die Prüfungen bei den ehemaligen Geschäftsführern geht aus den Dokumenten nicht hervor. 

Kessler trat am 1. April als Wirtschaftsbund-Direktor zurück. Natter ist allerdings weiterhin für die Teilorganisation tätig. 

ribbon Zusammenfassung
  • 250.000 Euro zinsloses Darlehen, 24.000 Euro für eine Lebensversicherung, händisch überschriebene Kontoauszüge. Es sind nur einige Punkte in der aktuellen Causa rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund. Die Vorarlberger ÖVP weißt zurück, dass es zu Spenden durch den Wirtschaftsbund an die Landespartei gekommen ist.

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